Bundesrat provoziert Gewerkschaften
Lohnschutz-Gegner wird neuer Chef im Seco

Der Bundesrat will die Schweizer Löhne sichern. Wirklich? Die Ernennung des erklärten Lohnschutz-Feindes Jérôme Cosandey zum Leiter der Direktion für Arbeit im Seco lässt die Zweifel wachsen.

PURE PROVOKATION: Avenir suisse Mann Jérôme Cosandey wird neuer Leiter der Direktion für Arbeit. (Foto: Avenir suisse)

Was bisher bekannt ist zu den «Bilateralen III» zeigt: Der Schweizer Lohnschutz ist nicht gesichert. Für die Gewerkschaften ist klar: Ohne gesicherten Lohnschutz kann es kein Ja geben! (work berichtete). Die Verschlechterungen im Verhandlungsergebnis im Vergleich zum Status quo müssen dazu mit Kompensationen in der Schweiz korrigiert werden. Der Bund hat Verhandlungen mit Gewerkschaften und Arbeitgebern zugesagt. Unter de«Schirmherrschaft» des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco finden derzeit Gespräche statt. Die Verhandlungen sollen bis im Frühling beendet sein. Der Bundesrat will die innenpolitischen Massnahmen danach zusammen mit dem vollständigen Abkommenstext in die Vernehmlassung geben. Doch noch weigern sich die Arbeitgeber-Verbände, wirksamen ergänzenden Massnahmen zuzustimmen.

FlaM-Feind als Chef

Die europapolitische Haltung der Gewerkschaften ist seit Jahren klar und konzis: Der SGB unterstützt den bilateralen Weg, wenn die Löhne und der Service public gesichert sind. Die Personenfreizügigkeit mit wirksamen flankierenden Massnahmen (FlaM) ist eine gewerkschaftliche Erfolgsgeschichte, auch weil sie das Ende des unmenschlichen Saisonnierstatuts brachte. Und ausgerechnet jetzt ernennt Seco-Chefin Helene Budliger einen Mann zum Leiter  der Direktion für Arbeit, der von Lohnschutz und flankierenden Massnahmen nichts hält. Mehr noch: Jérôme Cosandey verantwortete als Leitungsperson beim marktradikalen Konzern-Thinktank seit Jahren Angriffe auf den Lohnschutz. Avenir suisse fordert seit Jahren unumwunden die Abschaffung der Flankierenden Massnahmen. 

Provokation

Die Direktion für Arbeit im Seco ist so ziemlich das wichtigste Bundesamt für die Lohnabhängigen. Sie ist zuständig für den Lohnschutz, das Arbeitsgesetz sowie für die Reintegration und die soziale Absicherung der Arbeitslosen. Cosandey ist bis heute weder in der Arbeitsmarktpolitik, der Sozialpartnerschaft, der in Arbeitsvermittlung oder den Arbeitslosenkassenmit besonderer Expertise aufgefallen. Dafür gefällt er sich – und den Avenir-suisse-Sponsoren aus Multis und Finanzindustrie – mit marktradikalen Vorschlägen zur Zerschlagung der Sozialversicherungen. Die Ernennung von Cosandey  ist für die Gewerkschaften einen pure Provokation: In seiner neuen Position wäre Cosandey  für den Schutz der Arbeitnehmenden und deren Löhne zuständig. Also für Dinge, die er erklärtermassen für überflüssig hält.

Der Arbeitgeberverband geniesst entsprechend still die Wahl von Cosandey. Die Gewerkschaften sind sauer. SGB-Chef Pierre-Yves Maillard sagt:

Diese Nominierung ist eine reine Provokation – und sie zeigt, wie wenig sich Bundesrat Parmelin um die Verteidigung der Schweizer Löhne kümmert.

Und: «Diese Ernennung ist ein politisches Signal – und das ausgerechnet jetzt, wo die Lohnschutz-Gespräche in die Schlussphase gehen.» Denn für die Umsetzung allfälliger neuer innenpolitischer Massnahmen zum Lohnschutz wäre Cosandey zuständig. Also ein Mann, der bereits die bestehenden abschaffen wollte. Ob die nächste Personalie aus dem Hause Parmelin wohl die Ernennung eines Geschäftsleitungsmitglieds des Blauen Kreuzes zur Leiterin der Weisswein-Absatzförderung ist? 

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.