CS-PUK veröffentlichte ihren Bericht mitten im Weihnachtsloch
Und schon befehlen die Banken wieder

Eine parlamentarische ­Untersuchungskommission hat während 18 Monaten das Debakel um die Credit Suisse untersucht. Offenbar just vor der politischen Weihnachtspause waren die Arbeiten fertig. In den grossen Zügen ist der 600 Seiten umfassende Bericht für Linke wenig überraschend.

GRAUE WOLKEN AM FINANZHIMMEL: Der Bericht zum Niedergang der Credit Suisse gibt wenig Hoffnung darauf, dass die Banken in Zukunft von der Politik gezügelt werden. (Foto: Keystone)

250 Milliarden Franken Volksvermögen legten Bund und Nationalbank im März 2022 auf den Tisch des internationalen Finanzcasinos. Damit ermöglichten sie der UBS die Übernahme der praktisch zusammengebrochenen Credit Suisse zum Schnäppchenpreis. Und verhinderten eine «internationale Finanzkrise», wie FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter nicht müde wird, stolz zu betonen: «Ich hatte den Eindruck, die Welt hielt den Atem an, bis wir eine Lösung hatten.» Und: «Überall lagen Pizzaschachteln, weil die Leute sich irgendwann auch einmal verpflegen mussten.» Und weil über die Nacht im Finanzdepartement die Heizung zurückgefahren wurde, arbeiteten die Banker «in Daunenjacken und Militärdecken an den Pro­blemen». Schliesslich habe sie höchstpersönlich – ohne Bundesratsbeschluss – mutig dem Hauswart den Heizbefehl erteilt.

Beruhigungspille

Vom Hauch der Geschichte weniger beeindruckt als die Finanzministerin zeigte sich das Volk. Diesem stiess eher in die Nase, dass innerhalb von gerade einmal elf Jahren die zweite Schweizer Grossbank mit staatlicher Hilfe gerettet werden musste. Und darum musste eine ­parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) her. Die sollte zuerst einmal den Volkszorn beruhigen und das Thema möglichst effizient über die nationalen Wahlen 2023 hinaus verschieben. Nicht, dass Wähler und Wählerinnen etwa noch auf die Idee kämen, die politischen Verantwortlichen für die Nichtzähmung der Grossbanken an der Urne abzustrafen.

Während 18 Monaten haben 14 Politikerinnen und Politiker herauszufinden versucht, wer am CS-Debakel schuld sei und wie man eine Wiederholung verhindern könne. So der Auftrag. Aus dem Nationalrat und dem Ständerat waren je sieben Politikerinnen und Politiker vertreten. Zehn von ihnen gehören Parteien an, die von der UBS gesponsert werden. Allein im letzten Jahr erhielten SVP, FDP, GLP und Mitte offiziell 635 000 Franken. Die Kommission hat fleissig gearbeitet und einen mit Anhängen über 600seitigen Bericht abgeliefert.

Ein paar Erkenntnisse, die nur besonders Gutmütige erstaunen:

Skandal reihte sich an Skandal, Gerichtprozesse an Verurteilungen: Die Credit Suisse war zumindest in den zehn Jahren vor dem Zusammenbruch eine teilkriminelle Zockerbude. Trotzdem kam sie mit allem durch, was sie bei der bürgerlichen Parlamentsmehrheit an Lockerungen bestellte. Und in den Spalten wohlmeinender Zeitungen drohte sie bei jeder auch nur angedachten Verschärfung mit dem Auszug aus der Schweiz. Die Manager kassierten in der gleichen Zeit 32 Milliarden Franken Boni.

Die Finma hat nicht so funktioniert, wie das eine Bankenaufsicht sollte. Nicht nur, aber auch, weil sie aktiv daran gehindert wurde. Es fehlten nicht nur rechtliche Möglichkeiten und Personal. Die Politik warf der Bankenaufseherin auch aktiv Knüppel zwischen die Beine und fiel ihr gar in den Arm. Die ganze Politik? Nein, natürlich nicht. Es war die SVP/FDP/Mitte-Mehrheit im Bundesrat, die im Parlament noch um die GLP ergänzt wurde. Sie hat die Bankenaufsicht in den vergangenen Jahren gezielt geschwächt und dauerattackiert. Im Auftrag der Banken. Und die gaben der Finma auch deutlich zu verstehen, was sie von ihr hielten: nichts.

Statt wirkungsvolle Zähmungsmassnahmen mitzutragen, würgte die bürgerliche Parlamentsmehrheit im Nachgang zur UBS-Rettung das sogenannte «Too big to fail»-Regulatorium durch. Zentral ausgearbeitet von den Grossbanken. Im Laufe der Jahre wurde es – je nach Bankenbefehl – zusätzlich durchlöchert. Beim ersten potentiellen Einsatz erwies es sich dann als genauso untauglich, wie es bankenunabhängige Experten und fortschrittliche Politikerinnen immer befürchtet hatten. Die USA mussten sich einmal räuspern, und die Idee, die CS in der Schweiz zu retten und in den USA konkurszugehen, war vom Tisch. Und fast 70 Milliarden Franken Staatsgarantie auf dem Weg über den grossen Teich. Dafür gab’s dann auch Lob für Keller-Sutter.

Die PUK hat ihrem durchaus lesenswerten Bericht auch eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen beigegeben, wie die Wiederholung eines «CS-Falls» verhindert werden könnte. Die Mehrheit dieser Vorschläge sind allerdings auch Wiederholungen: Eigenkapital, Boni-Beschränkungen, gestärkte Aufsicht. All das lag schon mehrfach auf dem Tisch des Bundesparlaments. Eingebracht von den fortschrittlichen Parteien, durchs Band abgelehnt jeweils von Mehrheiten aus SVP, FDP, GLP und Mitte. Oft auch erst im letzten Moment, wenn der öffentliche Druck kleiner und der Druck der Banken grösser war.

Die Prognose ist weniger riskant als die Monster-UBS für die Schweiz: Die verbliebene Grossbank wird sich so wenig vor wirksamen Zügeln fürchten müssen wie ihre zusammengebrochene Ex-Konkurrentin. Bereits seit einigen Wochen bringen sich Finanzplatzvertreter in wohlmeinenden Publikationen in Stellung: ja nicht übertreiben bei der Regulierung. Und ansonsten: ein bisschen spenden hier und ein bisschen drohen dort, das hat noch immer geholfen.

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