Katrin Bärtschi ist Briefträgerin in Bern und Gewerkschafterin.
Eigentlich interessiert sich die Briefträgerin schon lange nicht mehr für die Ein- und Ausfälle des blondierten Grossmauls in Übersee. Wozu auch? Wer überhaupt mag seinen Fürzen noch lauschen? Sein Postmanöver gab der Briefträgerin dennoch kurz zu denken: Um die Möglichkeiten der brieflichen Wahl zu verkleinern, die ihm im November die Niederlage bringen könnten, drohte er kurzerhand, der Post den Finanzhahn zuzudrehen.
«Me weiss ja, wie s gmeint isch.»
NIEDLICH. Im schweizerischen Politsystem kann kein einzelner Mann per Handstreich den Service public zertrümmern. Zum Glück! Die hiesigen «Probleme» bei der brieflichen Abstimmung nehmen sich im Vergleich niedlich aus.
Vor Jahren erkundigte sich die Briefträgerin einmal bei einem Vorgesetzten, was eigentlich mit spät eintrudelndem ausgefülltem Stimmmaterial geschehe. Im Prinzip gelten die Regeln des A- und B-Post-Versands, erfuhr sie. Wobei es damals wie heute heisst, dass die Post nach Möglichkeit alle Sendungen, die am Abstimmungssamstag eintreffen – also auch B-Post –, ins Postfach der Gemeinde befördert. Eine kleine Recherche bei der Sortierung im Innendienst bestätigte, dass in dieser Angelegenheit innerhalb der üblichen Abläufe ein Spielraum besteht, den die Sortiererinnen und Sortierer nützen können.
SPIELRAUM. Viele Abstimmende stecken ihren Stimmrechtsausweis verkehrt herum ins Rücksendecouvert und adressieren dieses damit ungewollt an sich selbst. Statt ans Stimmregisterbüro. Früher kam das häufiger vor als heute. Denn diesen Fehler machen die meisten nur einmal. Bisher stellte die Briefträgerin solche Sendungen widerwillig, aber einer einst erhaltenen Weisung folgend, an die Adresse im Sichtfenster zu. Nun berichtete der Kollege vom Innendienst, dass er auch Briefe, in deren Fenster – wie oben beschrieben – die «falsche» Adresse steht, in die Sammelkiste fürs Postfach der Gemeinde wirft. «Me weiss ja, wie s gmeint isch.» Stimmt genau! So will’s die Briefträgerin von nun auch auch halten.