Sprache ist eine Waffe
Trump will die Frau aus dem Wörterbuch streichen

Der US-Präsident tarnt seinen verschärften Klassenkampf mit einem Krieg der Wörter.

MAG ER NICHT, ALSO WEG DAMIT: Donald Trump und seine Entourage setzen Wörter, die ihnen nicht passen, auf eine Verbotsliste. (Foto: Keystone / Montage: work)

Frauen? Gibt es nicht, beschloss US-Präsident Donald Trump und verbot seiner Behörde für Medikamentensicherheit (FDA), das Wort «Frau» zu verwenden.

Absurd. Wir wussten zwar, dass die welkende Männlichkeit rechtsextremer weisser Politiker mit Frauen nicht klarkommt. Aber dieses Verbot war denn doch etwas unpraktisch. Also sprachen Trumps Leute von einem «Versehen». War es nicht. Denn sogleich setzten sie die «Frauen» auf eine neue Verbotsliste von 100 Wörtern. Künftig soll in den USA über «Geschlecht», «Rassismus», «Gleichstellung», «Privilegien», «Minderheiten», «soziale Ungleichheit», «Diskriminierung», «Gerechtigkeit» und vieles mehr weder geforscht noch im Parlament debattiert werden.

Irrsinn mit Methode

Kann man Realität verbieten? Soviel wir wissen, existieren Frauen und Männer wirklich (und einiges dazwischen und darüber hinaus). Schwarze und Farbige sind ganz real diskriminiert, die sozialen Unterschiede explodieren gerade. Das Regime der US-Oligarchen ist gut greifbar:

Elon Musk, der reichste Mann der Welt, dirigiert neben einem alternden Trump die Ministerriege wie ein Hausherr, die Kettensäge in der Hand.

In der Regierung sitzen 11 Milliardäre. Der Präsident ist eine Fingerpuppe des Kapitals.

Doch sein Irrsinn hat Methode: Schock und Einschüchterung. Noch nicht einmal zwei Monate im Amt, hat Trump mit Hilfe Musks den Service public zerschlagen und auch die Reste sozialer Sicherheit abgerissen, die nach Jahrzehnten neoliberaler Politik noch standen. Ein starker Teil der Bevölkerung weiss heute nicht, wie er im April oder Mai über die Runden kommen soll. 

Sein Angriff auf die Wörter soll die Betroffenen aber daran hindern, wirklich zu sehen, was sie erleben. Mehr als die Hälfte der verbotenen 100 Begriffe beziehen sich auf die Arbeitswelt, die soziale Sicherheit, die Gerechtigkeit bei den Lebenschancen.

Herrschaftssystem

Sprache ist eine Waffe. Unser Bild von der Wirklichkeit und der eigenen Lage darin machen wir uns, indem wir benennen, was wir sehen. Herrschaftssysteme schlagen uns diese Fähigkeit aus der Hand. Sie leeren unsere Begriffe und besetzen sie neu. Redet Musk über Freiheit, meint er allein die eigene Freiheit, sich auf Kosten aller endlos zu bereichern – also das exakte Gegenteil unserer Freiheit, ohne Not eine selbstbestimmte Existenz zu führen. Unter Musk gibt es für die 99 Prozent bloss Zwang, Zensur und Repression (zum Beispiel der Gewerkschaften).

Gar nicht so simpel, das durchzusetzen:

Den Unterdrückten muss eingebleut werden, dass sie keine Chance haben, sich zu wehren.

Gegen ihre Wut montiert man falsche Schuldige. Frauen, die ihr Menschenrecht einfordern. Geflüchtete. Sozial Abgehängte. Queere Menschen.

Diktatur der Narren

Musks Oligarchen, die Trump zum «Gesandten Gottes» verklären (Vizepräsident J. D. Vance), haben die Techniken autoritärer Manipulation in einem Rezeptbuch verdichtet.

Der rechtsextreme Vordenker Steve Bannon verrät das erste Rezept:

Flute die Öffentlichkeit mindestens dreimal pro Tag mit Scheisse.

Das ist Trumps Spezialität. Die US-Medien sind längst überfordert, dennoch spielen sie mit.

Regel 2: Sorge dafür, dass die Lügen sofort als Lügen kenntlich sind. Je absurder, desto besser. Diese Strategie heisst in der Wissenschaft «Diktatur der Narren». In seiner ersten Amtszeit (bis 2021) hat Trump 30’537 Unwahrheiten abgesondert, wie die konservative Zeitung Washington Post zählte. Heute ist Fact-Checking sinnlos. Ein Beispiel:

Musk behauptet, eine 50-Millionen-Lieferung von Präservativen in den Gazastreifen aufgedeckt zu haben. Trump machte daraus «100 Millionen amerikanisches Steuergeld für die Präservative der Hamas». Beim Propagandasender Fox waren es schon «Präservativ-Bomben».

Die Wahrheit: USAid hat ein paar Kisten Gummitütchen für die Aidsprävention ins ostafrikanische Moçambique (Provinz Gaza) geschickt. Weitab von Palästina. Doch Trump hausiert bis heute mit diesem Fake, und jedesmal stehen die Republikaner johlend stramm. Der Trick: Zwinge das Publikum, eine Geschichte als wahr zu akzeptieren, von der alle genau wissen, das sie erlogen ist. Der Mächtige bestimmt, was wir sehen müssen.

Regel 3: Benutze die Technik des Spiegel-Vorwurfs («accusation in a mirror»). Unterstelle deinem Gegner die böse Tat, die du selber im Schilde führst. Trump praktiziert das täglich:

Richtern hält er vor, die Demokratie auszuhöhlen, wenn sie seine Angriffe auf die Verfassung stoppen.

Keine Rede ohne den Vorwurf, der Staat sei Betrug und Korruption. Sagt der wegen Betrugs verurteilte Präsident, der gerade Millionen Menschen die Sozialversicherungen wegnimmt, um von diesem Geld Musk & Co. Milliarden rüberzuschieben. Trump jammert über Zensur, wirft aber demokratische Medien aus dem Weissen Haus, säubert Bibliotheken, verbietet den Universitäten jede kritische Forschung und schafft das Bildungsministerium ab. Wissen ist gefährlich.

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