Katrin Bärtschi ist Briefträgerin in Bern und Gewerkschafterin.
In dieser von Kriegen und Gewalt verdunkelten Zeit erhielt die Briefträgerin von einer Nachbarin einen Tipp: Eine «Sternstunde Philosophie» im Schweizer Fernsehen SRF, es gehe um Pazifismus. Die Briefträgerin packte die Idee wie einen Rettungsring – und stiess beim Öffnen der Internetseite auf eine andere «Sternstunde»: «Wider die Gleichgültigkeit» mit der grossartigen Elif Shafak. 59 Minuten, die ans Herz gehen, an den Verstand, an die Seele. Elif Shafak, die unvergleichliche Romanschreiberin, Erzählerin von Geschichten, die so farbig sind wie das Leben selbst. So schön, so himmeltraurig, so trostlos und elend, so ermutigend. So trotz alledem.
Was ist Weisheit? Ist sie nicht etwas Abgeklärtes und Abgehobenes?
Zwei Frauen nun im Fernsehstudio am Tisch – die türkische Schriftstellerin und ihre Gastgeberin Barbara Bleisch. Sie reden ruhig und dabei engagiert, kompromisslos, doch niemals polemisch, eindringlich, doch alles andere als predigend über die Schrecken, die Menschen Menschen und der Natur antun. Über Populismus, Diktaturen, Patriarchat, Zerstörung. Und wie Vernetzung und Schwesternschaft dagegenwirken können.
UNTERSCHIED. Ein kurdischstämmiger Arbeitskollege hatte zur Briefträgerin gesagt (und ihr damit aus der Seele gesprochen), er schaue keine «Tagesschau» mehr: «Ich ertrage die Bilder nicht.» Im «Sternstunde»-Gespräch unterschied Elif Shafak zwischen Information, Wissen und Weisheit. Information allein riesle wie Sand durch unsere Finger. Reine Information sei flüchtig, nach zwei, drei Tagen vergessen. Ihrer Ansicht nach gebe es in der jetzigen Zeit zu viel Information, zu wenig Wissen und noch weniger Weisheit. Was aber ist Wissen? Verstandene, verarbeitete Information? Und Weisheit – ist sie nicht etwas Abgeklärtes und Abgehobenes? Im Gespräch sagte Elif Shafak auch, dass sie in ihren Büchern Fragen stelle. Auf welche die Lesenden eigene Antworten finden können.