Ladenöffnungszeiten in St. Gallen: Das Volk entscheidet
Linkes Referendum gegen Shoppingwahn

Die Turbo-Lädeler im St. Galler Kantonsparlament wollen die Läden von 5 bis 22 Uhr öffnen. Doch die Ratslinke setzte ein Referendum durch, jetzt darf das Volk entscheiden. Denn klar ist: Länger öffnen, das macht nur Bauchweh.

BÜEZERINNEN IM VERKAUF BEKOMMEN NICHTS GESCHENKT: Bürgerliche wollen Nonstop-Ladenöffnungszeiten. (Foto: Keystone)

Der Vorschlag der bürgerlichen Mehrheit im St. Galler Kantonsparlament ist absurd: Die Läden im ganzen Kanton sollen unter der Woche von 5 Uhr morgens bis 22 Uhr abends offen sein. Samstags bis 18 Uhr. Von SVP bis Mitte begrüssten die Parlamentsmitglieder dieses Vorhaben. Doch sie haben die Rechnung ohne die Linke gemacht, die ein Ratsreferendum gegen den Turbo-Lädeler-Vorschlag eingereicht hat.

Anfang Dezember hat der Kantonsrat dann darüber abgestimmt. Florian Kobler, Leiter GAV-Vollzug der Unia in St. Gallen, war als Kantonsrat vor Ort:

Es war fast schon genüsslich mitanzusehen, wie sich die Bürgerlichen gegenseitig die Köpfe einschlugen. Es gibt auch bürgerliche Vertreter des Detailhandels, die sich gegen die Ausweitung wehren.

Einzelne Parlamentarier machten sich weiterhin stark für die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten. Ihr trümmliges Argument: Es wäre ja nur eine Option für die Läden. Ob sie dann wirklich so lange geöffnet haben, sei ihnen selbst überlassen. Keinen Gedanken hingegen verschwendeten die Bürgerlichen daran, was diese Änderung für die Verkäuferinnen und Verkäufer bedeuten würde. work hingegen hat nachgefragt.

Noah Stettler* (25) arbeitet als stellvertretender Filialleiter in einem Sportgeschäft in der Stadt St. Gallen. Für ihn ist es jetzt schon schwierig, Berufs- und Privatleben unter einen Hut zu bringen. «Ich und mein Team arbeiten unter grossem Druck. Teilweise sollen wir nur zu zweit im ganzen Laden bedienen – den ganzen Tag», sagt er.

Schluss mit Privatleben

Der Gedanke an noch längere Ladenöffnungszeiten bereitet ihm Bauchschmerzen:

Meine Freundin arbeitet auch im Verkauf, und so hätten wir noch weniger Zeit zusammen. Dieser Job kostet mich jetzt schon viel von meinem Privatleben.

An den freien Tagen sei er zu erschöpft, um irgendetwas zu unternehmen. Das sei gerade jetzt rund um die Weihnachtszeit noch extremer. Für Stettler ist wichtig zu betonen: «Jetzt schon erleben wir im Verkauf immer weniger Wertschätzung. Werden die Öffnungszeiten länger, schwindet auch immer mehr der Respekt vor uns.»

Doch zum Glück hat das Parlament das Ratsreferendum knapp angenommen. Jetzt entscheidet das St. Galler Stimmvolk voraussichtlich im Frühjahr 2025 über die geplante Erweiterung. Klar ist aber schon jetzt: In den vergangenen 18 Jahren sagten in 73 Prozent der Abstimmungen über längere Ladenöffnungszeiten die Stimmberechtigten klar Nein.

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