David Gallusser ist Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).
Die Corona-Pandemie hinterlässt in den Finanzen des Bundes deutliche Spuren. Kurzarbeit und andere Stützungsprogramme, aber auch die flächendeckenden Tests führen voraussichtlich bis Ende 2022 zu 26 Milliarden Franken neuen Schulden. Der Bundesrat will mindestens die Hälfte dieser Schulden mit Überschüssen und mit Gewinnen der Nationalbank abbauen. Das mag angesichts des hohen Betrags nach einer guten Idee klingen. Nötig oder gar vernünftig ist es nicht.
(Quelle: SNB)
TRAGBARE SCHULDEN. Zunächst einmal sind die Corona-Schulden für den Bund problemlos tragbar. Im Verhältnis zur Schweizer Wirtschaftsleistung machen sie nur 3,5 Prozent aus. Auch türmen sich die neuen Schulden nicht auf einem riesigen Berg von Altlasten. Die öffentlichen Schulden insgesamt liegen neu nur bei rund einem Drittel der Wirtschaftsleistung. Das ist weit weniger als in den meisten anderen Ländern. Entscheidender als die Höhe der Staatsschulden sind ohnehin die Zinsen. Problematisch wird es, wenn diese höher liegen als das Wirtschaftswachstum. Dann müssten wir immer mehr von unserem Einkommen für Zinszahlungen aufwenden. Derzeit ist das Gegenteil der Fall. Die Zinsen sind sehr tief. Der Bund nimmt nach wie vor Geld zu negativen Zinsen auf. Sprich: Wenn er heute Geld ausleiht, muss er in Zukunft weniger zurückzahlen.
Dank den tiefen Zinsen sind aber nicht nur die Schulden tragbar, sondern auch Investitionen besonders attraktiv. Bekanntlich können Investitionen von heute den Wohlstand von morgen erhöhen. Deshalb ist es immer dann vernünftig, Schulden zur Finanzierung von Investitionen aufzunehmen, wenn die künftigen Erträge höher sind als die heutigen Zinsen.
VERNÜNFTIG. Möglichkeiten für öffentliche Investitionen, die Erträge versprechen und Schulden rechtfertigen würden, gäbe es genug. Besonders die Energiewende und die Bekämpfung der Klimaerwärmung haben einen grossen Finanzierungsbedarf. Noch unvernünftiger, als keine Schulden zu machen, ist es deshalb, jetzt Einnahmen in den Schuldenabbau zu stecken, wie es der Bundesrat vorsieht. Das Geld könnte stattdessen direkt die nötigen Investitionen decken – und auf den bestehenden Schulden würde man weiterhin Negativzinsen erhalten.