Klimakrise trifft Frauen besonders hart
Bezahlen für eine Party, zu der sie nicht eingeladen waren

Die Klimakrise ist eine globale Katastrophe. Doch während wir alle den gleichen Sturm aufziehen sehen, stehen nicht alle im selben Regen. Es spielt eine zentrale Rolle, wo wir leben, wie viel wir verdienen – und welches Geschlecht wir haben.

DIE LEIDTRAGENDEN: Frauen sind besonders stark von der Klimakrise betroffen. (Foto: Canva)

Die Klimakrise ist längst nicht entschärft. Obwohl rechte Regierungen in den Industrieländern mit den unterschiedlichsten «Argumenten» beabsichtigte Massnahmen gegen die Klimaerwärmung wieder zurücknehmen, sofern sie überhaupt solche ernsthaft getroffen haben. Eine neue Studie* aus Deutschland schildert wissenschaftlich nüchtern und darum so ernüchternd, wie weit der Weg noch ist, damit die dringend notwendige Bekämpfung der Klimaerhitzung bestehende Ungleichheiten nicht noch weiter verstärkt. Obwohl sich logischerweise zahlreiche Ergebnisse im Detail auf die deutsche Situation beziehen, sind die Analysen und Folgerungen auch für andere Industrieländer – und damit die Schweiz – zutreffend.

*Die Studie

Die Studie trägt den sperrigen Titel: «Gutachten für den vierten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Gleichstellung in der sozial-ökonomischen Transformation», ist 267 Seiten dick und wurde während der vergangenen zwei Jahre von einer interdisziplinären Sachverständigenkommission erarbeitet. Am 3. März wurde sie veröffentlicht. Unter diesem Link kann sie heruntergeladen werden.

Global ungleich betroffen

Stellen wir uns die Karte vor: Im globalen Süden brennt es lichterloh, während im Norden das Feuer zwar lodert, aber noch unter Kontrolle scheint. Die böse Ironie dabei: Der reiche Norden bläst fleissig CO2 in die Atmosphäre, während der Süden die Flammen zu spüren bekommt. Überschwemmungen, Dürren und Wirbelstürme zerstören Existenzen, während die Hauptverursacher im Norden (bisher) vergleichsweise glimpflich davonkommen. Dabei verantwortet ein in der Schweiz lebender Mensch im Durchschnitt jährlich rund 14 Tonnen CO2-Ausstoss.

UNGLEICHHEIT: Der globale Süden leidet stärker unter extremen Wetterbedingungen als der globale Norden. (Foto: Canva)

In vielen Ländern des globalen Südens ist es weniger als eine Tonne pro Kopf. Und trotzdem leiden sie stärker. Doch wir müssen nicht nach Afrika blicken, um Ungerechtigkeiten zu erkennen. Auch in unseren Breitengraden folgt die Klimakrise einer erschreckend klaren Logik: Wer mehr hat, verursacht mehr, leidet aber weniger.

National auch

Denn auch innerhalb der reichen Industrienationen gibt es massive Unterschiede von Betroffenheit, die der gleichen Systemlogik folgen wie die globalen:

Wer über finanzielle Mittel verfügt, kann sich Schutz kaufen – sei es durch klimatisierte Wohnungen, Versicherungen oder den Umzug in weniger gefährdete Regionen.

Die Reichen tragen über ihren Konsum überproportional zur Klimakrise bei, doch ihre Privilegien schirmen sie vor den schlimmsten Folgen ab. Anders sieht es bei jenen aus, die weniger besitzen. Geringverdienende sind stärker von Hitzewellen, Umweltverschmutzung und Extremwetter betroffen. Sie arbeiten auch überdurchschnittlich oft in Berufen, in denen die Folgen des Klimawandels besonders heftig zu spüren sind.

Reich verursacht, arm bezahlt

Auch in der Schweiz sehen Gering- und Normalverdienende in schlecht isolierten Mietwohnungen der nächsten Heizkostenabrechnung mit Sorge entgegen. Noch wird der grösste Teil der überhaupt ergriffenen Massnahmen gegen die Folgen der Klimaerhitzung unsozial finanziert. So wie der globale Norden als Gesamtes die von ihm verursachten Kosten nicht trägt, so tragen sie in der Schweiz die Reichen nicht. Die Gewerkschaften im allgemeinen und die Unia im besonderen weisen seit Jahren auf diesen Missstand hin. Ein entsprechendes Positionspapier der Unia benennt die notwendigen Massnahmen für den ökosozialen Umbau klar und deutlich (zum Positionspapier).

