Nein zu kantonalen Mindestlöhnen in den Kantonen Solothurn und Basel-Land
Knapp, aber: Lohn-Drücker können feiern

Den Hungerlohn-Koalitionen in den Kantonen Solothurn und Basel-Land ist es gelungen, Löhne zum Leben zu verhindern. Vorläufig.

Im Kanton Basel-Land war es sehr, im Kanton Solothurn erstaunlich knapp. In beiden Kantonen stimmte das Volk am 9. Februar über Mindestlöhne ab (work berichtete: hier und hier ). Die üblichen Hungerlohn-Koalitionen aus SVP, FDP, GLP und Mitte traten flankiert von den Arbeitgeberverbänden dagegen an. So wie sie überall Mindestlöhne bekämpfen, wo Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien dafür kämpfen.

Doch trotz massivem Mitteleinsatz und den Monopol-Medien auf ihrer Seite mussten die Rechten im Kanton Basel-Land bis zum Schluss um ihre Dumpinglöhne zittern. Nicht nur, weil die Verwaltung technische Probleme hatte. Im Kanton Solothurn stimmten mit 42 Prozent der Stimmenden massiv mehr Menschen für einen Mindestlohn als das fortschrittliche Lager Wählende hat. Im Kanton Basel-Land war der Unterschied bei 48,6 Prozent noch deutlicher.

Gewerkschaften bleiben dran 

Zur fast erfolgreichen Kampagne im Baselbiet sagt Sanja Pesic, Regionalleiterin der Unia Aargau-Nordwestschweiz:

Geschichte wird selten beim ersten Anlauf geschrieben. Doch der heutige Tag zeigt, dass der Kampf für soziale Gerechtigkeit immer mehr Menschen sensibilisiert. Im Kanton Basel-Land haben wir einen entscheidenden politischen Grundstein gelegt. Die populistische Angstmacherei der bürgerlichen Seite verliert an Wirkung – ihre Kampagnenführung ist ein Auslaufmodell. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir einen Mindestlohn im Kanton Basel-Land durchsetzen.

Arbeitgeber-Ideologen wollen keine Mindestlöhne. Nicht in Gesamtarbeitsverträgen, nicht in der Bundesverfassung, nicht in Kantonsverfassungen, nicht in Städten. Geht es um nationale Mindestlöhne, sehen sie den Föderalismus verletzt. Geht’s um kantonale Mindestlöhne, sehen sie die Kantone gegenüber Nachbarkantonen benachteiligt.

Ein Vierteljahrhundert Kampf 

Die Gewerkschaften führen seit über 25 Jahren eine Mindestlohn-Kampagne. Der lange Atem hat sich gelohnt, bleibt aber dringend nötig. Ein kleiner Blick zurück: 2011 lancierten die Unia und der SGB die nationale Mindestlohninitiative. Die Unterschriften kamen rasch zusammen. Bundesrat und rechte Parlamentsmehrheit lehnten die Initiative ab. Ebenso das Stimmvolk im Mai 2014. Vorausgegangen war ein Abstimmungskampf, bei dem die Arbeitgeberverbände und mehr oder weniger marktradikale Ökonomen alles an «Argumenten» gegen einen Mindestlohn anführten, was sie bis heute wiederholen. Kim Rotaris ist Kommunikationsverantwortliche der Unia AG-NWS. Zum knappen Nein im Kanton Basel-Land sagt sie: «Das Nein ist kein Schlussstrich, sondern ein klares Signal, unsere Kräfte noch entschlossener zu bündeln und unsere Argumente mit noch mehr Nachdruck zu vertreten.»

Niederlage und Erfolge

In der Stadt Luzern gilt ab nächstem Jahr ein Mindestlohn. Im Jahr 2023 haben die Zürcherinnen und die Winterthurer mit grossen Mehrheiten Ja gesagt zu Löhnen, die zum Leben reichen. Das passt den rechten Parteien und den Gewerbeverbänden nicht. Sie verzögern die Umsetzung der Volksentscheide mit juristischen Mitteln. Beim Bezirksrat als erster Instanz ohne Erfolg. Doch die rechte Mehrheit einer Verwaltungsgerichtskammer unter dem Vorsitz des FDPlers Reto Häggi unterstützte die von Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun angeführte klagende Hungerlohn-Koalition. Die Städte Winterthur und Zürich zogen jetzt den Richterentscheid gegen ihre Stimmbevölkerungen weiter ans Bundesgericht.

Auch in der Stadt Bern ist die Initiative für einen städtischen Mindestlohn klar zustande gekommen. Unterdessen hat die Stadtregierung (Gemeinderat) die Initiative für gültig erklärt. Nach erneuten juristischen Abklärungen hält die Berner Stadtregierung fest:

Die Initiative ist mit dem übergeordneten Recht vereinbar.

Für den Erlass des Mindestlohnreglements ist der Stadtrat (Parlament) zuständig. Zu einer Volksabstimmung kommt es damit nur, falls der Stadtrat die Vorlage ablehnt, ein Gegenvorschlag erarbeitet wird oder falls das fakultative Referendum ergriffen werden sollte.

Und jetzt die Städte? 

Die Analyse der beiden Nein zu kantonalen solothurnischen und basellandschaftlichen Mindestlöhnen könnte dazu führen, dass städtische Mindestlöhne auch in diesen Kantonen zum Thema werden. Denn im Kanton Solothurn sagten von den acht grössten Gemeinden fünf Ja zum Mindestlohn. Im Kanton Baselland waren es gar sechs der acht grössten Gemeinden.

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