Die Sparmodelle der Krankenkassen werden immer beliebter. Zwar sind sie mit Einschränkungen in der Arztwahl verbunden. Dafür sinken die Prämien – um 5 bis 25 Prozent, je nach Modell und Kasse.
NICHT SO BITTER, DIESE PILLE: Sparmodelle der Krankenkasse schränken zwar Ihre Wahlmöglichkeiten ein, aber nicht die Versicherungsleistung. (Foto: Shutterstock)
«Diese Schmerzen im Kreuz», seufzt Lisa, «die wollen einfach nicht abklingen.» Und nachdem auch das Schmieren und Salben nicht geholfen hat, will Lisa jetzt zu ihrer Hausärztin. Oder soll es der Chiropraktiker sein? Der Neurologe? Kollege Bruno empfiehlt Lisa seine Orthopädin: «Die hat mir tipptopp geholfen.»
Lisa hat die Wahl. Denn sie ist im klassischen Modell der Grundversicherung nach Gesetz (KVG) krankenversichert, mit der tiefstmöglichen Franchise von 300 Franken sowie freier Arztwahl. Dafür bezahlt sie monatlich eine Prämie von 470 Franken. Kann aber selber entscheiden, ob sie zuerst zum Hausarzt oder gleich zur Spezialistin geht. «Viel Geld!» findet Lisa, «da leiste ich mir jetzt mal diesen Orthopäden!»
Lisa wählt bei jeder Erkrankung selbst, an welche Ärztinnen oder Ärzte sie sich wendet – und zählt damit zur Minderheit der Krankenversicherten in der Schweiz. Über die Hälfte sind nämlich in einem Modell mit eingeschränkter Arztwahl versichert und sparen damit bei der Prämie.
Das HMO-Modell hat im Durchschnitt den grössten Spareffekt.
DOKTOR GATEKEEPER
Drei Hauptmodelle sind zu unterscheiden: Hausarzt, HMO und Telmed. Allen gemeinsam ist, dass am Anfang jedes Krankheitsfalls eine von der Krankenkasse bestimmte Stelle zu konsultieren ist, die über die weitere Behandlung entscheidet oder mindestens konkrete Empfehlungen ausspricht. Man nennt das das «Gatekeeper»- oder Pförtner-Prinzip.
- Das Hausarztmodell: In diesem Modell steht am Anfang jedes neuen Krankheitsfalls der Besuch bei der Hausärztin. Sie entscheidet, ob sie die Krankheit vorerst selber behandelt oder ob sich Spezialisten oder gleich das Spital darum kümmern sollten. Wichtig in diesem Modell ist die vertrauensvolle Beziehung zum gewählten Hausarzt, aber auch, dass er bei Bedarf innert nützlicher Frist einen Termin für Sie hat. Achtung: Ihre Krankenkasse arbeitet vielleicht mit Ihrem jetzigen Hausarzt gar nicht zusammen. Dann müssten Sie für dieses Modell den Arzt oder die Kasse wechseln. Die Verpflichtung, stets zuerst die Hausärztin aufzusuchen, bedeutet zwar eine Einschränkung, hat aber den Vorteil, dass diese Ihre Krankengeschichte kennt. Das macht je nach akuter Erkrankung auch mal umständliche Tests und Untersuchungen unnötig. Nach Berechnung des Vergleichsportals Moneyland.ch liegt die Prämienersparnis beim Hausarztmodell im Mittel aller Krankenkassen bei 13 Prozent.
- Das HMO-Modell: HMO steht für «Health Maintenance Organization», also für eine Organisation zur Erhaltung der Gesundheit. Dabei handelt es sich um eine Gruppenpraxis, in der neben Ärzten oft auch Pflegefachkräfte und Therapeutinnen tätig sind. Mit dem Hausarzt- hat das HMO-Modell gemeinsam, dass Sie im Fall einer Erkrankung immer zuerst diese Praxis aufsuchen müssen, die nach der Erstvisite alle weiteren Behandlungsschritte koordiniert. 2019 haben aber nur etwa ein Drittel der Krankenkassen das HMO-Modell angeboten, und meist nur in städtischen Gebieten. Gemäss Moneyland.ch beträgt die Prämienersparnis hier durchschnittlich 16 Prozent.
- Das Telmed-Modell: Von diesem Modell bestehen je nach Kasse unterschiedlichste Varianten. Gemeinsam ist ihnen allen: Vor jeder Konsultation, deren Kosten die Kasse tragen soll, müssen Sie sich telefonisch bei der medizinischen Hotline melden und Ihre Symptome schildern. Je nach Vertragsbedingungen der Krankenkasse ist die Empfehlung der beratenden Fachkraft verbindlich oder hat nur ratgebenden Charakter. Im Unterschied zum Hausarztmodell wechselt Ihre Ansprechperson, je nachdem wer im Callcenter gerade Dienst hat; jedoch greifen alle beratenden Personen auf Ihre individuelle Krankenakte zu, haben also das gleiche Basiswissen über Ihre Gesundheit. Durchschnittlich sparen Sie mit diesem Modell 14 Prämienprozente gegenüber dem Standardmodell.