Nachteil Frau

In der Schweiz und anderen Industrieländern sind es vor allem Frauen, die die Last der Klimakrise schultern müssen. Wie das? Sie sind häufiger in schlechtbezahlten, klimaanfälligen Jobs tätig, übernehmen einen Grossteil der unbezahlten Sorgearbeit und haben oft schlechteren Zugang zu Ressourcen, um sich gegen klimawandelbedingte Risiken abzusichern. Die Studie aus Deutschland benennt unter anderem folgende Problemfelder:

Die Gesundheit
Frauen leiden stärker unter extremen Temperaturen, wie die europäische Hitzewelle 2003 eindrücklich zeigte. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von physiologischen Unterschieden bis hin zu sozialen Faktoren. Frauen übernehmen mehrheitlich die Betreuung hitzeempfindlicher Personen wie Kinder und älterer Angehöriger, was zu einer zusätzlichen Belastung führt. In klimabelasteten Situationen tragen Frauen damit eine doppelte gesundheitliche Last.

Das Geld
Frauen verfügen durchschnittlich über weniger finanzielle Möglichkeiten, um sich gegen Klimafolgen zu wappnen. Der Gender-Pay-Gap bleibt hartnäckig bestehen. Sich vor den Folgen der Klimakrise zu schützen kostet ebenso Geld wie den Klimaanstieg zu bremsen. Geld, das Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen nicht haben. Sie wohnen meist in «günstigen», aber energetisch nicht wirklich sanierten Wohnungen. Entsprechend überproportional leiden sie unter steigenden Energiepreisen. Frauen leben überdurchschnittlich oft in Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen. Alleinerziehende, die zu etwa 80 Prozent Frauen sind, haben gemäss Studien fast doppelt so häufig Probleme, ihre Wohnung ausreichend zu heizen (oder zu kühlen) wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Bei steigenden Energiepreisen trifft der CO2-Preis Frauen daher überproportional hart.

IM NACHTEIL: Frauen können sich seltener gut sanierte Wohnungen leisten. (Foto: Canva)

Der Job
Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Pflege, Bildung und sozialer Arbeit – Sektoren, die vom Klimawandel stark betroffen, aber in der Klimapolitik unterrepräsentiert sind. Die Pflegefachfrau arbeitet bei Extremhitze oft ohne ausreichende Klimatisierung, die Lehrerin unterrichtet in überhitzten Klassenzimmern. In diesen «Frauenberufen» fehlen häufig angemessene Hitzeschutzkonzepte und klimaangepasste Arbeitsbedingungen.

Die Verantwortung:
Die Verantwortung: In Schweizer Haushalten übernehmen Frauen doppelt so viel Ernährungsarbeit wie Männer, von der Planung über den Einkauf bis zur Zubereitung. Der gesellschaftliche Druck, nachhaltig und klimafreundlich zu kochen, lastet zusätzlich auf ihren Schultern. Gleichzeitig sind gesunde, umweltfreundliche Lebensmittel oft teurer, was besonders einkommensschwache Haushalte – in denen Frauen überproportional vertreten sind – vor Herausforderungen stellt. Die mentale Belastung durch die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Alltagsrealität tragen somit hauptsächlich Frauen.

Die Klimakrise ist nicht neutral – weder global noch lokal. Sie verstärkt bestehende Ungleichheiten. Das wollen die Gewerkschaften ändern: in den Firmen, in den Branchen und bei der Verteilung der Kosten, die bei der Bekämpfung der Folgen der Klimaerhitzung entstehen. National und global. Denn:

Die Nicht-Reichen sollen nicht bezahlen müssen für die Folgen einer Party, zu der sie nicht eingeladen waren und sind.

Frauentag-Agenda: Das läuft am 8. März

ZÜRICH 

Workshop: Was tun gegen ­sexuelle Belästigung? Am 6. März ab 18.30 Uhr bei der Unia Zürich. Anmeldungen über diesen Link.

Demonstration zum «feministischen Kampftag» am 8. März ab 13.30, Treffpunkt Paradeplatz.

BASEL 

Unia-Stand zur Arbeitzeit­verkürzung von 10.00 bis 16.30 Uhr mit Malaktion für Kinder am Barfüsserplatz.

Demonstration zum ­«antipatriarchalen Kampftag» ab 17.00 Uhr, Treffpunkt ­Barfüsserplatz.

BERN 

Unia-Stand zur Arbeitzeit­verkürzung von 10.00 bis 13.00 Uhr auf dem ­Bärenplatz. Ab 14.00 Uhr ­Demonstration, Treffpunkt Schützenmatte.

THUN

Unia-Stand vor dem Coop Bälliz zum Thema Arbeitszeit und Arbeitszeitverkürzung.

BADEN 

Feministische Soliparty ab 21.45 Uhr im Royal Baden unter dem Motto «Marie isch STEIHÄSSIG».

WINTERTHUR 

Demonstration zum «feministischen Kampftag» am 7. März ab 19.00 Uhr, ­Treffpunkt Oberer Graben.

Weitere Aktionen finden in Delémont, Lausanne, ­Lugano, Neuenburg, Luzern und weiteren Städten statt. Alle Unia-Veranstaltungen rund um den 8. März finden Sie unter diesem Link.

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