Der ökologische Rückstand der Schweiz wird nicht kleiner, sondern grösser, weil die EU vorwärtsmacht. Sie setzt die Autoindustrie unter CO2-Druck. Die neue Umweltministerin Simonetta Sommaruga lamentiert nur, ganz im Gegensatz zum SVP-Polteri und Fuhrhalter Ueli Giezendanner.
GAS GEBEN MIT GAS: Der Scania-Flüssiggasantrieb kommt ohne weitere Treibstoffe aus. Das heisst konkret: 0 Prozent Diesel, 55 Prozent weniger Stickoxide, 50 Prozent weniger Lärm
und 15 Prozent weniger CO2. (Foto: Scania)
Auf dem Papier sieht immer alles gut aus. Gestern galt: Der Diesel verbrennt Sprit effizienter als ein Benziner. Und die Umweltprobleme habe man im Griff. Aufgrund der Akten der Staatsanwaltschaft im norddeutschen Braunschweig steht fest: Während Jahren arbeiteten Mercedes, BMW und Volkswagen hintenrum zusammen. Nicht, um ihre Motoren zu verbessern, sondern, um gemeinsam den Staat sowie die Autokäuferinnen und Autokäufer zu bescheissen. Ein Audi-Manager brachte es intern so auf den Punkt: «Meine Einschätzung: Ganz ohne Bescheissen werden wir es nicht schaffen.» In den Papieren der Autokonzerne stand: «Keineswegs der Behörde zeigen.»
In den USA musste VW wegen dieses Dieselskandals finanziell massiv bluten. In Deutschland und auch in der Schweiz muss die Autoindustrie die Dieselautos hingegen nicht einmal mit Katalysatoren nachrüsten. Obwohl dies zu vernünftigen Preisen möglich wäre. Vielleicht wird jetzt die EU – im Gegensatz zu Deutschland und der Schweiz – diesem Diesel-Gangster-Kartell eine Milliardenbusse aufbrummen. Wäre immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
AUSGERECHNET GIEZENDANNER! Folgendes müsste uns zu denken geben: Die Grünen waren 1992 gegen den EWR. Aus Umweltgründen. Ruedi Strahm hatte damals in einem Buch den Untergang der ach so umweltfreundlichen Schweiz an die Wand gemalt. Eingetreten ist genau das Gegenteil: Die EU verlangt von der Autoindustrie eine schnelle Reduktion des CO2-Ausstosses und wird die Diesel-Gangster büssen.
Wer die Interviews der neu zuständigen Bundesrätin liest, realisiert unschwer: Der ökologische Rückstand der Schweiz wird nicht kleiner, sondern grösser. Simonetta Sommaruga lamentiert über die Mamis und Papis, die mit ihren SUV-Säufern die Gofen in den Städten umherfahren.
Umgekehrt kündigt Ueli Giezendanner in der «Schweizer Illustrierten» (SI) an: Die Zukunft «ist für mich ganz klar der Wasserstoffmotor. Die Ressource Wasser haben wir, und man kann dafür auch gebrauchtes Wasser nehmen. Ich bin überzeugt, die Giezendanner-LKW der Zukunft werden in zehn Jahren mehrheitlich wasserstoffbetrieben sein.»
Die SI ist keine Schrittmacherin des ökologischen Umbaus. Das Gegenteil ist richtiger. Und SI-Stammgast Ueli Giezendanner ist ein rechter Polteri, er kam von der Autopartei und löste sich in der SVP auf. Setzten sich Batterien oder Wasserstofflastwagen durch? Machen wir kein Büro auf: Giezendanner ist bereit, innert 10 Jahren seine Flotte umzurüsten. Zusammen mit Transporteur Schöni, auf dessen Lastwagen sinnigerweise die Werbung «Yes we can» prangt.
PLANUNGSSICHERHEIT. Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) ist in Sachen alpenquerender Transitverkehr eine einmalige Erfolgsgeschichte: Dank der LSVA verkehren auf unseren Strassen weniger Lastwagen, als wenn wir bei der 28-Tonnen-Beschränkung geblieben wären, wie dies Rudolf Strahm und Christoph Blocher forderten. Mit den Einnahmen aus der LSVA wird schwergewichtig die Bahninfrastruktur ausgebaut.
Fuhrhalter wie Schöni und Giezendanner brauchen Planungssicherheit. Damit sie ihre Lastwagen wirklich schnell auf neue, erneuerbare Energien umstellen, müsste ihnen Simonetta Sommaruga versprechen, dass sie bis ins Jahr 2030 einen Viertel weniger LSVA zahlen müssten.
Links zum Thema:
- schoeni.ch
Die Schönis haben 22 neue Scania-Laster angeschafft, die mit Flüssiggas angetrieben werden. Ein Schritt in die richtige Richtung. Chapeau! Sie werden auf jeden umweltfreundlichen Zug aufspringen, der sich rechnet. Die Politik, genauer Umweltministerin Simonetta Sommaruga, muss nur die Rahmenbedingungen richtig stellen.
- rebrand.ly/tesla-semi
Bisher waren die Amerikaner auf russische Raketen angewiesen, um ihre Raumstation ISS zu versorgen. Neu versorgt Elon Musk mit eigenen Raketen die Raumstation. Und will noch dieses Jahr einen sparsamen Elektro-SUV für Mamis und Papis auf den Markt bringen. 2019 soll der Tesla Semi-Truck folgen, der mit einer 1000-kWh-Batterie eine Reichweite von 800 Kilometern aufweisen soll. Und nur 300’000 Franken kosten soll. Mit etwas Verspätung ist zu rechnen. Aber Schöni und Giezendanner werden aufspringen, wenn die neue Bundesrätin die Weichen richtig stellt.
- rebrand.ly/lsva
Diese Broschüre des Bundes erklärt, wie die LSVA funktioniert. Wer in der Verkehrspolitik mitdenken und -reden will, sollte sie studieren.