Femizide in der Schweiz
Schon acht ermordete Frauen in acht Wochen!

Die Entwicklung der Femizide für das aktuelle Jahr sind erschreckend. Bislang wurde wöchentlich eine Frau in der Schweiz ermordet, weil sie eine Frau ist. Ein Ergebnis von ungenügender Gewaltprävention.

PROTEST: An einer Kundgebung in Zürich forderten Menschen ein Ende der tödlichen Gewalt an Frauen. (Foto: Keystone)

In acht Wochen wurden in der Schweiz acht Frauen von ihrem Ehemann, Ex-Mann, Partner, Vater, Sohn oder anderen Männern in ihrem Umfeld ermordet. Der Grund: Sie waren Frauen. Die Situation der Femizide hat sich im Vergleich zum vergangenen Februar verdoppelt. 

Blertë Berisha, Co-Geschäftsleiterin der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein, ist alarmiert:

Die aktuelle Entwicklung der Femizide ist erschütternd und inakzeptabel. Wo bleibt der Aufschrei?

Häusliche Gewalt hat ihre Wurzeln in patriarchalen Strukturen. «Das bedeutet, dass die gesamte Gesellschaft und ihre Institutionen eine Rolle spielen – durch ungleiche Machtverhältnisse, Rechte und strukturelle Bedingungen», so Berisha.
 
Auch für Tamara Funiciello, SP-Nationalrätin, führen diese Femizide zu einer untragbaren Situation:

Wir brauchen mehr Geld für die Sicherheit der Frauen in diesem Land. Stattdessen kürzt der Bundesrat das Budget für die Ausbildung von Opferberaterinnen und schiebt die Verantwortung an die Kantone ab. Gewalt an Frauen, Mädchen und weiteren Betroffenen muss ernst genommen werden, denn sie kann tödlich enden.

FORDERT MEHR GELD FÜR DIE SICHERHEIT DER FRAUEN: SP-Nationalrätin Tamara Funiciello an der Demo gegen Gewalt an Frauen vom vergangenen November. (Foto: Franziska Scheidegger)

Zu Hause ist es am gefährlichsten

Vor acht Jahren unterzeichnete die Schweiz die Istanbul-Konvention des Europarats. Dadurch ist sie verpflichtet, genügend Schutzplätze für Opfer von häuslicher Gewalt bereitzustellen. Doch acht Jahre später ist die Zahl der Plätze für Erwachsene ungenügend: Die Kapazität der Frauenhäuser ist nur ein Viertel dessen, was die Konvention verlangt. Blertë Berisha sagt:

Die aktuelle Situation der Schutzplätze ist für so ein reiches Land wie die Schweiz schlicht beschämend. In Bundesbern, aber auch in den Kantonen muss die Sicherheit von Frauen und weiteren Betroffenen mehr Priorität haben. Gleichzeitig werden feministische Themen nicht genug ernst genommen.

Denn die Zahlen zeigen deutlich: Der gefährlichste Ort für eine Frau ist ihr Zuhause. Dazu sagt SP-Nationalrätin Funiciello: «Wenn man von Sicherheit in der Schweiz spricht, muss man auch hinschauen, wo Gewalt passiert.»

Money, Money, Money

Um diese Gewalt zu stoppen, braucht es vor allem Geld. Deshalb fordern jetzt diverse Organisationen, darunter auch Brava (ehemalige Terre des Femmes), vom Bundesrat 350 Millionen Franken für die Präventionsarbeit (Link zur Petition).
 
Geld spielt nämlich laut Funiciello auch auf eine andere Art und Weise eine sehr wichtige Rolle: «Gewalt kann in vielen Fällen dort stattfinden, wo eine starke Abhängigkeit besteht. Deshalb ist die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen eine wichtige Gewaltprävention.»

Machos als Vorbilder

Ob für das Jahr 2025 die Rede von einem Anstieg der Gewalt sein kann, lässt sich erst im nachhinein evaluieren. Doch für die Frauenhäuser ist laut Berisha die gegenwärtige Weltlage spürbar:

Mit dem aktuellen Rechtsruck in Europa und auf dem ganzen Globus werden sehr problematische Männlichkeitsbilder wieder salonfähig. Solche Vorbilder legitimieren die Gewalt und sind ein gefährlicher Nährboden.

Umso wichtiger sei es, dass Medien über Femizide berichteten. «Ob und wie Medien über Femizide berichten, ist entscheidend, wie diese in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Das Skandalisieren und der Voyeurismus sind nicht nur unwürdig gegenüber der Ermordeten, sondern auch gefährlich für Angehörige oder Kinder», sagt sie.

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