Der Leistungskatalog des KVG gilt auch für alle Sparmodelle.
NOTFÄLLE AUSGENOMMEN
Stellen Sie sich vor, Sie fallen die Treppe herunter, Ihr linker Fuss schmerzt höllisch und schwillt an: Da müssen Sie jetzt noch das Telmed-Center kontaktieren? Aber nein: Notfälle sind von der Konsultationspflicht in allen drei Modellen ausgenommen. Sie können also gleich das Taxi bestellen und ins nächste Notfallzentrum fahren. Ebenso wie Notfälle sind gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen beim Augenarzt ohne Einschränkungen möglich, je nach Modell gelten auch für Kinderarztbesuche freiere Regeln. Und selbstverständlich müssen sich die Kassen auch bei den Sparmodellen an den Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung halten: Das Recht auf Versicherungsleistungen nach diesem Katalog darf auf keinen Fall gekürzt werden.
WECHSEL AUCH UNTERM JAHR
Bei den meisten Kassen müssen Sie nicht den Jahreswechsel abwarten, um vom klassischen Prämienmodell in eine Sparvariante zu wechseln, sondern können diesen Entscheid oft schon für den nächsten Monat fällen – natürlich nur, wenn Sie dabei Ihrer jetzigen Kasse treu bleiben. So hat es übrigens auch Lisa gemacht. Nachdem der Orthopäde sie erfolgreich behandelt hatte, erzählte sie der Hausärztin beim nächsten Besuch davon. Die sagte: «Weisst du, Lisa, ich wäre genau so vorgegangen wie der Orthopäde, da hätte es den Spezialisten nicht gebraucht. Und den weiten Weg in die Hauptstadt hättest du dir auch erspart. Den Facharzt hätte ich nur beigezogen, wenn der Fall in seinen Händen besser aufgehoben gewesen wäre.» Lisa hat daraufhin nachgedacht. Über ihre Prämie. Und über ihr Budget. Jetzt ist sie im Hausarztmodell versichert und spart rund 800 Franken Prämie im Jahr. Bisher ohne Reue.
Franchise wechseln
Ihre Kostenbeteiligung bei Krankheit besteht aus 10 Prozent der Behandlungskosten plus einem jährlichen Selbstbehalt, der Franchise. Diese beträgt für Erwachsene mindestens 300 Franken (keine Franchise für Kinder). Erhöhen Sie die Franchise, sinkt Ihre Prämie um bis zu 1540 Franken pro Jahr. Generell lohnt sich das über die Jahre am ehesten, wenn Sie die höchste Franchise wählen, solange Sie jung und gesund sind und nur selten zum Arzt gehen. Im Vergleichsportal swupp.ch (siehe «Prämien online vergleichen») wird Ihnen der Spareffekt der Franchise angezeigt.
Kassenwechsel Prämien online vergleichen
Demnächst ist es wieder so weit: Gegen Ende September publiziert das Bundesamt für Gesundheit die Krankenkassenprämien 2020. Ab dann sind aktuelle Vergleiche möglich, und das auf verschiedenen Onlineportalen. Das sind die vier besten:
DIREKT VOM BUND. Unter www.priminfo.admin.ch bietet das Bundesamt für Gesundheit selbst einen Vergleichsrechner. Topseriös, werbefrei, schnell und hinreichend übersichtlich, mit Direktlinks zu allen Anbietern und knochentrockenen, aber korrekten Informationen über Gesetze und Regeln.
DIE MARKTFÜHRER. Nach ähnlichem Rezept funktionieren die kommerziellen Vergleichsportale www.comparis.ch und www.moneyland.ch. Beide sind refinanziert durch Werbeschaltungen und erhalten von den Firmen, die in den Vergleichen enthalten sind, Geld für Offertanfragen und Abschlüsse, die über ihr Portal zustande kommen. Dennoch: Ihre Vergleiche sind vollständig, objektiv und nutzerfreundlich aufbereitet. Im redaktionellen Teil finden sich zahlreiche beratende Beiträge, auch zur Krankenversicherung.
KLEIN UND FEIN. Der Vergleichsrechner www.swupp.ch ist das Werk des Mathematikers Asgard John, der sich zum Ziel gemacht hat, den einfachsten Rechner der Schweiz ins Netz zu stellen. Das ist ihm gut gelungen: Swupp erlaubt objektive und schnelle Prämienvergleiche ohne Firlefanz, ist sehr übersichtlich und zeigt bei jeder Prämie an, welche Franchise die vorteilhafteste ist.
Für den Wechsel der Krankenkasse (Grundversicherung) auf Anfang 2020 muss die Kündigung bei Ihrer jetzigen Kasse spätestens am 30. November 2019 eintreffen. Beizeiten Prämien vergleichen – dann bleibt genügend Zeit für einen guten Entscheid!