Noch nicht gegen Corona geimpft? Fragen und Antworten für Unschlüssige

Die Zahl der Geimpften stagniert, und die Corona-Infektionen steigen wieder rasant an. Aber wie ­sicher ist die Impfung? Wie wirksam? Wie darf die Firma meine Entscheidung beeinflussen? work gibt Antworten auf wichtige Fragen.

RISIKO SENKEN: Die Impfung bietet zwar keinen absoluten Schutz – aber einen hohen. (Foto: Getty)

Auch vollständig geimpfte Personen erkranken, es werden sogar immer mehr. Da frage ich mich schon, was die Impfung bringt.
Die Herstellerstudien von Pfizer/­Biontech und Moderna haben eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent gegen die Ursprungsvariante des Virus ausgewiesen. Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist unter 100 positiv getesteten Personen nur eine, die sich trotz vollständiger Impfung angesteckt hat. Mit der Virusvariante Delta, die weiter auf dem Vormarsch ist, dürfte sich dieses Bild etwas verschlechtern, dennoch sprechen alle bisherigen Statistiken dafür, dass die Impfung das Infektions­risiko auch bei dieser Variante deutlich senkt. Vor allem das ­Risiko eines schweren Verlaufs ist tiefer. Auf jeden Fall bleibt es wahrscheinlicher, mit Impfung schadlos durch die Pandemie zu kommen als ohne.

Ich möchte mich zwar impfen lassen, fürchte aber die Schmerzen danach. Aus meinem Bekanntenkreis spürten die meisten irgendeine Nebenwirkung. ­Und Tote soll es auch schon gegeben haben.
Die leichten «unerwünschten Impf­erscheinungen», wie die Fachwelt sagt, sind tatsächlich recht häufig. Mit kurzzeitigen Schmerzen an der Einstichstelle müssen Sie rechnen (84 Prozent der Geimpften). Andere Nebenwirkungen, mit Werten zwischen 30 und 60 Prozent ebenfalls recht häufig, klingen nach ein, spätestens zwei Tagen vollständig ab: Kopfschmerzen, Muskelschmerzen oder Schüttelfrost. Diese Reaktionen gelten als «Immunantwort» des Körpers und sind ein Signal, dass die gewünschte Wirkung eintritt. Jüngere Personen zeigen eher hef­tigere Reaktionen als ältere. Schwere Nebenwirkungen sind in der Schweiz bisher in rund 1900 Fällen gemeldet worden. Bei etwas über 4,7 Millionen geimpften Personen entspricht das einer Quote von 0,4 Promille. In 133 der schwerwiegenden Fälle kam es in unterschiedlichem zeitlichen Abstand zu Todesfällen. Gemäss Swissmedic gibt es in keinem Fall konkrete Hinweise, dass die Impfung selbst zum Tod geführt hat. Das mittlere Alter dieser Personen lag bei 80,7 Jahren, praktisch alle hatten Vorerkrankungen.

Die Impfung ist auch von der Unia empfohlen. Sie darf aber nie
erzwungen werden.

Ich stille mein Kind noch einige Monate lang. Soll ich mit Impfen zuwarten? Und was gilt für die Kollegin, die schwanger ist?
Für stillende Frauen gilt die Impfung als unbedenklich. Bereits in der Schwangerschaft können sich Frauen nach vorheriger ärztlicher Abklärung impfen lassen. Sie benötigen dazu ein ärztliches Attest. Viele Fachärztinnen und -ärzte ­raten allen Schwangeren zur Impfung. Vom BAG ausdrücklich empfohlen wird die Impfung schwangeren Frauen mit chronischen Krankheiten.

Ich habe das Gerücht gehört, die Impfung könne unfruchtbar machen. Ist da was dran?
Nein, denn die Behauptung, der Impfstoff enthalte ein Protein, das die Ausbildung der Placenta verhindere, ist nachweislich falsch. Schon während der Zulassungsstudie des Impfstoffherstellers Pfizer/Biontech wurden übrigens 23 der geimpften Probandinnen schwanger, und seither kommt es auch in der Schweiz regelmässig zu Geburten bei geimpften Frauen.

Meine Kinder (13 und 15 Jahre) möchten sich impfen lassen. Haben wir als Eltern dabei ein Wörtchen mitzureden?
Jugendliche ab 12 Jahren haben das Recht, sich eigenständig für oder gegen eine Impfung zu entscheiden, sofern sie als urteils­fähig und informiert gelten.

