Haarsträubende Zustände beim Päcklidienst DPD: Jetzt reagiert auch die Postaufsicht Postcom.
SKANDAL: Die Mitarbeitenden der DPD-Subunternehmen haben überlange Arbeitstage, miese Löhne und gefährlich überladene Fahrzeuge. (Foto: Shutterstock)
Überlange Arbeitstage, miese Löhne und gefährlich überladene Fahrzeuge: Das deckte die Unia im Februar dieses Jahres beim Päcklidienst DPD auf (rebrand.ly/dpd-report). Der 35seitige Report zeigt auch auf, wie die Nummer 2 im Schweizer Postmarkt ihre Fahrerinnen und Fahrer nicht direkt anstellt, sondern alle via Subunternehmen. Auf diese schiebt die DPD denn auch die ganze Verantwortung ab.
Dieses System ruft jetzt die Postaufsicht Postcom auf den Plan. Sie stellt im Postmarkt einen «verstärkten Trend zum Auslagern an Subunternehmen» fest. Und will hier im laufenden Jahr ihre Kontrollen verschärfen. Denn es bestehe die Gefahr von schlechten Arbeitsbedingungen, so die Kontrollbehörde.
Auch Ikea kündigt Kontrollen bei DPD und ihren Subunternehmen an.
FRIST BIS SEPTEMBER
Die Postcom hat sogar bereits interveniert, wie sie weiter bekanntgibt. Sie habe bei «einer Anbieterin» Unregelmässigkeiten in den Subunternehmerverträgen festgestellt. Die fehlbare Firma muss bis September die Verträge neu abschliessen. Handelt es sich dabei um die DPD?
Die Postcom nennt keine Namen. Doch für Roman Künzler von der Unia deutet viel darauf hin: «Denn wir haben die Postcom ausführlich dokumentiert und sie aufgefordert, bei DPD genau hinzuschauen.» In der Tat schreibt die Aufsichtsbehörde, sie habe «Informationen erhalten, die auf Verstösse in diesem Bereich hinweisen».
Vor diesem Hintergrund erscheint eine Aussage, die der Schweiz-Chef von DPD, Tilmann Schultze, am 9. Mai in der «NZZ am Sonntag» gemacht hat, wenig glaubwürdig. Schultze behauptete, eine Kontrolle durch die Postcom habe «keine groben Verletzungen festgestellt». Die Postcom sprach die erwähnte Massnahme aber bereits am 6. Mai aus.
Lügt Schultze also? Von work darauf angesprochen, meint eine Firmensprecherin nur: «DPD unterstützt die verstärkten Kontrollen der Postcom und steht mit ihr in regelmässigem Austausch.» Ein Dementi ist das nicht.
DRUCK STEIGT
Die verstärkten Kontrollen der Postaufsicht freuen SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard. Hat er sie doch gefordert und im März im Nationalrat eine Interpellation dazu gemacht (work berichtete). Maillard sagt: «Die gewerkschaftliche Arbeit hat also etwas bewegt.» Aber am Ziel sei man noch lange nicht – «erst, wenn sich die Arbeitsbedingungen wirklich verbessert haben».
Immerhin: Der Druck auf die DPD steigt. Auch jener ihrer Kundinnen und Kunden. So will die Nosag in Dintikon AG, die Haltegriffe und Hocker für Duschen produziert, ihre Ware nicht länger mit der DPD verschicken. Chef Armin Zeder teilte work mit, er sei «geschockt» über die Zustände bei DPD (work berichtete).
Und auch die Möbelgigantin Ikea reagiert. Sie stellt in Aussicht, bei DPD und ihren Subunternehmen «Kontrollen vorzunehmen, um uns selber ein Bild von den Arbeitsbedingungen zu machen». Kein Wunder, muss die DPD da und dort jetzt auch korrigieren (siehe unten).
DPD korrigiert – ein bisschen Mini-Schritte
Erfreuliche Nachrichten aus den DPD-Depots in Möhlin AG und Buchs ZH: Dort können neu immer mehr Fahrer ihre Arbeitszeit erfassen, wie es das Gesetz vorschreibt. In Möhlin können die Fahrer zudem etwas später anfangen: «erst» zwischen 6 und 7 Uhr morgens statt wie vorher um 5.
NUR PUNKTUELL. Der Druck der Öffentlichkeit beginnt also zu wirken. In den anderen zehn Depots hat die Unia aber noch keinerlei Verbesserungen festgestellt. Das kritisiert Unia-Mann Roman Künzler: «Mit so punktuellen Veränderungen wird es die DPD nie schaffen, schon nur die Gesetze überall einzuhalten.» Eine tragfähige Lösung gebe es nur durch Verhandlungen mit den Fahrerinnen und Fahrern.