Zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse nahmen National- und Ständerat den PUK-Bericht «zur Kenntnis», überweisen zehn Vorstösse an den Bundesrat und schieben die Bankenregulierung auf der langen Bank noch weiter nach hinten. Dafür kassieren die rechten und bürgerlichen Parteien weiterhin Hunderttausende Franken von der UBS.

VERSPRICHT IM PARLAMENT DAS BLAUE VOM HIMMEL: Dabei leidet Finanzministerin Karin Keller-Sutter bei der Bankenaufsicht an Aufschieberitis. (Foto: Keystone)

Zur Erinnerung: Im März 2023 musste die angeschlagene Credit Suisse unter Notrecht mit der UBS fusioniert werden, um den drohenden Zusammenbruch der zweitgrössten Schweizer Bank abzuwenden. Diese hatte in den Jahren zuvor weltweit Skandal an Skandal gereiht, mehr Boni ausbezahlt als Gewinn erwirtschaftet und den Aktienkurs auf mikroskopische Grösse geschrumpft. Sie profitierte davon, dass die rechte Parlamentsmehrheit nach der UBS-Rettung 2008 viel von «nie wieder» geredet, aber sämtliche Vorschläge zur Zähmung der Grossbanken abgelehnt hatte. Stattdessen trugen SVP, FDP, GLP und Mitte das «Too big to fail»-Konzept wie eine Monstranz vor sich her. Dieses erwies sich bei der ersten Gelegenheit, für die es eigentlich gedacht war, als das, wofür es die Linke immer gehalten hatte: als unbrauchbar.

Leere Schwüre

Nur 15 Jahre nach der UBS-Rettung musste der Staat wieder eine Grossbank vor dem Zusammenbruch bewahren. Damit die UBS die CS übernahm, riskierten Finanzministerin Karin Keller-Sutter und die SNB 259 Milliarden Franken Volksvermögen. Mit Notrecht. Weder Volk nach Parlament hatten etwas dazu zu sagen. Doch viel zu reden:

Bürgerliche Politikerinnen und Politiker übertrafen sich wieder mit «Nie wieder!»-Schwüren. Und verschoben dann alle wirksamen Massnahmen auf nach den Wahlen und auf nach der Veröffentlichung des Berichtes der zur Besänftigung des Volkszorns eingesetzten Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK).

Diese stellte vergangenes Jahr just am Freitag vor Weihnachten ihren Bericht vor. Der ist durchaus lesenswert (zum Bericht), aber drückt sich um die entscheidende Frage: Wie gelang es der Finanzindustrie, schärfere Regulierungen zu verhindern und bestehende gar zu schwächen?

Ob das daran lag, dass von den 14 PUK-Mitgliedern 10 aus Parteien stammen, die von CS und UBS seit Jahren üppig mit Spenden bedacht wurden? work berichtete

Vergessliche Bürgerliche

In der aktuellen Session debattierten die Räte jetzt stundenlang den PUK-Bericht. Einigkeit herrschte in der Kritik am CS-Management und in der Feststellung, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) zu nachsichtig agierte. Ein zentraler Kritikpunkt: Die Finma gewährte der CS ab 2017 einen sogenannten regulatorischen Filter, der die Eigenkapitalanforderungen (verkürzt: wie viel «echtes Geld» muss die Bank haben) deutlich abschwächte und damit die tatsächliche Schieflage der Bank verschleierte. 

Ganz vergessen scheint die bürgerliche Parlamentsmehrheit unterdessen zu haben:

Es waren Vertreterinnen und Vertreter ihrer Parteien, die Druck auf die Finma ausgeübt hatten, die Grossbanken nicht allzu sehr zu belästigen.

Sowohl National- wie Ständerat haben zwar alle zehn Vorstösse der PUK dazu angenommen, wie die Wiederholung eines «CS-Falls» verhindert werden könnte. Die Mehrheit dieser Vorschläge sind Wiederholungen: Eigenkapital, Boni-Beschränkungen, gestärkte Aufsicht. All das lag schon mehrfach auf dem Tisch des Bundesparlaments. Eingebracht von den fortschrittlichen Parteien, durchs Band abgelehnt jeweils von Mehrheiten aus SVP, FDP, GLP und Mitte. Oft auch erst im letzten Moment, wenn der öffentliche Druck kleiner und der Druck der Banken grösser war. 

