Elektriker stürzt von Baugerüst
Trauer und Wut nach tödlichem Unfall auf Uno-Baustelle 

Ein Elektriker stürzt von einem Baugerüst am Genfer Palais des Nations und verletzt sich dabei tödlich. Die Unia fordert mehr Sicherheit und weniger Termindruck auf den Schweizer Baustellen.

SCHWEIGEMINUTE: Die Gewerkschafter der Unia Genf und Bau-Büezer ehren ihren verstorbenen Kollegen. (Foto: Olivier Vogelsang / L’Evénement syndical)

Ein Dutzend Gewerkschafter und Bauleute versammelten sich letzte Woche vor dem Genfer Sitz der Uno zu einer Schweigeminute. Sie gedachten eines 55jährigen Elektrikers, der Ende Februar beim Sturz von einem Baugerüst am Palais des Nations tödlich verunfallte. José Sebastião leitet bei der Unia Genf den Sektor Bau. Er sagt: «Wir haben gezögert, diese Versammlung zu organisieren, weil wir das Unglück dieses Mannes und seiner Familie nicht ausnutzen wollten.» Gleichzeitig wolle man das Geschehene nicht einfach akzeptieren. Sebastião sagt:

Es darf nicht sein, dass im Jahr 2025 immer noch Menschen auf Baustellen sterben.

Kein Zugang zur Baustelle

Die genauen Umstände des tödlichen Unfalls werden noch untersucht. José Sebastião sagt: «Wir haben mehrmals versucht, auf diese Baustelle zu gelangen, um die Arbeiter zu treffen, sowohl vor als auch nach dem Drama. Aber man hat uns jedesmal den Eingang versperrt.» José Sebastião ist nicht erstaunt über den Unfall. Er sagt:

In Genf und in der ganzen Schweiz gibt es ein verbreitetes Problem im Baugewerbe, nämlich Stress!

Eine Umfrage der Unia aus dem Jahr 2020 belegt den häufigen Stress auf den Baustellen in der Schweiz. Sebastião sagt: «Durch den ständigen Termindruck werden die Sicherheitsvorschriften nicht immer korrekt angewendet. Es sollte mehr Kontrollen geben.»

Mehr Termindruck, mehr Temporäre

Neben dem Termindruck ist auch die starke Zunahme der Temporärangestellten ein Problem der Branche. Auch der verunfallte Elektriker war in einem Temporärvertrag beschäftigt. Laut den Zahlen des kantonalen Arbeitsinspektorats gab es im Jahr 2023 in Genf rund 1000 fixe Stellen weniger in der Strombranche und etwa gleich viele Temporärangestellte mehr. Joan Gesti Franquesa, Gewerkschaftssekretär der Unia Genf, sagt:

Die Temporärarbeiter sind noch gestresster als die Festangestellten, weil sie ihrem Arbeitgeber gefallen wollen und auf einen festen Vertrag hoffen.

Die Unia fordert, dass die Temporären vor Beginn eines Einsatzes obligatorisch an einer Schulung über Sicherheit auf Baustellen teilnehmen müssen. 

Kürzere Arbeitstage für mehr Sicherheit

José Sebastião sagt, dass die Zahl der Unfälle zwar generell zurückgehe, die Art der Unfälle aber schwerer werde. Stürze gehören laut der nationalen Unfallstatistik zu den häufigsten Ursachen für Arbeitsunfälle. Da auch Müdigkeit zu Unfällen führen kann, fordert die Unia eine Verkürzung der Arbeitszeit, auch in anderen Branchen. Sebastião sagt: «Das wird eine unserer Hauptforderungen bei den Verhandlungen zur Erneuerung des Landesmantelvertrags für das Bauhauptgewerbe sein.» Am 17. Mai findet in Zürich die grosse Baudemo statt, wo kürzere Arbeitstage und mehr Sicherheit für den Bau gefordert werden.

Rückgang der Arbeitsunfälle

In der Statistik der Suva werden für 2024 knapp 180’000 Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten ausgewiesen. Das entspricht einem Rückgang von 3,7 Prozent. Etwas mehr als jeder vierte Verunfallte im Beruf gleitet aus oder ab beim Unfall. Dies ist damit der häufigste Berufsunfallhergang.

*Dieser Artikel wurde zuerst in der französischsprachigen Unia-Zeitung «L’Evénement syndical» veröffentlicht und erscheint hier in einer leicht abgeänderten Version. 

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