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Revolutionäre Windräder: In der Lausitz gibt’s schon bald Bendix-Eiffeltürme

Als erste Zeitung berichtete work über das Windkraftprojekt von Horst Bendix. Der deutsche Ingenieur ist inzwischen zwar verstorben, aber seine Nachfolger und Nachfolgerinnen machen vorwärts.

VISIONÄR: Der inzwischen verstorbene Ingenieur Horst Bendix hatte die Idee der 400-Meter-Windräder. (Fotos: sprind.org)

Wie funktioniert technischer Fortschritt? Welche Rolle spielt dabei der Staat? Machen wir uns auf die Spurensuche nach dem Motto: Konkretes ist Wahres.

Vor nicht einmal vier Jahren berichtete work über das sensationelle Projekt von Horst Bendix. Der deutsche Ingenieur, der inzwischen verstorben ist, versuchte dreissig Jahre lang, bis zu 400 Meter hohe Windräder zu entwickeln, um in diesen Höhen stärker und gleichmässiger wehende Höhenwinde zu ernten. Die Bausteine seiner revolutionären Idee:

Baustein 1: Die Naben der Windräder müssen sich neu in Höhen von 300 bis 400 Metern drehen. Weil hier konstant viel mehr Wind weht als bei bodennäheren Anlagen.

Baustein 2: Die Türme müssen nach dem Prinzip des französischen Ingenieurs Gustave Eiffel und seines Eiffelturmes erstellt werden: Stahlstreben werden verschraubt.

Baustein 3: Das Windrad wird auf eine Plattform gestellt, die sich mit und im Wind dreht.

Baustein 4: Die Generatoren befinden sich auf dieser bodennahen Plattform und werden von grossen Riemen angetrieben.

WORK HAT DIE INNOVATION FRÜH ERKANNT: Vor knapp vier Jahren berichteten wir über die Windrad-Innovation von Horst Bendix, nächsten Sommer wird sie in die Tat umgesetzt. (Foto: work)

Die deutsche Bundesagentur für Sprung­innovationen nahm die Idee auf. Dann beauftragte eine Tochtergesellschaft das Ingenieurbüro Cicom mit der Überarbeitung der Idee und der Realisierung einer ersten Anlage. Diese wird bereits im nächsten Sommer in der Nähe der Stadt Görlitz in der Lausitz zu besichtigen sein.

Das Windrad Bendix 2.0 wird nicht auf drei Beinen stehen, sondern auf vier. Verwendet werden erprobte Generatoren und Wind­räder bestehender Bauart, also wird es auch keine drehende Plattform geben.

Trotzdem versprechen uns die Nachfolger und Nachfolgerinnen von Bendix viel Gutes:
Die 3,6-Megawatt-Anlage in der Lausitz, wo leider zurzeit zu viele Fremdenfeinde hausen, soll beweisen, dass man mit einem solchen Windrad fast doppelt so viel Strom produzieren kann als mit den bisherigen Bodenschleichern.

Im nächsten Schritt sind 6-Megawatt-Anlagen geplant. Dank Nabenhöhen von 300 Metern wären für sie praktisch alle Standorte in Deutschland gute Windstandorte. Ein Brummer dieser Generation Bendix 3.0 wird pro Jahr 30 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Und dies zu Spottpreisen von absehbar vier Rappen pro Kilowattstunde.

Nehmen wir an, die deutschen Ingenieurinnen und Ingenieure sind so gut wie ihr Ruf, dann wird sich noch einmal unglaublich viel verändern:

Weil die Windräder mehr Strom im Winter als im Sommer produzieren. Und weil sie auch Strom in der dunkelsten Nacht liefern. Dies im Gegensatz zu Solarzellen.

Strom trotz Dunkelflaute

Ein Schweizer Haushalt braucht pro Jahr im Durschnitt 4500 Kilowattstunden Strom. In Zukunft wegen Wärmepumpen und Elektroautos vielleicht 6000 Kilowattstunden. Ein Windrad der Generation Bendix 3.0 würde so viel Strom produzieren, wie dann 5000 Haushalte und somit 12 000 Menschen verbrauchen.

Nur: Wie viele Gemeinden in der Schweiz werden von einem eigenen Eiffelturm träumen, sich für ein eigenes Höhenwindrad begeistern lassen? Vermutlich nur wenige, weil wir ein etwas seltsames Verständnis von Natur haben.

Windräder werden nicht als Bereicherung wahrgenommen. Noch nicht.

Spielt aber keine grosse Rolle, wenn wir auch künftig am europäischen Strommarkt partizipieren können. Wie auch immer.

In der letzten Oktoberwoche herrschte in Europa Dunkelflaute. Die Sonne versteckte sich hinter Wolken und Nebelbänken. Und der Wind blies auch nicht. Kann vorkommen! Also musste Deutschland 12 Millionen Kilowattstunden Strom importieren. Das hat dank dem europäischen Netzverbund reibungslos funk­tioniert.

Die Grande Dixence kann allein pro Stunde 2 Millionen Kilowattstunden produzieren. Am 28. Oktober 2025 stieg der Strompreis auf 80 Rappen pro Kilowattstunde. Die parastaatlichen Besitzenden der Stauseen machten Riesengewinne, da sie den Strom für 6 Rappen produzieren.

Es ist also nicht nur vom Schutz der Lohnabhängigen her mehr als sinnvoll, dass der Bundesrat im Rahmen der laufenden Verhandlungen mit der EU über die Bilateralen 3 endlich den Forderungen der Gewerkschaften entgegenkommt. Sondern definitiv auch von der Stromversorgung her!

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