GLP-Vorstoss öffnet Schwarzarbeit Tür und Tor
«Lex Uber»: Frontalangriff auf die soziale Sicherheit

GLP-Chef Jürg ­Grossen ­fordert: Ob jemand ­angestellt oder selbständig ist, ­sollen die Arbeitgeber ­entscheiden. ­Damit will er den Weg ebnen für Dumping-­Geschäftsmodelle wie das vom Billig-Taxidienst Uber. Doch sogar Arbeitgeberverbände finden das eine schlechte Idee.

VIEL ARBEIT, SCHLECHTE KONDITIONEN: Ein Uber-Eats-Fahrer bei der Büez. (Foto: ZVG)

Per App rasch eine Reinigerin, ein Zmittag oder einen Fahrdienst organisieren: so funktioniert die «Plattform-Ökonomie». Der Kontakt zwischen Auftragnehmenden und der Kundschaft passiert scheinbar direkt. Die Konzerne dahinter wie Uber & Co. sehen sich nur als Vermittlerinnen. Ein Geschäftsmodell so einfach wie ausbeuterisch. Zum Beispiel Uber: Das Unternehmen stellt sich auf den Standpunkt, dass die Fahrerinnen und Fahrer keine Angestellten seien, da sie über die App direkten Zugang zur Kundschaft hätten. Und deshalb bezahlt der US-Konzern auch keine Sozialleistungen. Was wiederum für die Fahrer bedeutet: keine bezahlten Ferien, keine Arbeitslosenversicherung, kein Einkommen bei Unfall oder Krankheit. Verschiedene Gerichte haben deshalb klargestellt: Uber ist Arbeitgeber und muss seine Fahrerinnen und Fahrer anstellen (work berichtete).

Doch Uber kümmern diese Urteile nicht. Unter dem Druck der Uber-Lobby hat jetzt die parlamentarische Initiative von Nationalrat Jürg Grossen (GLP) aus dem Jahr 2018 neuen Aufwind bekommen. Zuletzt hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) dieser Initiative zugestimmt. Grossen will das Dumping-Geschäftsmodell auf dem Buckel von ­Arbeitnehmenden salonfähig machen. Unter dem täuschend wohlklingenden Namen «Selbständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen» fordert er, dass Scheinselbständige als Selbständige betrachtet werden können, wenn sie dies «wünschen». Solche Vereinbarungen werden kaum auf Augenhöhe abgeschlossen, auf Seiten der Arbeitnehmenden besteht eine klare Abhängigkeit.

Mehr Schwarzarbeit

Dieser Vorstoss würde «Schwarzarbeit Tür und Tor» öffnen, schreibt die Gewerkschaft Unia. Die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit und der Lohnschutz wären in den meisten Branchen verunmöglicht. Zudem würde er für Chaos im Schweizer Rechtssystem sorgen, etwa im Arbeitsrecht, bei AHV und BVG und bei Arbeitslosen- und Unfallversicherung. So warnen denn auch Expertinnen und Experten für Sozialversicherungsrecht vor mehr Scheinverträgen und Scheinselbständigkeit. Sie befürchten, dass sich mit dem Vorstoss Arbeitgeber aus der Verantwortung ziehen könnten.

Initiant Grossen argumentiert, dass «die Schweizer Behörden jedes Jahr Tausenden von Betroffenen gegen ihren Willen den Wunsch nach Selbständigkeit aberkennen». Doch das sehen Suva und AHV-Ausgleichskassen anders. Sie sind für die Einstufung von Arbeitsverhältnissen zuständig und melden: In über 99 Prozent der Fälle funktioniere die Einstufung bereits heute reibungslos.

Kantone und Arbeitgeber dagegen

Auch die meisten Kantone lehnen die Vorlage ab. So schreibt zum Beispiel die Zürcher Regierungspräsidentin Natalie Rickli (SVP), es entstünde mit den vorgeschlagenen Änderungen «die Gefahr von vermehrter Schwarzarbeit». Und sogar die Arbeitgeber sind gegen den Vorstoss. In einem Brief kritisieren der Bauernverband, der Baumeisterverband, Hotelleriesuisse und weitere Verbände die geplanten Gesetzesänderungen. Es würden «Rechtsunsicherheiten» geschaffen, und die Vorlage nütze einzig einem «bestimmten Geschäftsmodell der Plattformökonomie.» Eine selbständige Erwerbstätigkeit ohne soziale Absicherung solle nur für Personen zugänglich sein, die aus einer unabhängigen Position heraus tätig werden. Personen also, die eine echte Wahl haben. Und weiter: Wenn eine «in die Selbständigkeit gedrängte Person die nötigen Einnahmen nicht erzielt und eine soziale Absicherung fehlt, müssen die Gemeinden und Kantone für die Risiken aufkommen».

Die Gewerkschaften fordern nun vom Parlament, dieser Vorlage ein Ende zu setzen. Denn sie würde es Unternehmen wie Uber erlauben, schamlos und ohne jegliche Verantwortung Gewinne einzufahren und die negativen Folgen anderen zu überlassen.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.