Basel-Stadt: Gewalt gegen Demonstrierende
Schlendrian bei der Basler Polizei

Die Basler Polizei kesselte einen friedlichen Demozug am 1. Mai 2023 ein. Jetzt fragt der Anwalt der Geschädigten: War dieser Einsatz gar von langer Hand geplant? Die Polizei klärt nicht auf, sie spielt auf Zeit.

EINKESSELUNG AM 1. MAI 2023: Vermutungen legen nahe, dass diese Aktion von der Polizei als Präventivmassnahme geplant wurde. (Foto: Keystone)

Bei der Basler Polizei, der Staatsanwaltschaft und am Gericht läuft etwas gewaltig schief. Das zeigen die Recherchen der «Basler Zeitung». Vor über sechs Jahren, am 24. November 2018, griff die Polizei die Nazifrei-Demo brutal mit Gummischrot an (das Video zum Angriff hier). Die Aufarbeitung läuft schleppend, weiterhin sind 26 Verfahren hängig. Das wirft berechtigterweise die Frage auf: Blüht den Verfahren von der Demo am 1. Mai 2023 dasselbe?

Zur Erinnerung: Wenige Meter nach dem Start hat die Basler Polizei den friedlichen und bewilligten Demozug am 1. Mai 2023 gewaltsam aufgehalten und die Spitze des Demozugs und somit rund 300 Personen eingekesselt. Ausserdem besprayte die Polizei Demobeteiligte inner- und ausserhalb des Kessels willkürlich mit Reizgasen (work berichtete).

Guido Ehrler, Vertrauensanwalt der ­Gewerkschaft Unia, kümmert sich um die Geschädigten vom 1. Mai 2023. Rund 60 Demonstrierende wehren sich mit seiner Hilfe gegen das damalige Vorgehen der Polizei. Ehrler sagt zu work:

Wir müssen die Fragen klären: War dieser Kessel wirklich nötig? Und war die Aktion schon lange im Voraus geplant?

Bereits am 11. Mai 2023 reichte Ehrler mit den Geschädigten eine Beschwer­de ein. Seither spielt die Basler Polizei (wieder) auf Zeit.

Larifari

Ehrler klärt über den aktuellen Stand der Verfahren auf: Nachdem er noch im Mai 2023 die Klagen eingereicht hatte, liess sich die Polizei eineinhalb Jahre Zeit, um die Feststellungsverfügung zu erlassen. Erst damit können die Geschädigten von der Polizei ihre persönlichen Akten sowie Beweismaterial einfordern. Anwalt Ehrler:

Statt in der Frist das Material zu liefern, zieht die Polizei diesen Schritt bis Januar 2025 in die Länge. Ihre Ausrede: Sie hätten angeblich das ganze Beweismaterial noch nicht beisammen – nach über 20 Monaten.

Doch so einfach lassen sich die Betroffenen nicht hinhalten.

Der Anwalt erklärt weiter: «So wie dieser Kessel entstanden ist, brauchte es vermutlich eine wochenlange Vorplanung der Polizei. Und das ist ein rotes Tuch: Präventive Massnahmen gegen eine friedliche Demo sind massive Eingriffe in die Rechte von Demonstrierenden.» Das unterstreicht das kürzlich gefällte Urteil vom Bundesgericht zur WEF-Winterwanderung.

Mittlerweile ist klar, mit welcher Härte die Polizei im Kessel durchgriff: Gegen Personen, die das Geschehen vor Ort filmen wollten, setzte sie Pfefferspray ein. Erst nach acht Stunden und ausführlichen Personenkontrollen durften die Eingekesselten gehen. In dieser Zeit hatten die Demonstrierenden keine Möglichkeit, zur Toilette zu gehen oder sich zu verpflegen.

Alt, furchtlos, resistent

Auch der Graue Block, eine Vereinigung von Basler Linken im fortgeschrittenen Alter, unterstützt die geschädigten Demonstrierenden. Ihr Motto: «Alt, furchtlos, resistent». Bereits bei der Nazifrei-Demo im November 2018 griff die erfahrene Aktivistinnengruppe zu ungewöhnlichen Massnahmen. Ein Grauer-Block-Aktivist sagt zu work:

Das Muster der Polizei durchschauten wir damals schnell: Sie hatten es auf junge, unerfahrene Demonstrierende abgesehen. Deshalb gingen wir kurzerhand mit 60 Leuten auf den Polizeiposten, um zu deklarieren, dass wir ebenfalls dabei waren.

Eine Anzeige für ihre Präsenz an der Nazifrei-Demo erhielten sie aber nie.

Auch bei den Verfahren rund um den 1. Mai 2023 bietet der Graue Block Unterstützung. Denn: «In Basel wird die Stimmung systematisch gegen friedliche Demonstrierende aufgeheizt. Die Polizei versucht ein Bild von ‹lästigen› Aktivisten zu vermitteln. Und die Angriffe gehen längst nicht nur gegen linke, autonome Gruppen, sondern unter anderem auch gegen die Gewerkschaften.»

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.