Coronakrise hin oder her: vielen Branchen geht es gut bis sehr gut. Eine Lohnerhöhung liegt also drin.
(Quelle: SGB / Foto: Keystone)
Überall nur Wirtschaftskrise? Mitnichten! Die Corona-Pandemie hat zwar manche Zweige hart getroffen. So den Tourismus, die Gastronomie oder das Eventgeschäft. Doch viele andere Branchen haben sich schnell erholt und machen wieder Gewinne. Sektoren wie Pharma, Nahrungsmittel oder Banken spürten gar keinen Rückgang. Neueste Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Betriebe den aktuellen Geschäftsgang sogar als gut bezeichnet. Und noch nicht lange ist es her, dass die Unternehmen mehr als einen zweistelligen Milliardenbetrag an Dividenden ausschütteten. Deshalb fordert Gewerkschaftsbunds-Chef Pierre-Yves Maillard jetzt: «Die Löhne müssen vor den Dividenden kommen.»
«Die Löhne müssen vor den Dividenden kommen.»
GROSSER NACHHOLBEDARF
Mit Blick auf den Lohnherbst lässt Maillard das Krisenargument nicht länger gelten. Damit hätten die Unternehmer viel zu lange längst nötige Lohnerhöhungen bekämpft. Jetzt fordern die Gewerkschaften 100 Franken mehr pro Monat oder bis zu 2 Prozent für Branchen, die es sich leisten können.
Wo Kurzarbeit verhängt wurde, sollen die Arbeitnehmenden zu 100 statt bloss 80 Prozent entschädigt werden. Und der 13. Monatslohn müsse auch in Coronazeiten gesichert sein. Die Unia hat wie jedes Jahr ihre Lohnforderungen nach Branchen spezifiziert (siehe Box). Die Zahlen zeigen, dass die Saläre der Arbeitnehmenden in den letzten Jahren stagnierten. Erst 2019 gab es wieder einen leichten Reallohnanstieg. Dabei brummt die Wirtschaft schon länger. Zwischen 2017 und 2019 wuchs das Bruttoinlandprodukt um 5,9 Prozent. Das Nachsehen hatten vor allem die langjährigen älteren Mitarbeitenden. Ihre Reallöhne sanken gar, insbesondere im Detailhandel und in Teilen der Industrie. Aber auch bei denen, die eine Reallohnverbesserung hatten, frassen steigende Krankenkassenprämien und sinkende Renten der Pensionskassen das Mehr im Portemonnaie gleich wieder auf.
Daniel Lampart, Chefökomom des SGB, macht klar: «Wir haben einen grossen Nachholbedarf. Mehr Lohn ist möglich und nötig.» Das sei auch volkswirtschaftlich richtig, denn die Schweiz habe ein Kaufkraftproblem. Lampart verweist auf die Hauptbetroffenen der Krise, nämlich die Berufstätigen mit tiefen Löhnen, etwa im Gastgewerbe. Sie erhalten bei Kurzarbeit nur 80 Prozent ihres ohnehin tiefen Lohns, bei Arbeitslosigkeit noch weniger. Lampart: «Lohnerhöhungen sind deshalb für die angeschlagene Binnenkonjunktur besonders wichtig.»
CORONA-PRÄMIE
Véronique Polito, Mitglied der Unia-Geschäftsleitung, sieht insbesondere jene Branchen in der Pflicht, deren Mitarbeitende in der Coronakrise unter beträchtlichen Risiken unabdingbare Arbeit für die Grundversorgung geleistet haben – von den Verkäuferinnen über die Logistikangestellten bis zu den Pflegerinnen und Pflegern. Polito: «Diese Arbeit machen vorwiegend schlechtbezahlte Frauen. Es ist jetzt Zeit, ihre Löhne auf ein anständiges Niveau anzuheben.» Polito hält überdies eine Corona-Prämie für angebracht. Vom Applaus allein könne man nicht leben. Mit einer Prämie von mindestens 2000 Franken soll das Risiko und das ausserordentliche Engagement während der Pandemie abgegolten werden.
Dem schliesst sich auch der VPOD an. Er fordert 2 Prozent mehr Lohn für die Mitarbeitenden in den Spitälern, Heimen und Gesundheitseinrichtungen sowie in den Kitas.
Lohnerhöhungen: Das fordert die Unia
- Bauhauptgewerbe: 100 Franken generell, bezahlte Pausen
- Gewerbe: 100 Franken generell
- Industrie: 100 Franken für alle
- Detailhandel: Mindestlohn von 4000 Franken (mal 13), Prämie von mindestens einem
halben Monatslohn für Angestellte in Food und Onlinehandel
- Logistik:100 Franken plus Prämie von mindestens 2000 Franken
- Personalverleih: 150 Franken auf Mindestlöhne