Der Taxidienst Uber wechselt die Strategie und setzt neu auf Subunternehmer. Drei davon sind jetzt in Genf mit illegalen Praktiken aufgeflogen.
PROTEST: Die Genfer haben genug von den miesen Spielchen bei Uber. (Foto: Keystone)
Löhne von teils unter zehn Franken pro Stunde, weit über 45 Stunden Arbeitszeit pro Woche und Sozialabgabe-Bschiss in sechsstelliger Höhe: Das ist das neue System, nach dem der amerikanische Dumping-Taxidienst Uber in der Schweiz operiert. Jetzt ist es aufgeflogen, nachdem im Dezember rund zwanzig Uber-Fahrer in Genf gestreikt haben – zum ersten Mal in der Schweiz (work berichtete).
NEUE TRICKS
Der Hintergrund: Uber sieht seine Fahrerinnen als «selbständige Partner». Um Kosten zu sparen, weigert sich der US-Gigant, die Fahrer anzustellen oder für sie Sozialabgaben wie AHV oder Pensionskasse zu bezahlen. Nun aber gerät Uber mit diesem Vorgehen immer mehr unter Druck, sagt Roman Künzler, Transportfachmann bei der Unia: «Die Suva und die Schweizer Behörden akzeptieren die Fahrer nicht als Selbständige.»
Also griff das Uber-Management einmal mehr in die Trickkiste: Jetzt arbeitet es mit Schweizer «Partnerfirmen» zusammen. Diese stellen die Fahrer an. Tätig sind sie aber ausschliesslich für Uber. Allerdings zu noch schlechteren Bedingungen als Fahrer, die direkt mit Uber abrechnen.
Drei solche Firmen sind mittlerweile bekannt: Star Limoluxe, Pégase Léman und Diagne Limousine. Alle drei operierten bis vor kurzem in Genf. Und tricksten auch, kritisiert Umberto Bandiera von der Unia Genf: «Mit falschen Angaben haben sie Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen für ihre Angestellten erschlichen.»
Es geht um mehrere Hunderttausend Franken.
Dokumente, die work vorliegen, zeigen: Gegenüber den Behörden gab Pégase Léman einen Monatslohn von 3000 Franken netto an. Faktisch zahlte sie dem Fahrer nur zwischen 500 und 1200 Franken aus. Unia-Mann Bandiera stellt klar: «Bei solchen Dumpinglöhnen hätten die Behörden niemals eine Bewilligung erteilt.» Die drei Firmen wollten zu der Kritik keine Stellung nehmen. Uber wäscht seine Hände in Unschuld. Zu den «Geschäftspraktiken anderer Unternehmen» mache man keine Aussage. Man habe den Partnerfirmen «keine entsprechenden Ratschläge erteilt». Als man darauf aufmerksam wurde, «dass einzelne Unternehmen ihre Fahrer nicht richtig behandelten», habe Uber den Genfer Behörden «sofort unsere Zusammenarbeit angeboten».
ILLEGALE PRAKTIKEN
Zudem zogen die Firmen den Fahrern Beiträge für AHV, Pensionskasse und so weiter ab – meldeten sie aber nicht bei den Sozialversicherungen an. Für Bandiera ist klar: «Das ist illegal. Die haben die Beiträge selber eingesackt und die Fahrer schwarzarbeiten lassen.» Die drei Firmen flogen auf, weil sich die Fahrer wehrten und mit der Unia Kontakt aufnahmen. Aber der Bschiss geht weiter, ist Unia-Mann Bandiera überzeugt. Und nicht nur in Genf, wie ein Brief aus Zürich zeigt, der work ebenfalls vorliegt. Darin preist Uber sein «Flottenpartner-Modell» an, bei dem Uber den Taxifirmen zusätzliche Fahrten vermittelt.
Seit dem Streik im Dezember hat die Unia unter der Führung des Kantons Genf mit Pégase Léman eine Mediation durchgeführt. Immerhin habe die Firma jetzt 30’000 Franken hinterlegt, um die Sozialabgaben nachzubezahlen, sagt Bandiera. «Aber bei den Löhnen, die die Fahrer zugute haben, sind noch viele Fragen offen.» Ganz der Mediation verweigert hat sich Star Limoluxe.
Ein Verfahren vor dem Genfer Büro für kollektive Arbeitsbeziehungen brachte zahlreiche Gesetzesverstösse zutage, aber keine Lösung. Deshalb gehen rund zwanzig Fahrer jetzt vor Arbeitsgericht. Unia-Mann Bandiera unterstützt sie. Insgesamt, sagt er, gehe es um mehrere Hunderttausend Franken.
Bundesgericht Urteil mit Signalwirkung
Taxifahrer, die für eine Zentrale arbeiten, gelten als unselbständig: Dieses Urteil des Bundesgerichts vom November betrifft auch Uber-Fahrer. Zu diesem Schluss kommt der Basler Rechtsprofessor Kurt Pärli.
KLARER FALL. In der Fachzeitschrift «Jusletter» zeigt Pärli: Wie bei einer Taxizentrale werden auch bei Uber Fahrten an die Fahrer vermittelt, diese müssen Weisungen befolgen und treten nicht im eigenen Namen auf. Für Pärli ist deshalb klar: Die Gerichte werden den Entscheid der Suva stützen, wonach Uber-Fahrer unselbständig sind und Uber für sie Sozialabgaben bezahlen muss. Uber weigert sich bisher, dies zu tun. Jetzt muss das Zürcher Sozialversicherungsgericht entscheiden. Ein Urteil wird in den nächsten Monaten erwartet.