Leben Sie im Konkubinat? Haben Sie vielleicht auch Kinder? Dann müssen Sie vieles selber regeln, was für Ehepaare durch Gesetze bestimmt ist. Zum Beispiel die gegenseitige Vorsorge.
LIEBE IST… Glücklich zusammenleben geht auch ohne Eheversprechen. Liebe ist, sich dennoch gegenseitig finanziell bestmöglich abzusichern. (Foto: iStock)
«Heiraten, bloss nicht!» Das haben immerhin 20 Prozent aller gemischtgeschlechtlichen Paare in der Schweiz für ihr Zusammenleben entschieden. Weil sie die Heirat mit lebenslangem Treueversprechen als einen Akt scheinheiliger Bürgerlichkeit empfinden. Weil sie schon einmal verheiratet waren und die Nase gestrichen voll haben von den Zwängen dieser Lebensform. Weil sie beide gut verdienen und nicht freiwillig mehr Steuern bezahlen wollen (die bekannte «Heiratsstrafe»). Vielleicht aber auch, weil die Frau den «Gender Pension Gap» in der Schweiz vermeiden möchte, also die statistisch verbürgte Tatsache, dass die verheirateten Frauen in der Schweiz die vergleichsweise schmalsten Altersrenten beziehen (siehe work vom 15. März 2019).
Tatsache ist aber auch: Die Vorsorgewerke der Schweiz sind nach wie vor auf die Ehe als Lebensform im Erwachsenenalter ausgerichtet. Wer ohne Trauschein zusammenlebt und nichts aus eigener Initiative unternimmt, muss damit rechnen, dass der Partner oder die Partnerin leer ausgeht, falls dem andern etwas zustösst. So sieht das bei den drei Säulen der Vorsorge aus:
Viele Pensionskassen anerkennen uneheliche Partnerschaften.
DIE AHV
Die AHV ist die erste und älteste Säule der Schweizer Vorsorge. Das merkt man ihr auch an: Sie ist ganz auf Paare ausgerichtet, die jung heiraten, der Mann ein Leben lang arbeitet, die Frau Kinder aufzieht und die beiden danach gemeinsam alt werden. Deshalb erhält die Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes zwar eine lebenslange Witwenrente, wenn sie mindestens 45jährig ist, die Ehe mindestens 5 Jahre gedauert und das Paar Kinder hat. Der Mann erhält immerhin so lange eine Witwerrente, bis die Kinder 18 Jahre alt sind. Erreichen beide das Pensionsalter, bezieht das Ehepaar eine gemeinsame Rente, die höchstens das Eineinhalbfache der Maximalrente von zurzeit 2370 Franken beträgt (also 3555 Franken). Hier fahren Konkubinatspaare zwar unter Umständen besser: Haben sie beide ein Leben lang gut verdient, kann ihre Altersrente je 2370 Franken – total also 4740 Franken – betragen. Stirbt aber ein Partner vorzeitig, gibt’s für den andern gar nichts. Ein Nachteil, der auch durch Konkubinatsverträge oder Begünstigungserklärungen nicht korrigierbar ist. Umso wichtiger, dass Sie die Möglichkeiten in der zweiten und dritten Säule prüfen und nutzen!
SPIELRAUM BEIM BVG
Zwar enthält das Gesetz zur beruflichen Vorsorge (BVG) keine zwingende Bestimmung, wonach an Konkubinatspartner eine Hinterbliebenenrente auszuzahlen sei. Jedoch sehen viele Kassen in ihren Reglementen solche Renten vor. Sie knüpfen sie aber an Bedingungen: Zum Beispiel, dass die überlebende Partnerin für ein gemeinsames Kind aufkommt. Oder dass sie finanziell von der verstorbenen Person abhängig war, weil sie den gemeinsamen Haushalt besorgte. Oder dass die Beziehung mindestens 5 Jahre gedauert hatte. Und meistens muss die Beziehung und der Rentenanspruch der Kasse noch zu Lebenszeiten mitgeteilt worden sein. Also sollten Sie unbedingt das Reglement Ihrer Pensionskasse studieren oder nachfragen und dann Ihre Partnerschaft sofort schriftlich anmelden und bestätigen lassen.
