Nun ist es amtlich: Dank der Einführung der flankierenden Massnahmen (FlaM) und der Personenfreizügigkeit gibt es heute weniger Lohndumping. Das zeigt eine Auswertung der offiziellen Schweizer Lohnstatistiken. Unter dem früheren fremdenpolizeilichen Kontingentssystem verdiente ein Kurzaufenthalter für die gleiche Arbeit rund 13,6 Prozent weniger als Lohnabhängige mit Schweizer Wohnsitz (Schweizerinnen und Schweizer sowie Niedergelassene). Bei den Grenzgängerinnen und Grenzgängern waren es rund 7,2 Prozent. Heute haben Kurzaufenthalterinnen und -aufenthalter und in der Schweiz Wohnende im Durchschnitt den gleichen Lohn – obwohl es natürlich auch heute immer wieder Dumpingfälle gibt. Bei den Grenzgängerinnen und Grenzgängern sind es im Mittel noch rund 4,5 Prozent weniger.
(Quelle: 2002 bis 2016 Seco Observatoriumsbericht 2019. *1996: De Coulon, A., et al. (2003): Analyse der Lohnunterschiede zwischen der ausländischen und der schweizerischen Bevölkerung. In: Wicker, H.-R., et al. (Hg.): Migration und die Schweiz, Seismo, Zürich.)
KONTROLLEN HELFEN. Dahinter stehen vor allem zwei Ursachen. Dank den FlaM kontrollieren die Arbeitsmarktinspektoren heute rund 180’000 Löhne pro Jahr. Bei Lohnverstössen werden die Arbeitgeber aufgefordert, die Löhne anzupassen, und sie werden gebüsst. Gleichzeitig brachte die Personenfreizügigkeit den Arbeitnehmenden aus der EU mehr Rechte. Sie können sich besser gegen Missbräuche wehren. Unter dem menschenunwürdigen Saisonnierstatut war der Druck gross, Missbräuche stillschweigend hinzunehmen. Denn wer sich wehrte, wurde in der nächsten Saison nicht mehr angestellt. Dadurch stand auch späterer Familiennachzug oder die Jahresaufenthaltsbewilligung auf dem Spiel. Positiv ist auch, dass die Jahresaufenthalte neu für fünf Jahre vergeben werden. Im alten System waren diese nur ein Jahr gültig. Dementsprechend waren auch die Arbeitsverträge befristet. Viele Betroffene lebten in Sorge, dass sie Stelle und Aufenthalt zusammen verlieren könnten.
Personenfreizügigkeit und flankierende Massnahmen zusammen sind ein Fortschritt. Die Berufstätigen ohne Schweizer Pass leben sicherer und können sich besser wehren. Davon profitieren auch die Schweizerinnen und Schweizer. Denn wenn wir Missbräuche und Dumping bei den Ausländerinnen und Ausländern nicht bekämpfen, schlagen sie irgendwann auf den ganzen Arbeitsmarkt durch.
Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).