Der Chauffeur tut’s, die Schneiderinnen tun’s, und der Gipser tut es ebenfalls: arbeiten und Radio hören. Busfahrer Philipp Probst sagt: «Zum Fahren muss man einfach Radio hören.»
MEHR ALS FERNSEHEN. Auch das Radio ist von der No Billag-Initiative betroffen. (Foto: Keystone)
Viele Arbeitsplätze sind ohne Radio nicht denkbar, es wäre zu langweilig und zu still, auch für die Kundschaft. Die beiden Schneiderinnen Salome Leupi und Martina Inniger sagen es so: «Einen ganz stillen Laden betreten, das wäre beklemmend.» So ist denn auch für sie das Radio «total wichtig».
SAUER AUF BIGLER. Gewerbler und Arbeitnehmende hören Radio. Das weiss auch Bierbrauer und CVP-Nationalrat Alois Gmür. Er sagt: «In meinem Betrieb läuft von morgens bis abends im Lager das Radio, die Chauffeure werden auf Staus aufmerksam gemacht und finden so schnellere und günstigere Routen.» Gmür kritisiert deshalb die No-Billag-Initiative und Gewerbeverbandschef Hans-Ulrich Bigler.
In seinem Hassritt gegen die SRG und für No Billag vergaloppiert sich Bigler derart, dass es sogar Medienministerin Doris Leuthard zu viel wurde. Sie wirft ihm Lügen vor und vermutet hinter seinen Auftritten eine «persönliche Fehde». Sauer auf Bigler ist auch Bierbrauer Gmür. Im «Boten der Urschweiz» drohte er sogar damit, aus dem Gewerbeverband auszusteigen. Es stimme nicht, dass die Billag-Gebühren zu wenig gewerbefreundlich seien, so Gmür: «Das ist doch ein reines Gejammer!»
Das sieht auch Andreas Züllig vom Hotel Schweizerhof in Lenzerheide GR so. Er bezahle für sein Hotel exakt 2280 Franken Billag-Gebühren im Jahr. Das sei bei einem Umsatz von zehn Millionen Franken verkraftbar. Schliesslich könnten dafür alle Hotelgäste ein Jahr lang Radio und Fernsehen empfangen. Hotelier Züllig im «Bündner Tagblatt»: «Wer so viele Gäste aus der Schweiz und den Nachbarländern hat wie wir, dem ist es das wert.»
BELIEBTES MEDIUM. Das Geld wert ist Radio SRF auch Dentalhygienikerin Renée Coté. Am 4. März wird sie deshalb Nein stimmen. Ihr Argument: «Ohne die Billag gäbe es ja keine fundierten Informationssendungen mehr, insbesondere auf französisch bliebe dann nicht mehr viel übrig.» Coté hört in der Praxis Radio Swiss Pop, zu Hause RTS 1. Und zwar «oft».
Damit ist sie in bester Gesellschaft: Denn die Schweiz ist ein Radioland. Bei uns kann es das Radio sogar mit dem Internet aufnehmen, wie die NET-Metrix-Base-Studie regelmässig ergibt. Die Daten dieser Studie gelten als offizielle Schweizer «Radiowährung» und werden von der Werbewirtschaft zum Verkauf von Spots eingesetzt. Im zweiten Halbjahr 2017 nutzten 85 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren täglich das Radio, beim Internet waren es 80 Prozent der über 14jährigen Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer. Menschen im Tessin hören durchschnittlich 114 Minuten Radio pro Tag, die Westschweizer 96 Minuten. In allen Landesteilen führen die SRG-Sender das Ranking der beliebtesten an: in der italienischsprachigen Schweiz mit 74 Prozent, in den anderen beiden Landesteilen mit je 64 Prozent Marktanteil.
Das will No Billag
Am 4. März stimmen wir über die No-Billag-Initiative ab. Sie verlangt die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren. Bei einem Ja würden der SRG 75 Prozent der Einnahmen entzogen. Die Verpflichtung zur ausgewogenen Berichterstattung in Radio und TV würde ersatzlos gestrichen. Auch die privaten Radio- und TV-Stationen würden keine öffentlichen Gelder mehr erhalten. Beschwerdemöglichkeiten gegen journalistische Fehlleistungen in Radio- und Fernsehprogrammen gäbe es nicht mehr. Die Konzessionen bekämen diejenigen, die am meisten Geld auf den Tisch legen. Das Sendeangebot spielt dabei keine Rolle.