Klimawandel, digitaler Kapitalismus und Fake News: Das sind die Hauptthemen am zweiten «Reclaim Democracy»-Kongress. Er dauert drei Tage und bietet alles – und noch viel mehr.
KONGRESS: In 5 Plenarveranstaltungen und über 50 Ateliers diskutieren geladene Gäste und alle Interessierten über die Zukunft der Demokratie. (Foto: ZVG)
«Es gibt keine Alternative», predigte einst die britische Premierministerin Margaret Thatcher: «There is no alternative», TINA! Und meinte damit: es gibt keine Alternative zur neoliberalen Wirtschaftspolitik. TATA! entgegnete darauf die französische Politikwissenschafterin Susan George und postulierte, «there are thousands of alternatives» – es gibt tausend Alternativen! Schon längst haben das Bewegungen wie die Klimajugend und die feministische Bewegung erkannt und treten ein für alternative Wirtschaftsformen, für einen Systemwandel.
Und genau darum geht es am zweiten Reclaim-Democracy-Kongress des linken Denknetzes in Zürich: «Ohne einen grundlegenden Wandel bleibt Klimaschutz zweitrangig, bleibt Care-Arbeit marginalisiert und Gendergerechtigkeit eine Illusion, nehmen soziale Ungleichheiten zu und werden diskriminierende Haltungen immer wieder neu befeuert», meint die Kongress-Programmgruppe. Und wartet auch dieses Jahr mit einem dreitägigen Veranstaltungsmarathon auf (5 Plenarveranstaltungen und über 50 Ateliers). Die thematischen Schwerpunkte: Klimawandel, digitaler Kapitalismus und Fake News. Dabei kommen auch gewerkschaftspolitische Fragen zur Sprache: etwa die nach den Gewerkschaften und der Klimapolitik oder nach den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Service public und die Weiterbildungsmöglichkeiten.
Getragen wird der Kongress von 51 Organisationen, darunter auch die Unia. Denknetz-Geschäftsführer Beat Ringger sagt: «Wir wagen nach dem ersten, erfolgreichen Kongress von 2017 nochmals das Experiment, eine Plattform für linken Ideenaustausch zu schaffen.»
Demokratie ist die Basis für globale Gerechtigkeit.
SOLIDARISCHE ENTWICKLUNG
Die Demokratie zurückgewinnen («Reclaim democracy»): Das will der Denknetz-Kongress. Denn Demokratie ist die Basis für globale Gerechtigkeit und solidarische Entwicklung. Ringger: «Das Klimaproblem, die sozialen Verwerfungen oder die kapitalistische Standortkonkurrenz müssen wir unbedingt unter dem Begriff Demokratie diskutieren.» Denn: Deregulierung, Privatisierung, globale Steuersenkungswettläufe und internationale Handelsabkommen lassen den Einfluss demokratischer Entscheide schrumpfen. Stattdessen bestimmen globale Konzerne und eine schmale globale Klasse von Superreichen und Mächtigen die politische Agenda. Beispiel Glencore: Der weltweit grösste Rohstoffhändler und Bergbaukonzern mit Sitz in Zug erhöhte 2019 seine Öl- und Kohleförderung. Um plus 8 Prozent bei der Kohle und um plus 19 Prozent beim Erdöl. Und dies just in dem Jahr, in dem in Brasilien und Australien Jahrhundertbrände wüteten und das als eines der wärmsten in die Weltgeschichte eingeht. Doch das ist Glencore egal. Was für die Konzerne zählt, ist der kurzfristige Profit.
DIE ZUKUNFT GEHÖRT UNS
Der Denknetz-Kongress will neben der Demokratie jetzt drum auch die Zukunft zurückerobern. Ringger sagt: «Wir wollen einen Weg finden, wie Bewegungen, NGO, Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien mehr Macht entfalten und den Systemwandel voranbringen können.» Genau diesem Grossthema ist die abschliessende Plenarveranstaltung gewidmet, an der unter anderen Nina Schulz von Greenpeace, Gewerkschafterin und Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber oder SP-Nationalrat Cédric Wermuth auftreten. Weitere Gäste sind die preisgekrönte Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji, der Amazon-Kampagnenleiter bei der deutschen Gewerkschaft Verdi, Orhan Akman, SGB-Chefökonom Daniel Lampart, Unia-Ökonom Beat Baumann und, per Video: die Globalisierungskritikerin und Verfechterin des Green New Deal, Naomi Klein.
Eine Veranstaltung ist der irakischen Jugendbewegung und ihrer säkularen Revolution gewidmet. Dort auftreten werden die irakische Schauspielerin und Aktivistin Zahraa Ghandour. Sie spielte eine der Hauptrollen in Filmemacher Samirs neustem Streifen, «Baghdad in my shadow» (siehe auch das grosse work-Interview mit Samir über den Irak).
Reclaim-Democracy-Kongress: 27. bis 29. Februar 2020, Rote Fabrik Zürich.
Der Kongress wird vom Denknetz Schweiz in Kooperation mit 51 Partnerorganisationen ausgerichtet. Dreitagespass im Vorverkauf zu CHF 100.–/80.–/40.– erhältlich.
Programm: www.reclaim-democracy.org.