Jean Ziegler
Im weiten – mit Kameras, elektronischen Sensoren und Betonmauern geschützten – Areal der Genfer Botschaft Russlands wohnt Aussenminister Sergei Lawrow, wenn im Völkerbundpalast der Uno-Menschenrechtsrat tagt. Dann öffnet sich jeden Morgen, genau 9 Uhr 55, das schwere Eisentor, und acht schwarze, gepanzerte Limousinen fahren vor. Darin sitzen die russischen Diplomaten, Dolmetscher und Leibwächter. Eisentor Nr. 7 im Westflügel des Völkerbundpalasts, wo im Saal der Menschenrechte und der Allianz der Zivilisationen um 10 Uhr jeweils die Sitzung des Menschenrechtsrates beginnt, liegt von der russischen Festung knapp 500 Meter entfernt. Sergei Lawrow geht kein Risiko ein. Tschetschenische Jihadisten könnten überall sein.
UNERTRÄGLICHE TAGE. Es gibt Tage im Leben, die beinahe unerträglich sind. So ein Tag war kürzlich in der Frühlingssession des Uno-Menschenrechtsrates. Paulo Sérgio Pinheiro, der Präsident der Uno-Untersuchungskommission für Syrien, ist ein brasilianischer Jurist von höchster Kompetenz und grossem persönlichem Prestige. Zur Zeit der brasilianischen Militärdiktatur leistete er Widerstand, überlebte und floh nach Paris. In Genf trug er jetzt den fünfzehnten Bericht seiner Kommission vor. Ihre Mitglieder können nicht nach Syrien hinein. Sie befragen Flüchtlinge und Deserteure im Ausland. Und sie sichten die Abhörprotokolle und Satellitenbilder westlicher Geheimdienste. Ihre Aufgabe: die Verbrechen aller Kriegsparteien akribisch zu dokumentieren. Die Berichte der Kommission bringen zwar kein syrisches Kind zum Leben zurück. Aber die Kommission sammelt Beweise, die in naher oder ferner Zukunft der Generalstaatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag brauchen wird, um Kriegsverbrecher anzuklagen.
Die Bomben auf Harasta in Syrien waren in Russland produzierte Splitterbomben.
RUSSISCHE SPLITTERBOMBEN. Auch in seinem jüngsten Bericht dokumentierte Pinheiro schreckliche Verbrechen. Zum Beispiel die mehrfachen Angriffe auf Harasta und andere Städte und Dörfer in der Ghouta-Region. Syrische Artillerie und russische Flugzeuge beschossen sie mit Gasgranaten und Splitterbomben. Hunderte starben unter fürchterlichen Qualen.
Auf Pinheiro folgt Lawrow. Im eleganten dunkelblauen Massanzug tritt er ans Mikrophon – ein mit sich selbst sichtlich zufriedener Mann. Er nimmt Pinheiros Bericht auseinander. Sein Fazit: «Alles Lügen!» Aber Lawrow hat Pech. Die Bomben auf Harasta waren in Russland produzierte Splitterbomben. Syrische Milizionäre hatten Reste der Geschosse in die Türkei – und zu Pinheiro – geschmuggelt. Wo ist Hoffnung? Das russische Veto lähmt die Uno. Nur der entschlossene Druck der Weltöffentlichkeit kann den Verbrechern in Syrien, darunter Putin und Lawrow, das Handwerk legen.
Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Sein neuestes Buch, «Der schmale Grat der Hoffnung», ist
im März 2017 auf deutsch erschienen.
Sehr geehrter Herr Ziegler,
selbst wenn die Informationen über die russischen Splitterbomben zuträfen, gilt immer noch das Verdikt des Internationalen Militärgerichtshofs Nürnberg:
„Die Entfesselung eines Angriffskrieges ist daher nicht nur ein internationales Verbrechen; es ist das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft.“
Dieses „ultimative Verbrechen“ (Hans-Peter Kaul, Völkerrechtler und ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof) von 2011 hat nicht Russland begangen.
Es darf offenbar nicht sein, dass der mehrfach durch Wahlen legitimierte Assad die Kontrolle über sein geschundenes Land zurückgewinnt.
Dann werden die von allen möglichen (auch) westlichen Kreisen – u.a. mit Waffen – genährten „syrischen Milizionäre“ mit ihrem Schein-Wissen ins Spiel gebracht.
Mein Rat als Konfliktforscher: Alle nicht von der Regierung ins Land gerufenen Kräfte ziehen sich aus Syrien zurück. Dann braucht es nach kurzer Zeit auch keine russische Unterstützung mehr.
Macht sich jemand ernsthaft Gedanken darüber, was passiert (wäre), wenn Assad gestürzt worden wäre?
