Genugtuung nach sechs Jahren
Ceneri-Gleisbauer kassieren Riesensumme!

Im Tessiner Ceneri-Tunnel platzte 2019 einer der grössten Lohnskandale der Schweiz. Jetzt kommen die Büezer endlich zu ihrem Recht. Doch auch der italienische Baukonzern GCF kann aufatmen – vorerst. 

ERAHALTEN ENDLICH GELD: Gleis-Büezer im Ceneri-Tunnel. (Foto: Keystone)

Am 5. Dezember unterzeichnete der Tessiner Staatsanwalt Andrea Gianini ein Dokument, das ihm sehr viel Arbeit vom Hals schaffte. Nämlich eine aussergerichtliche Einigung zwischen der Unia und der Generale Costruzioni Ferroviarie (GCF). Der Gleisbau-Riese mit Hauptsitz in Rom verpflichtet sich darin zu einer Zahlung an zehn italienische Arbeiter, die vor gut sechs Jahren im neuen Ceneri-Basistunnel tätig waren, dem letzten Stück des Neat-Alpendurchstichs. Laut der Zeitung «La Regione» handelt es sich um eine Summe von rund 300’ 000 Franken. Das Tessiner Fernsehen RSI berichtet gar von fast 400 ’000 Franken. Über den genauen Betrag und andere inhaltliche Details haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. Igor Cima, Unia-Leiter im Sopraceneri, sagt aber:

Wir haben eine Lösung gefunden, die auf den von uns berechneten Zahlen und den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden beruht.

Justiz im Schneckentempo

work-Lesende erinnern sich: 2019 hatten die Ceneri-Büezer bei der Unia Alarm geschlagen und über haarsträubende Zustände berichtet (zum Artikel). Bis zu 16 Stunden am Tag hätten sie im Tunnel durchchrampfen müssen. Die vorgeschriebenen Pausen seien nicht eingehalten worden, und als Verpflegung habe es oft nur Sandwiches gegeben. Auch hätten sie bloss die Hälfte des Mindestlohns erhalten. Und manche Arbeiter berichteten sogar von dubiosen Mittelsmännern, die ihnen einen Teil des Lohnes in bar wieder abzwackten.

Wegen der mutmasslichen Schwere des Falls erstattete die Unia Strafanzeige. Doch die Tessiner Justiz behandelte das Verfahren im Schneckentempo. Die Gleisbauer drohten leer auszugehen. Nach fünf Jahren Stillstand reisten sie im letzten März sogar extra nach Lugano und demonstrierten vor dem dortigen Strafgericht (work berichtete).

Die Hoffnung auf ein Urteil wird sich aber nicht mehr erfüllen. Denn mit der jetzt gefundenen zivilrechtlichen Einigung wurde auch das Strafverfahren eingestellt. Unia-Mann Cima bedauert das, sagt aber:

Die Arbeiter haben diese Lösung lange diskutiert und für gut befunden. Immerhin wurden ihre ökonomischen Forderungen vollumfänglich anerkannt.

Mafia-Vorwürfe in Italien

Trotzdem müssen sich zwei GCF-Chefs schon am 30. Januar vor Gericht behaupten. Allerdings nicht im Tessin, sondern im lombardischen Varese, wo der Fall «Doppelgleis» verhandelt wird. Darin beschuldigt die Mailänder Anti-Mafia-Behörde die GCF, sie beherrsche die italienische Gleisbaubranche monopolartig und habe diese mit Hilfe der kalabrischen ‚Ndrangheta unterwandert.

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