Aktiv werden sollten Sie auch, wenn Vorsorgegeld aus der zweiten Säule auf einem Freizügigkeitskonto liegt. Sie können Ihren Konkubinatspartner oder die Partnerin als Begünstigten oder Begünstigte bestimmen, müssen dies aber der Freizügigkeitseinrichtung schriftlich mitteilen.
Eingetragene Partnerschaft
Gleichgeschlechtliche Paare können seit 2007 ihre Partnerschaft eintragen lassen und haben dann vor dem Gesetz gleiche Rechte auf Renten wie Eheleute. Mit einer Ausnahme: Eine hinterlassene Partnerin erhält nur dann eine Rente, wenn sie Kinder unter 18 Jahren hat, während eine Ehefrau auch dann rentenberechtigt ist, wenn sie über 45 ist und mindestens 5 Jahre verheiratet war.
Und zur Klarstellung: Gemischtgeschlechtliche Paare können keine eingetragene Partnerschaft eingehen – sie müssen ihr Zusammenleben mit individuellen Verträgen regeln. Oder heiraten.
WER ERBT?
Hinterlässt eine Partnerin im Todesfall Vermögen, gilt dieses als Erbe, das unter den erbberechtigten Nachkommen verteilt wird. Mit einem Testament können Sie deren Anteil aufs Minimum (den Pflichtteil) reduzieren und den Rest dem Konkubinatspartner vermachen. Allerdings müssen Sie auf dieses Erbe je nach Kanton Steuern bis zu 30 Prozent bezahlen. Speziell begünstigen lässt sich der Partner oder die Partnerin bei Guthaben aus der Säule 3 a. Dabei müssen allerdings in etwa die gleichen Anforderungen erfüllt sein wie bei einer Begünstigung des Konkubinatspartners im BVG (siehe oben). Das Guthaben wird dann an den Partner ausbezahlt, zählt aber dennoch zum Erbe. Einfacher wird es mit einer Lebensversicherung in der freien Vorsorge (Säule 3 a). Die begünstigte Person darf hier frei gewählt werden und erhält das Kapital ausserhalb des Erbrechts ausbezahlt.
UND DIE KINDER?
Ob Ihre Eltern verheiratet sind oder nicht, macht für Kinder beim Tod eines Elternteils zunächst keinen finanziellen Unterschied: Ihr Anrecht auf Waisenrenten in der AHV, in der obligatorischen Berufsunfallversicherung und im BVG bleibt gleich. Ausserdem fällt ihnen ein Erbe mindestens in Höhe des Pflichtteils zu. Darüber hinaus hängt die finanzielle Situation der Kinder aber davon ab, wie gut der überlebende Elternteil gestellt ist. Ein weiterer guter Grund für Konkubinatspartner, ihre gegenseitige Vorsorge beizeiten zu regeln.
Konkubinat Am besten mit Vertrag
Solange die Schmetterlinge im Bauch flattern, denkt niemand gern ans Geld, und schon gar nicht will man sich die Stimmung trüben lassen durch Fragen, wer denn was bezahle und was für Regeln gelten, wenn jemandem etwas zustösst oder die Beziehung auseinandergeht. Trotzdem und erst recht: über Regeln und Finanzen spricht man am besten in guten Zeiten. Und hält das Besprochene auch fest. Solange die Beziehung kinderlos ist, geht es in einem Konkubinatsvertrag vor allem darum, gegenseitig das persönliche Eigentum abzugrenzen und festzulegen, wer sich in welchem Umfang an den Miet- und Haushaltskosten beteiligt. Auch die Möglichkeiten, sich in der Vorsorge gegenseitig zu begünstigen, gilt es frühzeitig zu nutzen (siehe oben).
GERECHTE RENTEN. Sobald gemeinsame Kinder hinzukommen, gebietet es die Fairness, auch zu regeln, wie der Elternteil, der die Kinder hauptsächlich betreut, für den Verzicht auf Erwerbseinkommen angemessen entschädigt wird. So kann der Partner, der voll berufstätig bleibt, dem andern eine Ausgleichszahlung als Entgelt für die entstehende Vorsorgelücke zusprechen. Auch sollten die Erziehungsgutschriften, die zugunsten der späteren Altersrente auf dem AHV-Konto verbucht werden, vollumfänglich jenem Elternteil zugute kommen, der sein Pensum reduziert oder die Kinderbetreuung gänzlich übernimmt. Zu melden ist dies der zuständigen Ausgleichskasse.
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