Marina Wyss von der Unia-Rechtsabteilungbeantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
Nach der Geburt meines ersten Kindes habe ich mein Pensum von 100 auf 80 Prozent reduziert. Nun bin ich wieder Mutter geworden und habe meine Vorgesetzte gebeten, das Pensum auf 60 Prozent herunterzusetzen. Jetzt hat sie mir aber mitgeteilt, dass dies aus organisatorischen Gründen nicht machbar sei. Ich müsse nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zum bisher vereinbarten Pensum arbeiten kommen. Falls ich dazu nicht bereit sei, würde das Arbeitsverhältnis – unter Einhaltung der Kündigungsfrist – aufgelöst. Darf mir die Arbeitgeberin kündigen, weil ich nach dem Mutterschaftsurlaub nicht zu 80 Prozent arbeiten kommen kann?
BABY DA, Pensum runter? So einfach ist’s oft nicht. (Foto: Adobe Stock)
Marina Wyss: Ja. Es gibt kein Recht auf eine Herabsetzung des Arbeitspensums. Wenn das Pensum anders festgelegt werden soll, als dies im Vertrag festgehalten wird, handelt es sich um eine Vertragsänderung. Das bedeutet, dass beide Parteien damit einverstanden sein müssen. Allerdings gelten in Ihrem Fall aber auch die Bestimmungen zum Kündigungsschutz wegen Mutterschaft. Das heisst: Ihnen darf zwischen dem Beginn der Schwangerschaft bis 16 Wochen nach der Geburt Ihres Kindes nicht gekündigt werden. Wird dies trotzdem gemacht, gilt die Kündigung als nichtig und ist unwirksam. Hierbei handelt es sich um den sogenannten zeitlichen Kündigungsschutz. Das heisst, dass Ihre Arbeitgeberin Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht kündigen darf.
Generell rate ich bei Kündigungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft, die Rechtsberatung der Unia in Anspruch zu nehmen, denn eine solche Kündigung könnte auch missbräuchlich sein. In Ihrem Fall sehe ich auf den ersten Blick aber keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Kündigung: wie zu Beginn erwähnt, haben Sie keinen Rechtsanspruch auf eine Reduktion des Pensums.
Mutterschaft II: Wer hat Anspruch auf Familienzulagen?
Nachdem ich Mutter geworden bin und die Erwerbstätigkeit für ein Jahr aufgegeben habe, arbeite ich seit einigen Wochen wieder in meinem ursprünglichen Beruf. Allerdings ausserhalb von meinem Wohnort in einem anderen Kanton. Mein Mann hingegen arbeitet in unserem Wohnkanton. Da wir nun beide arbeiten, aber in zwei verschiedenen Kantonen, haben wir uns gefragt, ob wir nun beide Anspruch auf Familienzulagen haben und diese doppelt bezahlt bekommen?
Marina Wyss: Nein, gemäss dem Familienzulagengesetz darf für jedes Kind nur eine Zulage ausgerichtet werden. Sie und Ihr Mann erfüllen durch die Erwerbstätigkeit nun beide die Voraussetzung für den Bezug von Familienzulagen. Für diese Fälle hat das Gesetz eine Rangordnung aufgestellt: Arbeiten beide Elternteile und leben diese mit dem Kind zusammen, hat die Person den Vorrang, die im Wohnsitzkanton des Kindes arbeitet. In Ihrem Fall also Ihr Mann.
Nun ist es so, dass nicht alle Kantone gleich hohe Familienzulagen bezahlen. Es könnte sein, dass der Kanton, in dem Sie neu arbeiten, höhere Familienzulagen vorsieht. Sollte dies der Fall sein, haben Sie Anspruch auf die Differenz. Bei Fragen können Sie sich an die Ausgleichskassen oder an die Unia wenden.