Unia-Studie: So schamlos bereichern sich Roche, UBS & Co.
Gegen den Lohnklau ist selbst Corona machtlos

Die Pandemie ver­ursacht Kosten in Milliardenhöhe. Trotzdem machen Schweizer Konzerne munter weiter mit der Abzockerei.

UNRÜHMLICHE LISTE: Diese Männer haben 2020 trotz Corona tüchtig abgesahnt. (Montage: work)

Ernüchternd: In den grossen Konzernen der Schweiz zocken Management und Besitzende weiter ab wie gewohnt. Als hätte es nie ein Coronavirus mit Milliardenschäden gegeben. Die Unia kann dies in ihrer neuen Lohnschere-Studie von Ökonomin Noémie Zurlinden glasklar belegen. Diese analysiert jedes Jahr die Löhne und Dividendenzahlungen in 37 Schweizer Konzernen, wovon 33 an der Börse kotiert sind. Corona hat nicht nur praktisch nichts an Lohnklau und Abzockerei geändert, sondern sogar die Ungleichheit zwischen Kapital und Arbeit noch verschärft. Hier die wichtigsten Zahlen:

  • 2020 kassierten die Aktionärinnen und Aktionäre der analysierten Unternehmen insgesamt 60,6 Milliarden Franken, gleich viel wie im Vorjahr. Das Geld stammt aus Dividenden und Aktienrückkäufen. Bei den Dividenden ging letztes Jahr sogar noch 5 Prozent mehr Geld als im Vorjahr an die Besitzenden.
  • Die tiefe Kluft zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen hat sich nicht wesentlich verringert. Das Verhältnis liegt bei 1 : 137 (im Vorjahr 1 : 148). Spitzenreiter beim Lohnklau in der Teppichetage ist erneut der Basler Pharmakonzern Roche mit CEO Severin Schwan an der Spitze. Er streicht den höchsten Jahreslohn der Schweiz ein, 14,6 Millionen Franken. Das ist mehr als eine Million Franken pro Monat.
  • Die Kapitalseite beansprucht den Löwenanteil des erwirtschafteten Reichtums für sich, daran hat sich nichts geändert. Nur 32 Prozent der Wertschöpfung gingen an die Angestellten, 68 Prozent hingegen an Management und Aktionariat.

Am extremsten ist der Lohnklau bei der Ems-Chemie.

Am extremsten ist der Lohnklau nach wie vor bei der Ems-Chemie, im Besitz der Familie Blocher. Hier streicht das Aktionariat 69 Prozent ein. Das sind 468 Millionen Franken. Das meiste davon geht an die Familie Blocher, weil sie fast 71 Prozent am Chemieunternehmen hält. So garnieren die drei Blocher-Töchter Magdalena Martullo sowie Miriam und Rahel Blocher, die formell die Hauptbesitzerinnen sind, insgesamt 331,8 Millionen Franken. Das ist mehr als alle Löhne der Ems-Chemie-Mitarbeitenden zusammen. In drei weiteren Unternehmen herrschen ähnlich extreme Verhältnisse: beim Finanzkonzern Partners Group aus Zug sowie beim Rückversicherer Swiss Re und beim Nahrungsmittelmulti Nestlé. Auch in diesen Firmen fliesst mehr Geld an die Besitzenden als Löhne an die Arbeitnehmenden.

ACH DU LIEBER SCHWAN!

An der Spitze der meistkassierenden Manager – allesamt Männer – steht weiterhin Roche-Chef Severin Schwan, ihm folgt Ex-UBS-Mann Sergio Ermotti. Dann folgen Nestlé-Chef Ulf Mark Schneider und Novartis-CEO Vasant Narasimhan. Alle vier streichen einen Jahreslohn von über 10 Millionen Franken ein. An fünfter Stelle liegt Björn Rosen­gren von ABB. Auf seinem Lohnkonto liegen 9,1 Millionen Franken. Gleichzeitig sind Tieflöhne in den analysierten Konzernen verbreitet. Bei der Hälfte von ihnen liegt der tiefste Lohn unter 4000 Franken pro Monat. Das reicht kaum zum Leben.

Skandalöserweise haben etliche der untersuchten Unternehmen während der Pandemie noch Kurzarbeitsentschädigung bezogen, also Staatshilfe für die Löhne. Dies ermöglichte ihnen, die hohen Gewinne zu halten oder sogar noch markant zu steigern. So bei der Migros, wie die Unia-Studie vorrechnet: Der orange Riese erhielt letztes Jahr 71 Millionen Franken Kurzarbeitsentschädigung, gleichzeitig steigerte er den Gewinn ums Vierfache. Insgesamt 14 Konzerne ­haben 2020 von pandemiebedingter staatlicher Lohnhilfe profitiert – aber an den letzten Generalversammlungen im Frühling unbeirrt Millionen an Dividenden ausgeschüttet. Als die Linke diesen Missbrauch von Steuer­geldern letztes Jahr verhindern wollte, hiess es, die Dividenden bezögen sich auf das Jahr vor der Pandemie. Jetzt zeigt sich, wie viel dieses Argument wert ist: nichts.

PFUI STRAUMANN!

Den Gipfel der Unverfrorenheit haben der Zahnimplantat-Hersteller Straumann und der Liftkonzern Schindler erreicht: Beide kassierten Kurzarbeitsentschädigung, bauten gleichzeitig Stellen ab und bezahlten trotzdem noch üppige Dividenden aus.

Die traurige Bilanz der neuen Unia-Studie: Die Corona­krise hat bestehende Ungleichheiten verschärft. Topmanager und Aktionariat kassieren weiter ab, während Arbeitnehmende in Kurzarbeit auf Teile ihres ohnehin schon schmalen Einkommens verzichten mussten.

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