Die hohen Krankenkassenprämien belasten unsere Haushaltsbudgets extrem, das wissen vor allem jene, die eine Familie mit Kindern durchbringen müssen. Bei einem mittleren Einkommen müssen Familien in den meisten Kantonen sogar mehr für die Krankenkasse aufwenden als für alle Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern zusammen. Das gilt zum Beispiel für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 125’000 Franken. Dies entspricht einem steuerbaren Einkommen von etwa 87’000 Franken. Das ist in der Schweiz ziemlich genau das mittlere Haushaltseinkommen einer Familie dieser Grösse. Im Schweizer Durchschnitt zahlt sie pro Jahr 11 200 Franken Krankenkasse und 10’900 Franken Steuern. Dies beinhaltet nur den obligatorischen Teil der Krankenkassenprämie, ohne Zusatzversicherung. Bei diesem Einkommen gibt es auch keinen Anspruch auf Prämienverbilligung.
(Quellen: BfS, Einkommens- und Vermögenssteuern der natürlichen Personen, 2018; BAG, Prämienregionen 2020.)
Nur in einigen Kantonen mit relativ hohen Steuern wie im Kanton Bern oder im Jura sind die Steuern höher als die Krankenkassenprämie. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind nicht nur bei der Steuerbelastung, sondern auch bei den Krankenkassenprämien hoch. So bezahlt etwa in Basel-Stadt eine Familie 70 Prozent mehr Prämie als im Kanton Uri.
EXTREME UNGLEICHHEIT. Da oft Kantone mit einer relativ hohen Steuerbelastung auch hohe Krankenkassenprämien haben, ergibt dies enorme Unterschiede. Die Gesamtbelastung ist für die gleiche Familie in Neuenburg fast zweieinhalb Mal so gross wie in Zug. Oder in Bern rund 50 Prozent höher als im Kanton Schwyz. Der Grundsatz in Artikel 8 der Bundesverfassung – «alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich» – gilt offensichtlich weder für das Steuergesetz noch für das Krankenversicherungsgesetz. Der hohe Anteil der Krankenkassenprämien und die Unterschiede zwischen den Kantonen sind auch die Gründe dafür, dass unser Steuersystem nur eine geringe Umverteilungswirkung zwischen Arm und Reich hat. Es ist Zeit, dies zu ändern. Mit einer wirksamen Steuerharmonisierung oder der Krankenkasseninitiative der SP. Diese will die Prämienbelastung auf 10 Prozent des steuerbaren Einkommens begrenzen.
Hans Baumann ist Ökonom und Publizist.