Das persönliche Buch zum Vergewaltigungsfall Pelicot
«Und ich werde dich nie wieder Papa nennen» 

Mit dem Buch «Und ich werde dich nie wieder Papa nennen» gewährt Caroline Darian, die Tochter von Gisèle Pelicot, einen aufrüttelnden Einblick in ihre Familiengeschichte. Ihr Vater ist verantwortlich für über 80 Vergewaltigungen an ihrer Mutter. Auch sie selbst wurde Opfer von seinen Betäubungen.

MUTTER UND TOCHTER IM FOKUS DER ÖFFENTLICHKEIT: Caroline Darian (l.) und ihre Mutter Gisèle Pelicot lebten mit einem Mann zusammen, der sich als Monster entpuppte. (Foto: Keystone)

Es klingt wie ein Albtraum. Doch was Gisèle Pelicot durchmacht, ist die schreckliche Realität: Ihr Ehemann, Dominique Pelicot, hat ihr jahrelang Betäubungsmittel verabreicht und sie von über 80 Männern im Alter zwischen 22 und 72 Jahren vergewaltigen lassen. Die Taten hielt ihr Ehemann auf Videos und Fotos fest. Diese sexuellen Übergriffe, von denen die Betroffene keine Erinnerung hat, fanden mindestens seit September 2013 statt.
 
Aufgedeckt wurden die Missbräuche erst im Jahr 2020 durch Zufall. In einem Einkaufsladen filmte Dominique Pelicot mit dem Handy drei Frauen unter dem Rock. Diese wehrten sich und zeigten ihn an. Damit brachten sie einen enormen Stein ins Rollen. Caroline Darian, die Tochter der Pelicots, schreibt:

Diese Frauen haben das Leben meiner Mutter gerettet!

Der Schock

Das Buch von Darian, aufgebaut wie ein Tagebuch, gewährt einen sehr persönlichen Einblick in die Geschehnisse seit dem Bekanntwerden der sexuellen Missbräuche ihres Vaters. Sie schreibt chronologisch, wie die Familie von den Vorwürfen erfuhr, wie sich diese auf das Vater-Tochter-Verhältnis auswirkten und welche Wut die Greueltaten des Familienvaters nicht nur bei den Angehörigen, sondern in ganz Frankreich auslösten. Unter dem Motto: «La honte doit changer de camp – die Scham muss die Seite wechseln» zieht Gisèle Pelicot den Prozess an die Öffentlichkeit. Ausser einer öffentlichen Ansprache nach Bekanntgabe des Urteils steht sie aber nie vor die Kameras, spricht mit keiner Zeitung und gibt keinen Einblick in ihr persönliches Befinden. Anders die Tochter: «In meiner Not war das Schreiben dieses Buches eine Art Therapie», sagt sie in einem Interview mit dem WDR.
 
Bereits in den ersten Kapiteln schildert sie, wie sie im November 2020 von den Missbräuchen erfuhr. Darian berichtet zunächst, wie normal ihr Leben davor war. Haus, Ehemann, Kind, ein guter Job. Das Verhältnis zu den zwei Brüdern und den Eltern gut, eine unscheinbare und ganz normale Familie. Bis zum Anruf ihrer Mutter:

Caro, dein Vater ist in Polizeigewahrsam. Er hat mich mit Schlafmitteln und Beruhigungsmitteln betäubt. Er hat ausserdem Männer in unser Haus eingeladen, während ich bewusstlos im Schlafzimmer lag.

Diese Informationen brachen über Darian herein wie ein Tsunami. «Ich drehe durch. Ich schreie, beschimpfe meinen Vater. Ich werde alles kurz und klein schlagen», schreibt sie. 

Der Mut

Auf den folgenden 200 Seiten beschreibt sie, wie immer mehr Details zu den ekelhaften Taten ihres Vaters ans Tageslicht kamen. Schon viele Jahre war die Familie besorgt über den Gesundheitszustand der Mutter. Sie litt unter starker Erschöpfung, hatte Gedächtnislücken und isolierte sich immer mehr. Erst jetzt wurde klar: Schuld daran war die immense Menge an Betäubungsmitteln, die sie von ihrem Mann verabreicht bekam. Ein weiterer Schock für die Familie:

Auf seinem Computer haben die Ermittler Hunderte Dateien von sexuellen Übergriffen auf die Ehefrau gesichtet. Darunter auch zwei Fotos, auf denen die Tochter selbst zu sehen ist. 

Das Buch ist keine leichte Kost. Für die Missbräuche muss Dominique Pelicot 20 Jahre in Haft. Gegen den Täter wird wegen weiterer Anschuldigungen weiterermittelt. 50 mitangeklagte Männer verurteilte das Gericht zu Haftstrafen zwischen 3 und 15 Jahren.
 
Gisèle Pelicot wird in Frankreich und weltweit als feministische Ikone gefeiert. Ihr Mut, den Prozess in die Öffentlichkeit zu ziehen, bestärkt viele Opfer, über sexuellen Missbrauch zu sprechen und ihn anzuzeigen. Zudem hat der Fall Pelicot in Frankreich eine Debatte über das Sexualstrafrecht entfacht. 

Caroline Darian: Und ich werde dich nie wieder Papa nennen. 222 Seiten. Erschienen beim Verlag Kiepenheuer & Witsch. Januar 2025. Preis: ca. 35 Franken.

Frauentag-Agenda: Das läuft am 8. März

ZÜRICH 

Workshop: Was tun gegen ­sexuelle Belästigung? Am 6. März ab 18.30 Uhr bei der Unia Zürich. Anmeldungen über diesen Link.

Demonstration zum «feministischen Kampftag» am 8. März ab 13.30, Treffpunkt Paradeplatz.

BASEL 

Unia-Stand zur Arbeitzeit­verkürzung von 10.00 bis 16.30 Uhr mit Malaktion für Kinder am Barfüsserplatz.

Demonstration zum ­«antipatriarchalen Kampftag» ab 17.00 Uhr, Treffpunkt ­Barfüsserplatz.

BERN 

Unia-Stand zur Arbeitzeit­verkürzung von 10.00 bis 13.00 Uhr auf dem ­Bärenplatz. Ab 14.00 Uhr ­Demonstration, Treffpunkt Schützenmatte.

THUN

Unia-Stand vor dem Coop Bälliz zum Thema Arbeitszeit und Arbeitszeitverkürzung.

BADEN 

Feministische Soliparty ab 21.45 Uhr im Royal Baden unter dem Motto «Marie isch STEIHÄSSIG».

WINTERTHUR 

Demonstration zum «feministischen Kampftag» am 7. März ab 19.00 Uhr, ­Treffpunkt Oberer Graben.

Weitere Aktionen finden in Delémont, Lausanne, ­Lugano, Neuenburg, Luzern und weiteren Städten statt. Alle Unia-Veranstaltungen rund um den 8. März finden Sie unter diesem Link.

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