Das offene Ohr
Grenzgänger: Muss ich mich in der Schweiz versichern?

Marina Wyss von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.

Letzte Woche erhielt ich einen Brief, der mich aufforderte, mich gegen Krankheit in der Schweiz zu ver­sichern. Der Brief kam von der Gemeinsamen Einrichtung KVG, und mir wurde eine Frist von drei Monaten genannt, um zu reagieren. Ich wohne in Italien und arbeite schon fast mein ganzes ­Erwerbsleben lang in der Schweiz als Grenzgänger, und ich war noch nie krankenversichert in der Schweiz. Muss ich auf das Schreiben reagieren?

FÜR DEN ARZTBESUCH: Wer in der Schweiz arbeitet, muss sich auch hier versichern. (Foto: Adobe Stock)

Marina Wyss: Ja, Sie sollten reagieren. Andernfalls riskieren Sie einen ­Prämienzuschlag oder laufen Gefahr, dass Sie die Kosten für einen Arzt­besuch in der Schweiz selber bezahlen müssen. Dies ist so, weil das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz (FZA) auch für Personen, die in der EU wohnen und in der Schweiz arbeiten, eine Versicherungspflicht vorsieht. Dazu gehören insbesondere Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Sie können sich unter gewissen Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreien ­lassen. Unter anderem sieht das Freizügigkeitsabkommen vor, dass sich Personen aus angrenzenden Staaten in ihrem Wohnland versichern können.

Mehr Informationen finden Sie hier.

Krankenkasse: Wozu die anderen Abzüge?

Wieso muss ich eine Versicherung bei einer Krankenkasse abschliessen, wenn von meinem Lohn derart hohe Abzüge gemacht werden? Ich dachte, ich sei für Ausfälle infolge medizinischer Probleme versichert: Als ich vor einem Jahr einen Unfall hatte, wurde mir ein Taggeld ausgezahlt und wurden auch die Behandlungskosten im Spital von der Suva übernommen. Ist es ­legal, dass mir meine Arbeitgeberin in der Lohnabrechnung einen Krankentaggeldabzug macht?

Marina Wyss: Ja, sofern die Arbeit­geberin Sie für die Folgen eines Erwerbsausfalls aufgrund einer Krankheit bei einer kollektiven Krankentaggeldversicherung (KTG) versichert hat. Eine solche versichert allerdings nur den Lohnausfall bei Krankheit. Die KTG übernimmt keine Behandlungskosten. Es ist die Krankenversicherung, die die Kosten von Diagnosen und Behandlungen von Krankheiten übernimmt. Diese ist für alle in der Schweiz wohnhaften Personen und in gewissen Fällen (siehe oben) auch für Personen, die im Ausland wohnen, aber in der Schweiz ­arbeiten, obligatorisch. In der Schweiz wird zwischen Krankheit und ­Unfall ­unterschieden. Sie hatten vor ­einem Jahr einen Unfall. Die Unfallversicherung ist für alle Arbeitnehmerinnen und -nehmer obligatorisch und ­übernimmt – im Unterschied zur ­obligatorischen Krankenversicherung – nicht nur die Behandlungskosten im Spital, sondern zahlt auch ein Unfalltaggeld für den Lohnausfall. Die Unfallversicherung bezahlt der Arbeitgeber für alle, die pro Woche mehr als acht Stunden arbeiten.

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