Nachtarbeit:
Muss man nachts um drei Uhr Schweinehälften zerlegen?

2007 wollte die Migros in ihrem Schlachtbetrieb Micarna in Courtepin FR Dauernachtschicht einführen. Die Unia legte Beschwerde ein – und gewann.

SCHWEINEREI: Die Fleisch­produktion ist kein Grund für Nacht­­­arbeit. (Foto: ZVG)

Nachts um drei Schweinehälften zerlegen sei keineswegs dringlich, befand das Bundesgericht. Der Fall war eine Zäsur. Allzu sorglos hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) dem Druck der Wirtschaft nachgegeben und belastende Nachtarbeit bewilligt. Nach dem Fall Micarna präzisierte das Seco die Bestimmungen.

Dennoch gibt es immer wieder zweifelhafte Bewilligungen. Etwa jene bei Froneri (ex-Frisco) in Rorschach/Goldach SG. Dort baute Nestlé letztes Jahr 55 Arbeitsplätze ab und legte die Produktion von Findus-Plätzli und Mövenpick-Glace zusammen. Seither wird im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Schädliche Nachtarbeit hat sich in den letzten 15 Jahren ausgebreitet, obwohl sie grundsätzlich verboten ist. Heute arbeiten jeden Tag fast 600 000 Leute oft oder regelmässig auch nach 23 Uhr. Seit Jahren fordert der Gewerkschaftsbund deshalb, dass Nachtarbeit durch eine restriktive Bewilligungspraxis begrenzt werde.

HERZPROBLEME. Stress, Burnout, Schlafstörungen, Herzprobleme, Erschöpfung, Angst und Depression wegen der sozialen Isolation sind die Folgen von häufiger Arbeit in der Nacht. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Arbeitsmedizin warnt. Präsident Klaus Stadtmüller sagt: «Der Mensch ist ein tagaktives und soziales Wesen, da spielt die Tageszeit der Belastung und der Ruhezeit eine wichtige Rolle.»

Dieser Warnruf ist gerade jetzt wichtig, da Bürgerliche im Parlament zum ­Angriff aufs Arbeitsgesetz blasen. Mit den Initiativen von Karin Keller-Sutter (FDP) und Konrad Graber (CVP) wollen sie Überstunden, Nachtschichten und Gratisarbeit en masse ermög­lichen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat Widerstand angekündigt und zusammen mit Partnern das Bündnis gegen Burnout und Gratisarbeit lanciert.

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