Und jetzt vom Parlament wieder überwiesen in zahmer Form und abgeschoben auf die lange Bank. Bevor auch nur irgendetwas greifen würde, ist das nächste Jahrzehnt schon angebrochen. Denn:

Grossfinanzministerin Karin Keller-Sutter leidet bei der Bankenaufsicht unter Aufschieberitis. Derweil geschäftet die neue Monster-UBS ungeniert vor sich hin – und hält die Schweiz weiter in Geiselhaft.

Kassieren und parieren

Die bürgerliche Parlamentsmehrheit verfolgt damit weiter ihre bisherige Politik: der Finanzindustrie die Wünsche von den Lippen lesen. Wenn es dann schiefgeht wie bei der UBS 2008 und der CS 2023, schwingen die rechten und bürgerlichen Parteien grosse Reden. Ist der erste Sturm der Empörung vorbei, werden sie wieder ganz leise – und ziehen wie die SVP die einst medienwirksam eingereichten Vorstösse heimlich, still und leise wieder zurück. Denn mit der Grossfinanz verscherzen will es sich keine und keiner der rechten Damen und Herren. Dafür zahlt diese zu gut:

2023 überwies die UBS der SVP 241’000 Franken, der FDP 195’000, der Mitte 119’000 und der GLP 60’000. 

Und die CS liess sich auch im Jahr ihres Unterganges nicht lumpen: 160’000 Franken flossen an die SVP, 127’000 an die FDP, 119’000 an die Mitte und 44’000 Franken an die GLP.

Die SP möchte solche an Bedingungen geknüpfte Grossbanken-Spenden verbieten. Am Tag nach der Behandlung des PUK-Berichtes stand ein entsprechender Vorstoss auf der Traktandenliste des Nationalrates. Erwartungsgemäss retteten SVP, FDP, GLP und Mitte ihre Zuwendungen. Keine einzige Ja-Stimme kam von bürgerlicher Seite. Die einzige Enthaltung vom Berner EVP-Nationalrat Marc Jost.

Das wohl beste Geschäft

Die UBS profitiert von einer nicht formalisierten Staatsgarantie. Und sie wehrt sich gegen schärfere Eigenkapitalvorschriften. Ein höheres Eigenkapital würde das Risiko für die Steuerzahlenden reduzieren – aber eben auch die Profite der Bank. Die Universität Bern hat im Januar eine Studie veröffentlicht, die untersucht, wie hoch der Bund die UBS subventioniert. Selbst im vorsichtigsten Szenario kommen die Forscher für das Jahr 2022 auf 2,6 Milliarden Franken. Das heisst:

Die UBS spart Jahr für Jahr Milliarden, weil das Schweizer Volk faktisch für sie bürgt. Milliarden, die an das Aktionariat fliessen und an die Abzocker-Manager.

Da sind die über 600’000  Franken, die von der UBS pro Jahr offiziell an SVP, FDP, GLP und Mitte überwiesen werden, wahrscheinlich das beste Geschäft der Bank.

Abzockerei: Ermotti kassiert munter weiter

Bereits 2023 hatte die UBS die grösste Lohnschere: Boss Sergio Ermotti kassierte 267 Mal mehr als die am schlechtesten bezahlte Person im Unternehmen. Für das vergangene Jahr wird das nicht gross anders aussehen. Ermotti kassierte letztes Jahr 14,9 Millionen Franken Entschädigung, davon 5 Millionen Franken cash. Alles für einen Job für eine Bank, deren Risiko faktisch von der Bevölkerung getragen wird.

An den Abzockerlöhnen von Ermotti & Co. wird sich so rasch nichts ändern. Auch wenn SVP-Mann Jakob Stark erfolgreich eine Nebelpetarde zündete: Der Ständerat überwies seine Motion für einen Lohndeckel von 5 Millionen mit einem Zufallsmehr. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hat bereits verlauten lassen, dass seine Partei die Motion im Nationalrat ablehnen und damit beerdigen wird.

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