Seit 25 Jahren putzt Finka Erceg das Spital Linde in Biel. Jetzt hat die Klinikleitung sie und sieben Kolleginnen entlassen. Aber die Frauen setzten sich zur Wehr.
MUTIGE FRAUEN: (v. l.) Döndü Elmali, Finka Erceg, Matilde Dos Santos Diogo, Ljubica Crnogorac. (Foto: Lucas Dubuis)
Tosender Applaus. Vor Hunderten Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern spricht Reinigerin Finka Erceg (58) am Unia-Kongress in Biel (siehe Seiten 10–11). Sie sagt: «Wir haben Tag für Tag die Klinik saubergehalten, jahrelang. Wir haben auch ein Herz für die Patientinnen und Patienten. Jetzt aber brauchen wir Unterstützung!» Sie spricht für sich und ihre sieben Kolleginnen, die geschasst werden sollen. «Wir sind nicht einverstanden. Die Spitalleitung spricht nicht mit uns. Nach all den Jahren haben wir mehr verdient.»
«Wir haben ein Herz für die Patientinnen!»
RAUSWURF KURZ VOR WEIHNACHTEN
Das Spital Linde gehört zur Hirslanden-Gruppe. Seit 25 Jahren reinigt Finka Erceg hier. Ihre Kollegin Döndü Elmali (62) kommt auf 14 Dienstjahre, Matilde Dos Santos Diogo (60) gar auf 30. Grossartig sind die Löhne nicht, aber höher als im Vergleich zu anderen Stellen in der Reinigungsbranche. Auf einige ruhige Jahre bis zur Pension hätten sie sich gefreut, sagen Erceg und ihre Kolleginnen. Doch Ende 2021 kommt alles anders: Am 7. Dezember werden die Reinigungsfrauen zu einer Sitzung gerufen. Zum Schock der Frauen verkündet die Leitung, dass die Reinigung ausgelagert werden soll. Bisher war sie direkt bei der Klinik unterstellt, künftig wolle man aber auf «externe Anbieter» setzen. Für die Reinigerinnen heisst das: Sie erhalten die Kündigung auf Ende März 2022. In einer Stellungnahme genüber work schreibt Hirslanden, es hätten «übergeordnete organisatorische und finanzielle Punkte zu diesem Entscheid» geführt. Die Klinik sei von der Pandemie «hart getroffen» worden und habe «flexibler» werden wollen.
Matilde Dos Santos Diogo sagt: «Die Klinikleitung hat uns versprochen, dass alles gleich bleibe. Dass wir von der neuen Firma übernommen würden.» Doch als die neuen Verträge endlich vorliegen, wird klar: Die Mitarbeiterinnen sollen auf 500 bis 900 Franken Lohn verzichten und für Löhne um die 3300 Franken arbeiten.
Und noch etwas stösst den acht Frauen sauer auf. Bei der Information Anfang Dezember hatte ihnen die Hirslanden-Leitung versprochen, dass die Klinik ihnen nach der Kündigung ein Jahr lang den vollen Lohn bezahlen würde. Später ist davon aber keine Rede mehr. In einem Schreiben vom 23. Dezember wendet sich dann erneut die örtliche Hirslanden-Leitung an die Frauen: «Offensichtlich seid ihr davon ausgegangen, dass ihr für weitere 12 Monate den bisherigen Lohn erhaltet. Es tut uns leid, dass ihr dies als gesichert aufgenommen habt.» Die Spitalleitung verspricht neu nur noch 400 Franken pro Monat, für ein halbes Jahr. Erceg und ihre Kolleginnen wenden sich an die Unia Biel-Seeland/Solothurn. Ihr Regioleiter Alain Zahler findet deutliche Worte: Ausgerechnet bei den Tieflöhnen zu beginnen und den Arbeiterinnen gekürzte Saläre anzubieten sei «ein Hohn». «Hirslanden will auf dem Rücken der Reinigerinnen sparen.»
GROSSE SOLIDARITÄT
An Mitteln mangelt es der privaten Hirslanden-Gruppe nicht. Zur Kette gehören 17 Kliniken in der Schweiz. Der Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr vor Steuern und Abzügen: 272 Millionen Franken. Die Auslagerung von Teilbereichen der Spitäler gehört dabei zum Geschäftsmodell des Konzerns. In 15 Kliniken wurde die Reinigung bereits an externe Firmen vergeben.
In Biel ist es noch nicht so weit. Mindestens einen ordentlichen Sozialplan mit anständigen Entschädigungen wollen die Reinigerinnen erreichen. Mehr als 200 der 500 Mitarbeitenden am Standort Biel haben hierzu bereits eine von der Unia lancierte Petition unterzeichnet. Unia-Mann Zahler sagt: «Eine so grosse Solidarität ist selten.»
Stur gibt sich hingegen die Hirslanden-Leitung. Mitte Februar antwortete Hirslanden, dass man die Einladung zu Verhandlungen über einen Sozialplan «dankend ablehne». Auf Nachfrage von work erklärt Hirslanden, der Klinik sei es ein Anliegen, dass die Reinigerinnen «gut betreut» würden. Und im Hinblick auf einen Sozialplan wolle sie «individuelle Gespräche mit den betroffenen Mitarbeiterinnen» führen.
Jetzt Petition unterschreiben!
Mit einer Online-Petition fordert die Unia die Klinik Linde dazu auf, mit der Gewerkschaft Verhandlungen über einen gerechten Sozialplan für das Reinigungspersonal aufzunehmen. Jetzt hier die Petition unterschreiben!