Lohndumping, Stress und täglich Gratisarbeit beim Päcklidienst DPD: Und wo bleibt die Aufsichtsbehörde Postcom?
MIESE BEDINGUNGEN BEI DPD. Schuld daran sind auch die Behörden. (Foto: Keystone)
Drei Stunden Gratisarbeit pro Tag, überladene und klapprige Fahrzeuge, gesetzeswidrige Lohnabzüge: Vor zwei Wochen machte die Unia haarsträubende Zustände beim Päcklidienst DPD publik (work berichtete hier). Mit einem System aus Subunternehmen versucht der internationale Päcklidienst, sich vor seiner Verantwortung zu drücken, anstatt branchenübliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Obwohl er laut Postgesetz dazu verpflichtet wäre.
Die haarsträubenden Verhältnisse haben deshalb auch mit dem Versagen der Post-Kontrollbehörde Postcom zu tun. Denn obwohl es schon 2017 Meldungen über Ungereimtheiten bei der Nummer zwei im Schweizer Paketmarkt gibt, finden sich in den Postcom-Jahresberichten keinerlei Hinweise auf eine Kontrolle. Geschweige denn auf eine Busse, wie sie die Postcom laut Gesetz aussprechen dürfte. Das müsse sich ändern, sagt jetzt SGB-Chef Pierre-Yves Maillard: «DPD umgeht seit Jahren die geltenden Regeln. Da muss die Postcom endlich genau hinschauen!»
ANTWORTEN. In einer Interpellation, die Maillard in der Frühlingssession des Nationalrates eingereicht hat, will der oberste Gewerkschafter der Schweiz konkrete Antworten vom Bundesrat. Etwa auf folgenden Punkt: «Das Erfassen der Arbeitszeit ist eine gesetzliche Vorgabe. Wie erklärt der Bundesrat, dass DPD bzw. ihre Subunternehmen diese Vorgabe missachten, ohne dafür sanktioniert zu werden?»
Nach zwanzig Jahren Deregulierung des Postmarktes, so Maillard, sei die Bilanz «katastrophal». Das Verteilen von Paketen bedinge hohe Investitionen, etwa in Fahrzeuge und Sortieranlagen. «Die einzige Variable, mit der eine Firma die Kosten senken und den Profit steigern kann, sind die Löhne und die Arbeitsbedingungen.»
GRIFFIG. Für Maillard ist auch politisch klar: Es wäre besser gewesen, das Postmonopol in der öffentlichen Hand zu belassen. «Aber wenn man es schon zerschlägt, dann braucht es im Minimum eine starke Aufsicht mit griffigen Kontrollen vor Ort. Davon sind wir mit der Postcom und den kantonalen Arbeitsinspektoraten noch weit entfernt.»
DPD: Konzern drückt sich weiter
Für einige Fahrerinnen und Fahrer trägt die Auseinandersetzung mit DPD erste Früchte. Laut Roman Künzler, Branchenleiter Logistik bei der Unia, haben zahlreiche Subunternehmen jetzt begonnen, endlich die Arbeitszeit zu erfassen: «Viele Fahrerinnen und Fahrer haben jetzt deutlich kürzere Arbeitstage.»
INAKZEPTABEL: Allerdings wursteltjedes Subunternehmen für sich – und längst nicht alle agierten dabei korrekt, so Künzler. Auch für die Tausende unbezahlten Arbeitsstunden aus der Vergangenheit sei keine Lösung in Sicht. Das Problem, so Künzler: «DPD versucht weiterhin, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das ist inakzeptabel!» Zwar gibt es unterdessen erste Kontakte zwischen der Unia und dem DPD-Management. Aber bis Redaktionsschluss noch keine konkrete Zusage für Verhandlungen.