Stur wie eine Eselin
Die Wahrheit ist ja bekanntlich ein stark umworbenes, kostbares Gut. Und sieht je nach Blickwinkel sehr unterschiedlich aus.
Mit ein bisschen Zucker drauf oder Butter geht alles gleich besser runter. Das weiss die Volksweisheit. Und hilft auch der Politik. Komplizierte Stempelsteuer? Trockene Alpeninitiative? Mit Jacqueline Badran oder Hansruedi Stadler rutschten beide Vorlagen gut: Nein zur Stempelsteuer! Und Ja zur Alpeninitiative! Zwei Siege für Rot-Grün. Zwei Siege einer Politik mit Gesicht. Letzterer war 1994 und kam überraschend. Befördert hatte ihn CVP-Landammann Stadler.
In der Politsendung «Arena» auf SRF drehte der Ürner zum humorigen Volkshelden auf. Und versprach, öffentlich zu «Zoge am Boge de Landamme tanzed» zu tanzen. Wenn das Volk die Alpeninitiative annehmen würde. Es tat es – und er auch. Plötzlich hatte Politik eine Melodie erhalten und ein Gesicht. Und ebenso war es jetzt bei der Stempelsteuer.
Siege einer Politik mit Gesicht.
TRÄNEN. Sie trug das Gesicht von SP-Politikerin Jacky-Hope-Badran. Wie eine Tigerin kämpfte diese gegen den bürgerlichen «Steuer-Bschiss!». Und hantierte im Erklär-Video sogar mit einer Salami. Um die Salamitaktik der Rechten bei den Steuergeschenken an die Reichen zu visualisieren. Hielt dann die Scheibe in die Kamera und sagte: «Hallo, ihr Liebe: und drum müend ali Näi stimme am 13. Februar!» Und es klappte: Mit 62,67 Prozent kübelte das Volk den «Bschiss» mitsamt seinem feurigsten Verfechter, SVP-Finanzminister Ueli Maurer.
Das ist ein grosser und wichtiger Sieg für die Linken und Gewerkschaften, wie work-Autor Clemens Studer analysiert. Und er wird immer mit dem Bild der weinenden Siegerin Badran verknüpft sein. Obwohl die Tränen nicht nur Freuden-, sondern auch Erschöpfungstränen waren. Jacqueline-Dampf-in-allen-Gassen muss sich nun eine politische Auszeit nehmen. Ihr Hausarzt hat’s verordnet. Immer voll Salz geben und buttern, das zehrt an den stärksten Nerven.
UNTERSTÜZTUNG. Das hat auch Greta Thunberg erfahren, das Gesicht der globalen Klimabewegung Fridays for Future (FFF). Besser gesagt: deren Ikone. Sie brachte weltweit Millionen gegen Politikversagen und Umweltverbrechen auf die Strassen. Während der Pandemie wurde es dann etwas ruhiger um die schwedische Aktivistin mit den Zöpfen. Doch sie schulstreikt weiter. Und erhält jetzt unerwartet prominente Unterstützung aus Berlin. Von Jennifer Morgan, der obersten Co-Chefin von Greenpeace International. Die Klimakämpferin wird Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im deutschen Auswärtigen Amt. Es ist ein grüner Super-Coup, wie work zeigt. Und wir fragen uns: Wie viel klimapolitischen Zucker und Zunder wird Morgan bald schon der solarfaulen Schweiz servieren? work bleibt dran und gesalzen.