Meinrad Peier ist heute weitgehend vergessen. Dabei gehörte er einst zu den engagiertesten Künstlern in der Schweiz.
POLITISCHER KOMMENTATOR: Ein undatierter Holzschnitt von Meinrad Peier zeigt den Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels. (Foto: Kunstmuseum Olten)
Er legte keinen Wert aufs Rampenlicht. Und Ausstellungen ausserhalb des Kantons Solothurn interessierten ihn wenig. Am wohlsten war es ihm im Bauerndorf Lostorf, wo er als Primarlehrer arbeitete. Ist das der Grund, weshalb der Holz- und Linolschneider Meinrad Peier ziemlich unbekannt blieb? Das Kunstmuseum Olten holt ihn jetzt aus der Vergessenheit. Direktorin Dorothee Messmer erzählt: «Wir haben vom Sohn den gesamten Nachlass erhalten und arbeiten ihn jetzt auf.» Da wurde ein veritabler Schatz gehoben. Denn Peier zählt aus heutiger Sicht zu den bedeutendsten Linolschneidern der Schweiz.
Peier war in der Kultur der Arbeiterbewegung verwurzelt.
DAS TROMMELNDE SKELETT
Peier war in der Kultur der Arbeiterbewegung verwurzelt: Er wanderte mit den Naturfreunden, war Vorturner im Satus-Turnverein, sang im Arbeiter-Männerchor mit und setzte sich in der Gewerkschaft für die Arbeiterbildung ein. In seiner Kunst gab er seinem politischen Engagement Ausdruck. Zum Beispiel dem Antifaschismus. So denunzierte er die Naziführer Goebbels und Göring als Hetzer und Kriegstreiber. In eindrücklichen Holzschnitten führte er die Schrecken des Zweiten Weltkriegs vor Augen. Da trommelt ein Skelett mit Offiziershut unverdrossen unter rauchenden Kanonen zur Front. 1941 stellte er in einem Linolschnitt eine Frau und ihr Kind dar – beide tragen Gasmasken. «Ist das noch Zivilisation?» scheint Peier zu fragen. In wuchtigen Schnitten zeigt er oft auch den werktätigen Menschen in Fabriken und auf dem Bau.
Peiers Arbeiten erschienen während zwanzig Jahren in der Samstagsausgabe der sozialdemokratischen Zeitung «Das Volk», die später «Solothurner AZ» hiess. Die Texte in Gedichtform dazu lieferte meistens der SP-Regierungs- und -Ständerat Gottfried Klaus, mit dem er befreundet war. Die beiden bildeten ein kongeniales Paar, das die linke Kultur im Solothurnischen lange Zeit prägte. Peier hatte aber auch andere, beschauliche Seiten. Viele Holzschnitte zeigen Stillleben, Sonnenblumen, Dorfansichten, Szenen aus dem bäuerlichen Leben oder idyllische Naturlandschaften. Peier wusste, was die einfachen Leute gerne in die Stube hängen wollten. Er respektierte ihren Geschmack und ihr Bedürfnis nach Eintracht und Harmonie.
STILLER KÜNSTLER
«Die Holzschneider sind die Stillsten unter den Künstlern», sagt der Kunstkritiker Peter Killer. Das passt zu Meinrad Peier. Er schuf sein Werk ohne grosses Brimborium, wollte es lieber für sich sprechen lassen, als sich selber zu inszenieren. Diese innere Qualität überzeugt noch heute. Dass wir ihn heute überhaupt in dieser Breite sehen können, ist auch einigen aufmerksamen jungen Linken zu verdanken. Sie verhinderten einst, dass die Genossenschaftsdruckerei Olten die Drucke achtlos wegwarf.
Ausstellung im Kunstmuseum Olten bis 8. November. Zusätzlich zu Peier sind Holzschnitte von Alois Lichtsteiner, Scarlet Mara, Josef Felix Müller und Selina Zürrer zu sehen. Am 27. Oktober referieren Peter Killer und der Historiker Peter Heim über Meinrad Peier. www.kunstmuseumolten.ch