500 Angestellte wissen nicht, ob sie im April noch Lohn erhalten.
Modekette Yendi am Abgrund

In den Yendi-Läden tauchen Betreibungsbeamte auf, neue Ware gibt’s keine mehr. Doch die Chefs hüllen sich in Schweigen.

Nicht alles Gold, was glänzt: Im Normalfall gibt’s in den Yendi-Läden, wie hier bei einer Filiale in Zürich, regelmässig neue Kleider. Das hat sich geändert. (Foto: Mario Burger)

Andrea Bauer (Name geändert), Verkäuferin in einer Yendi-Filiale im Kanton Zürich, hat Angst: «Niemand sagt uns, was los ist.» Yendi steckt offensichtlich in Schwierigkeiten. Normalerweise bekommt die Filiale dreimal pro Woche neue Kleider geliefert. Bauer: «Aber seit gut einem Monat kommt gar nichts mehr.» Ein Teil der Ware im Laden, etwa die Schuhe oder die Accessoires, stammen noch von der Winterkollektion.

DER BLAUE BRIEF

Dazu kommen Kündigungen im mittleren Kader. Urim Dakaj von der Unia Zürich-Schaffhausen hat die Infos aus seiner Region zusammengetragen: Verkaufsleiter, Regionalleiterinnen und Stilberaterinnen haben kürzlich den blauen Brief erhalten. Dakaj: «Sogar die Personalabteilung für die Deutschschweiz wurde geschlossen.» Kein Wunder, sei das Verkaufspersonal extrem verunsichert: «Sie machen sich Sorgen um ihre Zukunft.»

«Am schlimmsten ist die Ungewissheit.»

Zuletzt informierte Yendi die Mitarbeitenden Anfang Jahr. Schon damals klang es dramatisch: «Die Direktion arbeitet an allen Fronten, um die Lösung zu fi nden, sei dies durch eine Übernahme oder durch eine Partnerschaft.» Seither herrscht Funkstille. Verkäuferin Andrea Bauer: «Wir rechnen jeden Moment damit, dass der Konkursbeamte aufkreuzt.» Die Märzlöhne hat die Belegschaft noch erhalten. «Aber wir befürchten, dass für den April kein Geld mehr vorhanden ist.» Am schlimmsten sei die Ungewissheit, so Bauer: «Wenn wir wüssten, es geht Ende April zu Ende, könnten wir uns drauf einstellen. Aber so?»

SCHULDEN ÜBER SCHULDEN

Auch der Yendi-Filiale in der Berner Altstadt sieht man den fehlenden Nachschub an: An den Kleiderständern im Laden ist viel Platz. Eine der beiden Verkäuferinnen spricht von «Lieferproblemen». Man dürfte aber dem Journalisten keine Auskunft geben, unterbricht sie ihre Kollegin und verweist an die Firmenzentrale. Doch auch dort gibt es keine Antworten auf die ausführlichen Fragen von work.

Klärung bringt ein Auszug aus dem Betreibungsregister von Yendi, der work vorliegt. Er listet bis Ende März elf offene Forderungen auf. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf fast 300 000 Franken. Die Freiburger Zeitung «La Liberté» zitiert einen Gläubiger: Yendi schulde ihm mehrere Monatsmieten.

Und auch die Berichte von verschiedenen Yendi-Angestellten zeichnen ein düsteres Bild:

  • Eine Mitarbeiterin im Zentrallager ist seit Mitte Februar von der Arbeit freigestellt, weil es keine Ware mehr zum Verteilen gibt.
  • Das Shoppingcenter Fribourg Centre kündigte den beiden Yendi-Shops den Mietvertrag. Grund: Man wolle keine halbleeren Läden.
  • In mindestens zwei Filialen in der Deutschschweiz ordnete letzte Woche das Betreibungsamt an, ein Inventar zu erstellen.

Die Unia forderte Yendi auf, transparent zu informieren und einen Sozialplan auszuarbeiten. Der Druck hat gewirkt, berichtet Arnaud Bouverat, Detailhandelsexperte bei der Unia: «Wir haben für nächste Woche ein erstes Treffen abgemacht.» work bleibt dran.

SYSTEM YENDI: JUNG, BILLIG, VERSCHWIEGEN

Der Aufstieg war zuletzt steil: 1976 in Bulle FR gegründet, wuchs Yendi bis zur Jahrtausendwende auf 13 Läden. Letztes Jahr waren es dann schon 110, mit rund 500 Beschäftigten. Die Modekette spezialisierte sich auf billige Kleider für junge Frauen.

KONKURRENZ. Genau darin sieht Arnaud Bouverat, Unia-Detailhandelsexpere, einen möglichen Grund für die jetzige Krise: «Die Konkurrenz durch den Onlinehandel trifft dieses Segment am stärksten.» Yendi kommentiert seine aktuelle Situation nicht. Das passt zum verschwiegenen Unternehmen: Auch Umsatz- oder Gewinnzahlen gibt es nicht bekannt.

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