In gewissen Kantonen wird offenbar bereits die dritte Dosis verimpft. Bei mir ist die Impfung fünf Monate her. Muss ich mich jetzt für die Nachimpfung anmelden?
Einzelne Kantone haben damit begonnen, besonders gefährdeten Personen eine dritte Dosis anzubieten. Dies, weil der Impfschutz bei hochaltrigen oder schwer- und chronischkranken Personen weniger lang anhält. Anderen Personen empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit zurzeit die dritte Impf­dosis noch nicht, da die Datengrundlage dafür ungenügend sei.

Darf die Firma von mir verlangen, dass ich offen­lege, ob ich geimpft sei?
Grundsätzlich nein. Denn Impf­daten sind Gesundheitsdaten und damit Teil Ihrer Privatsphäre. Anders verhält es sich nur, wenn die Impfung für Ihre Arbeit aus besonderen Gründen erforderlich ist (siehe nächste Frage).

Kann mich die Firma zwingen, mich impfen zu lassen?
Die Unia unterstützt die Impfempfehlung des Bundes. Es besteht aber in der Schweiz keine Verpflichtung, sich impfen zu lassen. Ihre Firma darf daher von Ihnen in den allermeisten Fällen nicht verlangen, sich impfen zu lassen. Ausnahmen könnten etwa Berufstätige sein, die Hochaltrige oder Schwerkranke pflegen. Aber auch in diesem Fall darf die Impfung nicht ­erzwungen werden. Firmen haben gegenüber ihren Arbeitnehmenden zwar ein Weisungsrecht, müssen jedoch bei seiner Ausübung ihre Persönlichkeit und ihre physische und psychische Gesundheit achten und schützen. Daher muss stets eine Abwägung zwischen den Interessen der Arbeitnehmenden und anderen Interessen – etwa jenen von durch sie ­betreuten Personen – erfolgen. Möglich sind andere Massnahmen, etwa eine vor­übergehende Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz. Im übrigen haben die Anwendung von Schutzkonzepten und das Abstandhalten immer Vorrang.

Darf ich mich während der Arbeitszeit impfen lassen?
Ja. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen für den Impftermin freigeben wie bei anderen ärztlichen Terminen. Im Monatslohn ist es üblich, dass die Firma trotzdem Lohn zahlt. Anders verhält es sich nur, wenn Sie im Stundenlohn angestellt sind. Schauen Sie auch in Ihrem Arbeitsvertrag oder im GAV nach, ob darin Arztbesuche geregelt sind.

Impfen – wo?

Die Organisation der Impfungen ist kantonal geregelt. Die Links zu den Informationen Ihres Kantons: www.bag-coronavirus.ch/impfung. Neben Impfzentren ­bieten auch Apotheken fast aller ­Kantone die Impfung an: www.impfapotheke.ch. Die Erst­impfung mit zwei Dosen ist nach wie vor für alle kostenlos.


Corona-Infos in MigrationssprachenVorbild sein

Überdurchschnittlich viele Patientinnen und Patienten, die derzeit wegen Covid-19 ins Spital eingewiesen werden, haben einen ­Migrationshintergrund. Warum ist das so? Sie arbeiten überdurchschnittlich in essentiellen Branchen und haben kaum Möglichkeiten zum Homeoffice. Hinzu kommen die intensivere Reise­aktivität im Sommer und eine ­tiefe Impfquote bei den unter 60jährigen. Hilmi Gashi, nationaler Leiter Interessengruppen bei der Unia, glaubt nicht, dass Impf­skepsis in dieser Bevölkerungsgruppe besonders stark verbreitet sei (siehe auch Gashis Appell Seite 3). Jedoch hätten die bis­herigen Informationskampagnen diese Menschen vernachlässigt. «Es wurde verpasst, für Menschen, die Mühe mit den Informationen haben oder skeptisch sind, Experten aus ihrem eigenen Umfeld beizuziehen, und oft war das Niveau der Information auch sehr akademisch.»

Inzwischen gibt es immer mehr Bemühungen, die Migrantinnen und Migranten in der Schweiz in ihrer Sprache und auf ihren Informationskanälen über die Corona-Impfung zu informieren.

Hier ­einige Links:

  • Informationen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zu Covid-19
    in allen Migrationssprachen von Albanisch bis Türkisch: rebrand.ly/bag-sprachen sowie: rebrand.ly/rotes-kreuz
  • Corona-Info-Videos in 16 Sprachen des Diaspora-TV und des Roten Kreuzes: rebrand.ly/diaspora-tv
  • «Horizonte»-Zeitung Nummer 1/21 der Unia für fremdsprachige Mitglieder in 5 Sprachen: rebrand.ly/horizonte
  • Erklär-Video des Kardiologen und Co-Chefarztes des Luzerner Kantonsspitals, Florim Cuculi, auf albanisch: rebrand.ly/florim-cuculi

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