Für die Bauleute geht’s bei den Verhandlungen um den neuen Landesmantelvertrag (LMV) um sehr viel: Gesundheit, Familie, Sicherheit – dafür geben sie alles, wie sie an ihrer Gross-Demo in Zürich zeigten. Absurde Töne gab dagegen Baumeister-Präsident Gian-Luca Lardi von sich.
BASTA! «Es reicht!», sagen die Bau-Leute mit ihrer Riesen-Demo in Zürich. (Foto: Manu Friederich)
Haben die Baumeister den Warnschuss endlich gehört? Hoffentlich! Immerhin haben am vergangenen Samstag rund 15 000 Bauleute ihrem Ärger Luft gemacht. Und dies extra in Zürich, wo der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) seinen Sitz hat. Zu überhören war die nationale Bau-Demo jedenfalls nicht. Mit lauten Paukenschlägen und Pfeifkonzerten ging’s voran. Und auch zu sehen waren die Botschaften deutlich: «Mehr Lohn, weniger Gstürm!» hiess es auf einem Banner. «Wir sind schon flexibel genug!» auf einem anderen. Trotzdem scheint fraglich, ob die Nachricht angekommen ist.
Denn der SBV bastelt sich die Welt, wie sie ihm grad gefällt. So behauptete Präsident Gian-Luca Lardi im «Blick», «viele Demonstranten» würden «für ihre Teilnahme bezahlt». Ob er wohl die Gratis-Fahrten und Gratis-Sandwiches meint, die die Unia verteilte? Den Beleg blieb er schuldig. Unter Beweis stellte Lardi dafür, dass er kaum mehr Kontakt zu den Arbeitenden hat: In der Baubranche erlebe er «eine absolut entspannte Stimmung». Schön für den Herrn Präsidenten! Aber zur Erinnerung: Schon 2021 haben mehrere Tausend Bauarbeitende in einer Unia-Umfrage gezeigt, dass es nicht ganz so «entspannt» zu- und hergeht – und wo der Schuh besonders drückt: beim Gesundheitsschutz, bei den überlangen Arbeitstagen und der nicht komplett bezahlten Reisezeit. Nicht ohne Grund fordern die Bauleute jetzt mehr Schutz, Lohn und Zeit – verankert und garantiert im Landesmantelvertrag (LMV), der zurzeit neu verhandelt wird. Siehe auch rebrand.ly/lmv-forderungen.
Überrissen findet das, abgesehen vom radikalen Flügel im SBV, kaum jemand. Schliesslich ist weitherum bekannt, dass in der Bauindustrie Goldgräberstimmung herrscht, die Arbeitenden aber schon zwei Jahre lang auf generelle Lohnerhöhungen warten. Und jetzt steigen auch noch Preise und Prämien.
«Die Baumeister sind nur noch respektlos.»
NUR NOCH RESPEKTLOS
Die Meister aber halten es für eine schlaue Idee, in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Sie wollen die Arbeitszeiten maximal «flexibilisieren», die 50-Stunden-Woche einführen und den LMV generell und einseitig zu ihren Gunsten zusammenschrumpfen – oder ihn gleich ganz abschaffen! So zumindest lautet ihre Drohung. Und geht es nach den Meistern, soll sich der Lohn der Büezerinnen und Büezer nur dann verbessern, wenn sie Mehrarbeit und längere Arbeitstage schlucken.
Allerdings deutet nichts darauf hin, dass die Arbeitenden da mitmachen. In Zürich zumindest zog das rote Fahnenmeer stolz der blauen Limmat entlang, dann – unter verdutzten Touristen-Blicken – über die Bahnhofstrasse bis zum Helvetiaplatz, wo abermals deutlich wurde, dass die Geduld bald zu Ende ist. Bauarbeiter António Saraiva brachte das Gefühl vieler Anwesender auf den Punkt: «Ich bin ehrlich», rief er von der Rednerbühne herab, «auch mir wäre es lieber, es bräuchte keine Demonstrationen. Doch die Meister lassen uns keine Wahl! Sie, die sich auf unsere Kosten schon jetzt bereichern, wollen uns noch länger arbeiten lassen, aber für weniger Geld! Das ist nur noch respektlos.» Mehrere Folgeredner schlugen in dieselbe Kerbe und bekräftigten allesamt: Notfalls gibt es Streik!
Noch bleibt eine Verhandlungslösung aber möglich: Am 16. September sitzen Baumeister, Arbeiter und ihre Gewerkschaften erneut an einen Tisch. Dass dann die Fetzen fliegen, scheint jedenfalls sicher.
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