Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Kürzlich habe ich einen sehr informativen Workshop über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz besucht, organisiert von der Interessengruppe Frauen der Unia. Ich habe gelernt, dass der Arbeitsgeber die Pflicht hat, die Mitarbeiterinnen zu schützen. Konkret: Der Arbeitgeber sollte alle Mitarbeiterinnen schulen, damit sie bei Vorfällen angemessen reagieren und die Betroffenen unterstützen können.

Die «Schulung» an meinem Arbeitsplatz: ein verstaubter Flyer, irgendwo halb versteckt am Anschlagbrett zwischen den anderen Infos. Auch wir im Verkauf sind den Risiken eines Übergriffs von vielen Seiten ausgesetzt. Sei dies im Team oder bei der Kundschaft. Kommt hinzu: Wir sind vor und nach der Arbeit oft früh am Morgen oder spät am Abend unterwegs. Bei uns hat sich schon eine Kollektion von Pfeffersprays angesammelt, weil der Weg von der Garage bis zum Laden im Dunkeln ziemlich unangenehm ist. Ich kenne viele, die so einen Spray in der Handtasche mitführen, um ein Gefühl der Sicherheit und Kon­trolle zu haben.

Ins Chübeli!

Da der interne Flyer fast nicht sichtbar ist, verteile ich die Infobüchlein der Unia. Und rede. Ich rede und teile auf Instagram wichtige Infos über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Ich kriege Antworten und Erzählungen über schlechte Erfahrungen, die in einer gesunden Gesellschaft nicht sein dürften. Der Austausch ist mir enorm wichtig. Einen schönen Austausch hatte ich auch an diesem Workshop. Eine Kollegin kam zu mir und stellte flüsternd fest: Aber über das Patriarchat hat niemand gesprochen, dieses System ist doch dafür verantwortlich, dass es uns schlechtgeht. Ich musste schmunzeln und versicherte ihr: Das vergessen wir nicht.

Wir haben nun das ganze Jahr vor uns, um weiterhin dagegenzusteuern. Uns sichtbar zu machen. Tabus zu brechen. Weitere Workshops zu organisieren und zu informieren. Wir haben uns! Und das Patriarchat schmeissen wir gemeinsam ins Chübeli. Da musste auch meine Kollegin schmunzeln. Wir schmeissen alles weg, was uns diskriminiert. Wir lassen nicht zu, dass unsere Rechte in einer Ecke verstauben.

Illu: Laura Gonzalez Martinez

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