Im Wallis geschehen noch Zeichen und Wunder: Plötzlich geht es mit zwei wegweisenden Solarprojekten mächtig voran. Nur die ewigen Atomlobbyisten checken’s einfach nicht.
HIER LEBT DER FORTSCHRITT: Das Bergdorf Grengiols, auch «Grängelsch» genannt, sagte bei der Gemeindeabstimmung derart sowjetisch Ja zum geplanten Solarpark, dass sogar der Gemeindepräsident überwältigt war. (Foto: Schweiz Tourismus)
Da ist der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri, der auch Präsident der Stiftung für Landschaftsschutz ist. Zusammen mit Noch-Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler (ebenfalls FDP) publizierte er in der «Weltwoche» unter dem schönen Titel «Grüne Kernenergie» einen Artikel pro Atomenergie. Und gegen solare Freiflächenanlagen in den Alpen. Das ist weiter nicht verwunderlich, Bigler ist auch Präsident des Nuklearforums Schweiz. Ein ewiger Atomlobbyist. Damit sind zumindest die Fronten klar: Es geht um den Match Atomkraftwerke gegen Wasserkraft & Solarenergie.
In diesem Match spielen das Walliser 450-Seelen-Bergdorf Grengiols, das sie «Grängelsch» aussprechen, und sein Gemeindepräsident Armin Zeiter ganz vorne mit. Am 8. Juni gab die Grängjer Urversammlung dem Gemeinderat grünes Licht für das Megaprojekt Grengiols Solar. An den Sonnenhängen des Saflischtals soll auf rund fünf Quadratkilometern der grösste bifaziale Solarpark der Schweiz entstehen. Der Entscheid fiel mit 56 Ja zu 0 Nein und 8 Enthaltungen derart sowjetisch aus, dass sogar Gemeindepräsident Zeiter überwältigt war, wie er dem «Walliser Boten» erklärte. Jetzt könne die Kommission, die Grengiols für das Projekt eingerichtet habe, mit den nötigen Abklärungen «in Bezug auf Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Raumplanung» loslegen.
Der Entschied fiel mit null Gegenstimmen.
SCHAFE UND SOLARPANELS
Lanciert hat die Idee für Grengiols Solar im Februar die Walliser Oppositionszeitung «Rote Anneliese». Genauer: der Briger Hotelier und Ex-SP-Präsident Peter Bodenmann. Seit Jahren macht er sich mit Feuer und Flamme und Furor für den ökosozialen Umbau stark. Seit Jahren auch im work, in der Rubrik «Rosa Zukunft» (siehe unten). Im grossen work-Interview pries Bodenmann vor vier Wochen auch die Vorzüge von Grengiols Solar. Und rechnete vor: «Der Alpenraum hat eine Fläche von 18 000 Quadratkilometern, also 18 Milliarden Quadratmetern. Grengiols Solar beansprucht 5 Quadratkilometer. Wir müssen ein Winterloch von 25 Milliarden Kilowattstunden stopfen. Und das könnten wir mit rund 25 Anlagen in der Grössenordnung von Grengiols. Die beanspruchen somit nur 0,6 Prozent des ganzen Alpenraums.» Zudem könne man unter den zweiseitig nutzbaren, aufrechtstehenden Solarpanels Schafe grasen lassen (rebrand.ly/wallis-wunder). So weit und so kurz zur solaren Revolution in den Alpen, die plötzlich machbar erscheint.
Das sieht auch die Walliser Kraftwerks- und Netzbetreiberin «Energie Electrique du Simplon» (EES) so. Sie wird vom Schweizer Energiekonzern Alpiq kontrolliert. An der Generalversammlung, die ebenfalls am 8. Juni stattfand, beschloss die EES nämlich, ihr Projekt «Gondo Solar» zu beschleunigen. Oberhalb der Walliser Ortschaft Gondo ist die grösste Photovoltaikanlage der Schweiz geplant. Dank der optimalen Lage auf über 2000 Metern über Meer wird Gondo Solar jährlich rund 23,3 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren – mehr als die Hälfte davon im Winterhalbjahr. Vielleicht wird es bereits dieses Jahr zu einer Ausschreibung für den Bau einer 18-Megawatt-Testanlage kommen. Damit könnte auch die strittige Kostenfrage geklärt werden. Denn noch liegen die Schätzungen weit auseinander. Kein Detail: Die Energie-Taskforce der Oberwalliser Grünliberalen hat die Alpe Alpjerung ob Gondo besucht. Und ist begeistert. Die offene Frage: Wie werden sich die Grünen positionieren?
SP MACHT’S VOR
Schon positioniert hat sich die Bundesfraktion der SP. Am 2. Juni präsentierte sie ein Positionspapier mit 14 Massnahmen gegen das drohende Energie-Blackout. Darunter die Forderung nach einem sofortigen Bau von Solaranlagen in den Alpen mit einer Leistung von 3000 Megawatt. Das entspricht etwa der Leistung von drei Atomkraftwerken. Für diese ersten 3000 Megawatt soll ein beschleunigtes Verfahren gelten. Innert sechs Monaten soll der Bundesrat die Anlagen bewilligen.
Wenn das so käme, bekäme die alpine Solarrevolution noch mehr Antrieb. Wir bleiben dran.