Der Film zum Untergang der Credit Suisse
«Game over» oder alles von vorne?

Vor zwei Jahren stand die Credit Suisse kurz vor ihrem Ende. Bis sie mit fetter Staatsgarantie von der Grossbank UBS aufgekauft wurde. Ein neuer Film deckt die jahrzehntelange Macho-Manier der CS-Häuptlinge auf. Und lässt die Frage offen: Wann kommt der nächste Kollaps?

DER UNTERGANG: Szene aus dem Film «Game over». (Foto: Elite Film)

Wolkenkratzer, Geldnoten, schüttelnde Hände, Männer in Anzügen, der Zürcher Paradeplatz und skandalöse Aussagen von den Protagonistinnen und Protagonisten. Allein der Trailer des neuen Films «Game over – der Fall der Credit Suisse», produziert unter der Regie von Simon Helbling und Wirtschaftsjournalist Arthur Rutishauser, weckt nicht nur Neugier, sondern lässt die Zuschauer sich wundern:

Handelt es sich hier um den Schweizer Abklatsch vom «Wolf of Wall Street»? Oder kann das wirklich alles echt sein?

Die brutale Realität, ohne den ganzen Film zu verraten: Das ist alles echt!

Im März 2023 stand die Credit Suisse kurz vor ihrem Kollaps. Bis die Nationalbank und der Bund der CS netterweise unter die Arme griffen. Unter der Finanzchefin Karin Keller-Sutter wurde die enorme Summe von 259 Milliarden Franken Volksvermögen auf den Spieltisch des internationalen Finanzcasinos gelegt. So viele Milliarden als Garantie des Bundes waren nötig, damit die Grossbank UBS die Grossbank CS für 3 Milliarden Franken übernehmen konnte. Eine historische Fusion zum Bankenmonstrum. Der Dokumentarfilm «Game over» skizziert nach, wie es dazu gekommen ist.

Bankrott schon vor 48 Jahren

Müsste man sich einen Banker vorstellen, könnte Richard Chandler ein Mustermodell sein. Im Film sitzt er vor einer Kegelbahn, den Anzug fein säuberlich geglättet und die Haare streng nach hinten gebürstet. Chandler ist der langjährigste Mitarbeiter der Credit Suisse. Seit seiner Lehre war er während 53 Jahren für die CS tätig. Er plaudert aus dem Nähkästchen über die Kultur bei der CS. Wie hoch sein Lohn oder seine Boni-Zahlungen waren, erfährt die Zuschauerin nicht. Ein Versteckspiel, das sich im Dokumentarfilm wiederholt.

MUSTERMODELL EINES BANKERS: Richard Chandler im Film «Game over». (Foto: Elite Film)

Die Geschichte der Credit Suisse wird im Film nicht seit ihrer Gründung aufgerollt, sondern ab dem ersten grossen Skandal. Dieser ereignete sich 1977 in der Filiale von Chiasso TI. Das Verbrechen: Pfuscherei bei Bankgarantien. Der Verlust war zu diesem Zeitpunkt bereits grösser als das Eigenkapital der Bank. Den Revisoren ging die Pfuscherei in Chiasso durch die Lappen, denn sie wurden mit Champagner, Weisswein, Schnaps und Zigarren von der Arbeit abgelenkt, wie der Mitarbeiter Chandler im Film erzählt.

Paolo Bernasconi, damaliger Staatsanwalt im Tessin, erinnert sich noch gut an den CS-Fall:

Wenn eine Bank sehr erfolgreich ist, müssen bei den internen Revisoren die Alarmglocken läuten.

Dank den löchrigen Kontrollen ging die CS erst 48 Jahre später Bankrott. Gelernt hat die Chefetage offenbar nichts daraus.

Schlechter Ruf, stabile Boni

Das Loch in der Kasse, das wegen der krummen Geschäfte in Chiasso entstanden war, sollte mit Investmentgeschäften in den USA gestopft werden. Die CS kaufte Investmentbanken auf und verdiente sich eine goldene Nase am Risikogeschäft. Bis der nächste Pfusch aufgedeckt wurde. So reiht sich im Film Skandal an Skandal. Spürbar der schlechter werdende Ruf der Bank. Und die stabil bleibenden Boni für die Chefetage.

Vor der Filmkamera sitzen ehemalige Mitarbeitende, Finanzexpertinnen und ehemalige CEO der CS. Die Chefs schweigen in traditioneller Schweizer Geheimmanier über ihren Lohn und ihre Boni. Und der eigentliche Kollaps wird erst in den letzten 15 Minuten des Films oberflächlich thematisiert.

Das vermeintliche Happy End

Der Film stellt die Credit Suisse zwar in ein kritisches Licht, doch von einer Abrechnung kann nicht gesprochen werden. Schliesslich kommen die Hauptverantwortlichen des Debakels nie zu Wort. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wird als Heldin dargestellt, und die Chefköpfe der UBS, Sergio Ermotti sowie Colm Kelleher, bleiben mit ihren Aussagen oberflächlich. Sie werden nicht nur optisch ins gute Licht gerückt. Und die Rolle der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht sowie des bankerfreundlichen Parlaments wird gänzlich übersprungen. Dabei zeigt die Onlineplattform Lobbywatch klar auf: Im Parlament sitzen gerade bei den bürgerlichen Parteien viele Politikerinnen und Politiker mit Verbindungen zur Bankenwelt. Mehr dazu unter diesem Link.

Nach dem Film bleibt ein mulmiges Gefühl:

Nach all den Skandalen soll die CS bei der UBS in guten Händen sein? Der Grossbank, die während der Finanzkrise 2008 bereits vom Staat gerettet werden musste?

Die Frage bleibt: Wann kommt der nächste Kollaps? Denn die Macho-Manieren der Banker werden sich auch mit der neuen Monsterbank UBS nicht ändern, solange ihre Megalöhne und Boni von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern im Bundeshaus geschützt werden. Zur Info: Sergio Ermotti, Chef der UBS, erhält aktuell einen Stundenlohn von über 6800 Franken.

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