Familienbarometer 2025 erschienen
Schwindende Kaufkraft stresst Schweizer Familien

Das «Familienbarometer 2025» zeichnet ein widersprüchliches Bild: Trotz einer insgesamt hohen Zufriedenheit mit dem eigenen Familienleben blicken die Befragten skeptisch in die Zukunft. Schwindende Kaufkraft und der ständige Druck, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, prägen den Alltag.

AM ANSCHLAG: Steigende Krankenkassenprämien, Mieten und die Teuerung belasten die Schweizer Familien bis weit in den Mittelstand. (Foto: Canva)

Die Reallöhne stagnieren und sinken sogar. Die unteren und mittleren Einkommen haben heute kaum mehr Kaufkraft als 2016, während Topverdienende monatlich 3000 Franken zusätzlich erhalten. Die Krankenkassenprämien explodieren, und die Kosten fürs Wohnen steigen. Die Kantone senken die Steuern für Reiche und Superverdienende, bei den Prämienverbilligungen knausern sie, bei den Kitas geizen sie. Das sagt der «Verteilungsbericht 2024» des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).

«Gesundheit ist das Wichtigste», sagt der Volksmund zu Geburtstagen und anderen Gelegenheiten. Für Familien in der Schweiz steht die Gesundheit an dritter Stelle der Themen, die sie am stärksten beschäftigt. Auf Platz eins stehen die Krankenkassenprämien und auf Platz zwei die steigenden Preise. Auf Platz vier die Kosten fürs Wohnen. Das zeigt das neuste «Schweizer Familienbarometer», das von Pro Familia Schweiz und der Pax-Versicherung seit 2023 herausgegeben wird.

Das Geld ist knapp

Die Ergebnisse sind so wenig überraschend wie erschreckend:

In einem der reichsten Länder der Welt haben immer mehr Familien am Ende des Monats leere Konten.

Bis weit in die Mittelschicht hinein bleiben keine Reserven. Fast die Hälfte aller Haushalte (47 Prozent) geben an, dass ihr Einkommen nur knapp für das Familienleben ausreicht. Bei 7 Prozent reicht das Einkommen definitiv nicht. Bei Ein-Eltern-Haushalten ist die Situation besonders dramatisch: 13 Prozent sagen, dass das Geld überhaupt nicht reicht. Geld ansparen können zwei Drittel der Familien kaum oder gar nicht. Am stärksten verzichten müssen Familien bei:

  • Ferien (42 Prozent)
  • Restaurantbesuchen (35 Prozent)
  • Freizeitaktivitäten (26 Prozent).

(Alb-)Traum Vereinbarkeit

Die Balance zwischen Arbeit und Familie ist für viele Eltern ein täglicher Hochseilakt mit permanenter Absturzgefahr. 29 Prozent der Befragten geben an, dass der Druck auf die Eltern ihr Familienleben spürbar beeinträchtigt. Hauptursache mit 54 Prozent: der Versuch, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Der permanente Spagat zwischen Berufstätigkeit und Familienleben ist kein individuelles Versagen – es ist ein strukturelles Problem. Die Schweiz hinkt bei der Familienpolitik hinterher. Während skandinavische Länder längst fortschrittliche Betreuungsmodelle und einen bezahlten Elternurlaub von bis zu 16 Monaten kennen, müssen Schweizer Familien mit minimalen staatlichen Unterstützungen auskommen und hohe Betreuungskosten selbst tragen. In Zahlen:

Die Schweiz investiert 0,1 Prozent des BIP in die familienergänzende Betreuung, während der OECD-Durchschnitt bei 0,8 Prozent liegt. Skandinavische Länder wie Dänemark investieren mit 2 Prozent des BIP am meisten.

Kein Wunder, fehlt es hierzulande an bezahlbaren Kita-Plätzen. Und oft fressen die Betreuungskosten einen grossen Teil des zweiten Einkommens auf.

Besonders betroffen sind Frauen, die wegen mangelnder Betreuungsoptionen ungewollt Teilzeit arbeiten oder ganz aus dem Beruf aussteigen. Die Folgen zeigen sich später bei den Renten: Altersarmut ist weiblich. Denn Frauen erhalten in der Schweiz noch immer einen Drittel weniger Rente als Männer. Die durchschnittliche Rentenlücke beträgt aktuell genau 17’293 Franken. Oder andersrum: 2024 erhielten Männer bis zum 1. September bereits so viel Rente, wie die Frauen bis Ende Jahr bekamen.

AHV ist zentral

Apropos Rente: Bei den realen Budgets der Mehrheit der Schweizer Familien ist es nicht verwunderlich, dass sie im Alter vor allem auf die AHV setzen. Erst bei einem Einkommen ab 100’000 Franken rückt die Pensionskasse in den Vordergrund. Für die Befragten ist deshalb klar:

Zentral ist die bessere Absicherung von Geringverdienenden und Teilzeitarbeitenden und die Sicherung des Rentenniveaus.

Das erklärt auch drei Abstimmungsresultate des vergangenen Jahres, die von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit immer noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen worden sind: Die Mehrheit will eine stärkere AHV, die Mehrheit will kein höheres Rentenalter und die Mehrheit keinen noch grösseren Rentenklau bei den Pensionskassen.

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