Jean Ziegler ist keine Ausnahme unter den veteranen Kämpfern für soziale Gerechtigkeit und Frieden. Seine Generation scheint nicht mehr in der Lage zu sein die Entwicklung des Imperialismus zu folgen. Alle diese von uns einst bewunderten Intellektuellen haben seit dem 11. September 2001 versagt: Noam Chomsky, Samir Amin, Jean Ziegler und viele andere. Mit ihrer Akzeptanz der 9/11-Lügen, haben sie den Weg zur heutigen Katastrophe geebnet.
Dieser Ziegler-Text macht nur noch traurig. Wenn selbst solche Menschen der westlichen Propaganda auf den Leim gehen, kann man eigentlich die aufklärungsarbeit beenden. Lieber Jean Ziegler, was ist denn los? Warum fallen Sie uns denn in den Rücken? Albrecht Müller
Da haben also „syrische Milizionäre“ (?) Herrn Pinheiro Reste von russischen Geschossen geliefert. Und somit die Schlussfolgerung: Also muss die russische Luftwaffe diese in Syrien abgeschossen haben. Mit dieser Art von „Beweisführung“ versucht man, der Weltöffentlichkeit seit Kriegsbeginn die US-Syrien-Saga einzutrichtern. Gemäss der zwingenden Logik: Wenn in Syrien Giftgas eingesetzt wird, dann ist immer Assad der Täter, denn Assad hat Giftgas. Es ist erstaunlich, dass selbst unabhängig denkende Leute, zu denen Jean Ziegler einst gehörte, nicht wahrnehmen, dass hier etwas faul ist. Und zwar so faul, dass es zum Himmel stinkt. Empfehlung an Ziegler: Er sollte sich mit den 40 Whistleblowers vom CIA und den anderen 16 US-Geheimdiensten in Verbindung setzen, die kontinuierlich aufdecken, wie in Washington die Falschinformation fabriziert wird. Link: Veteran Intelligence Professionels for Sanity.
Mein Kommentar zu zwei aktuellen Ereignissen:
„Zur Verhaftung eines spanischen Regionalpolitikers wegen eines Tatbestandes, der aus der Franco-Zeit stammt und den es im BRD-Strafrecht gar nicht gibt, wurde bereits alles gesagt bzw. geschrieben. Deshalb ein Wort zur – falsch verstandenen – „Bündnistreue“ der BRD-Spitze mit dem schlimmsten aller Kriegstreiber und inzwischen auch eindeutig grössten Massenmörder, den USA, sowie dessen engstem Handlanger, dem United Kingdom, und dessen derzeit besonders schwachsinnigen Spitzenpolitikern, der aus vermutlich sexueller Frustration extrem aggressiven Mrs. MAY und dem dumm-dreisten Witzbold Johnson: Wer sich sooo masslos mit unserem wichtigsten und mächtigsten Nachbarn, Russland, anlegt, OHNE dafür den geringsten Beweis vorzulegen, kann gewiss nicht bei Sinnen – sondern höchstens noch Vasallen-POLITIKER sein! Alleine dieses Kriterium erfüllen die EU-Politiker noch, die sich der sachgrundlosen Aggression gegen Russland und dessen herausragendem „Staatsmann“ Präsident Putin angeschlossen und russische Diplomaten ausgewiesen haben! Von derart degenerierten Polit-Krüppeln sollte sich jedes VOLK schnellstmöglich befreien, das den unvermeidlichen Konflikt mit den angelsächsischen Turbokapitalisten und Kriegstreibern überleben will!
Ziegler mag Russen nicht
Jean Ziegler bleibt dabei: Wenn es um die kopfabschneidenden „Rebellen“ in Syrien geht, steht er fest auf der Seite der US-Imperialisten (Lawrows Pech, Work 29.03.2018). Als Linker prangert er immer wacker die Verbrechen des CH-Sekundärimerialismus an. Die Russen, die die Kreise der Primärimperialisten stören, mag er jedoch gar nicht. So hat Putin verhindert, dass mit Assads Sturz ein weiterer Staat im Nahen-Osten komplett zerstört wird. Wenn nun die Briten in der Skripal Affäre mit hysterischen Ausfällen gegen Russland auftreten, darf Ziegler nicht abseits stehen.
Ich habe Herrn Ziegler bisher als einen höchst achtbaren Kritiker der herrschenden UNSOZIALEN VERHÄLTNISSE angesehen und seine diesbezüglichen Urteile und Verurteilungen stehts für angemessen gehalten. Dass er ausgerechnet auf die Kriegstreiber in Washington und deren Fremdenlegionäre z.B. in London und Syrien hereinfällt, konnte ich mir bisher nicht vorstellen. Denn selbst wer Russland und/oder den mit Abstand derzeit einzigen „Staatsmann“ PUTIN weshalb auch immer nicht mag, kann die vereinigte westliche Polit-Verbrecher- und Mörderbande nicht gut finden und deren tabula rasa-Politik gegenüber muslimischen Ländern in der näheren und weiteren Umgebung des eindeutigen Apartheid-Staates ISRAEL goutieren! Sollte Herr Ziegler DAS aber wirklich tun, dann hat er „bei mir ausgespielt“!