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In welcher Hinsicht bin auch ich rassistisch?

Vom 15. bis 21. März findet die Aktionswoche gegen Rassismus statt. Unia-Migrationssekretärin Nivalda Still (54) über die Rolle der Gewerkschaften im Kampf gegen Rassismus – und was wir alle dagegen tun können.

work: Frau Still, was können wir alle gegen Rassismus tun? 
Nivalda Still: Es ist wichtig, dass wir uns alle engagieren. Rassismus kann niemand allein bekämpfen. Nur wenn wir alle aktiv dagegen vorgehen, können wir etwas verändern. Wir alle haben die Verantwortung, uns selbst kritisch zu hinterfragen: In welcher Hinsicht bin auch ich rassistisch? Veränderung beginnt bei uns selbst und wirkt sich auf die gesamte Gesellschaft aus. Und das bedeutet viel Arbeit. Wir haben noch viel zu tun. 

Wie zeigt sich Rassismus im Alltag?
Ich habe selbst einen Migrationshintergrund und aus eigener Erfahrung erlebt, wie schwierig das sein kann – im Alltag und in nahezu jedem Bereich des Lebens. Dieser strukturelle Rassismus ist allgegenwärtig. Der jüngste Bericht der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus zeigt, dass rassistische Diskriminierung in fast allen Lebensbereichen zugenommen hat. Mikroaggressionen passieren ständig – oft unbemerkt von denen, die nicht betroffen sind. Doch für diejenigen, die sie immer wieder erleben, sind sie eine enorme Belastung.

Welche Rolle spielen Gewerkschaften im Kampf gegen Rassismus?
Als Unia müssen wir Rassismus aktiv bekämpfen. Denn die Mehrheit unserer Mitglieder hat einen Migrationshintergrund. Das dürfen wir nicht vergessen. Rassismus verschwindet nicht von heute auf morgen, aber wir dürfen das Thema nie aus den Augen verlieren. Wer nicht selbst betroffen ist, mag bei diesem Thema denken: «Nicht schon wieder.» Doch genau das ist nötig! Als Gewerkschaft haben wir die Verantwortung, Rassismus konsequent anzusprechen – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Wir haben die Mittel, um echte Veränderungen zu bewirken. Durch Gesamtarbeitsverträge (GAV) sichern wir Mindestlöhne, unabhängig von Hautfarbe oder Religion. Wir setzen uns auch für die Anerkennung ausländischer Diplome ein. Das System ist kompliziert, und es gibt noch viele Hürden. Zudem fordern wir von Arbeitgebern, Verantwortung zu übernehmen und Massnahmen zu ergreifen, um Diskriminierung am Arbeitsplatz zu verhindern.

Wie können wir reagieren, wenn wir Rassismus erleben?
Wenn man Rassismus erlebt, reagiert man oft nicht sofort. Stattdessen fragt man sich: War das wirklich so schlimm, oder übertreibe ich? Die neue Unia-Broschüre gegen Rassismus sensibilisiert für solche Situationen und zeigt, wie man sich dagegen wehren kann. Diese Informationen sind entscheidend, um sich zu schützen und aktiv dagegen vorzugehen.

Wie beeinflusst die aktuelle politische Situation die Debatte über Rassismus in der Arbeitswelt?
In der Politik nehmen rassistische Tendenzen immer mehr zu. Zum Beispiel durch die 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP. Solche Initiativen sind gefährlich, weil sie die Situation von Menschen mit Migrationshintergrund weiter verschärfen. Menschen mit Migrationshintergrund haben oft schlechte Arbeitsbedingungen, verdienen weniger und müssen härter um Arbeitsstellen kämpfen, wenn es keinen GAV gibt. Gleichzeitig gibt es immer wieder Fälle rechtsextremer Gewalt. Auch die aktuelle Politik in den USA unter Donald Trump zeigt, wie sich migrationsfeindliche Massnahmen auf das Weltgeschehen auswirken. Das ist beängstigend. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns klar gegen Rassismus positionieren und das Thema immer wieder ansprechen. Rassismus ist tief in der Gesellschaft verankert – und Solidarität ist heute wichtiger denn je.

Zeig Solidarität und feiere mit uns – sei dabei!

Wann?  Freitag 21.März 
Wo? Gaskessel in Bern 
Zeit: Türen: 20:00 Uhr | erstes Konzert: 21:00 Uhr 
Eintritt frei (Anmeldung erforderlich)
Infos & Anmeldung: unia.ch/konzert

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