Ratgeber
Sparen Sie Prämien – jetzt erst recht!

Je nach Region und Krankenkasse sind Sie vom Prämienanstieg 2023 mehr oder weniger stark betroffen. Teurer wird’s aber in jedem Fall. Ausser, Sie nutzen Sparmöglichkeiten. work zeigt, wie Sie die Prämienlast senken können.

TEURE MEDIZIN: Die steigenden Prämien der Krankenkasse belasten die Haushalte massiv. (Foto: iStock)

Wie erfahre ich, ob und wie stark die Prämien bei meiner jetzigen Krankenkasse steigen? Und wie kann ich sie mit anderen Anbietern vergleichen?
Ihre jetzige Krankenkasse muss Sie bis spätestens Ende Oktober über Ihre Prämie für das Jahr 2023 informieren. Für den Vergleich mit anderen Kassen stellt der Bund einen Vergleichsrechner ­bereit. Sie finden ihn auf www.­priminfo.ch. Mit diesem Rechner können Sie die Prämien des Folgejahres für alle Familienmitglieder bei den in Ihrer Region tätigen Kassen vergleichen. Priminfo.ch berechnet Ihnen auch Ihr Spar­potential, falls Sie die Kasse wechseln würden.

Mit Einschränkung der Arztwahl sparen Sie 10 bis 20 Prozent.

Wie kann ich unabhängig von der gewählten Krankenkasse Prämien sparen?
Indem Sie eines der Sparmodelle wählen, die mittlerweile fast alle Krankenkassen anbieten. Mit den verschiedenen Modellen sparen Sie je nach Kasse zwischen 10 und 20 Prozent. Im Gegenzug müssen Sie hinnehmen, dass Sie keine freie Arztwahl mehr haben. Im Hausarztmodell verpflichten Sie sich, bei jedem neuen Krankheitsfall zuerst Ihre Hausärztin oder den Hausarzt zu konsultieren, die die weiteren Schritte mit Ihnen ­besprechen und Sie je nach Fall zu Spezialärzten überweisen. Ähnlich funktioniert das HMO-Modell (dort beginnt jede neue Behandlung mit dem Besuch der ausgewählten Gemeinschaftspraxis). Im Telmed-Modell läuft der Erstkontakt über eine medizinische Telefon-Hotline. In allen Modellen können Sie sich aber in Notfällen direkt in Sofortbehandlung begeben, und auch gynäkologische ­Vorsorgeuntersuchungen und Augenarztbesuche sind von der Konsultationspflicht ausgenommen.

Soll ich die Franchise ­erhöhen, um die Prämie weiter zu senken?
Sind Sie jung und gesund, ist das eine Möglichkeit. Erhöhen Sie Ihre Franchise (Ihren jährlichen Selbstbehalt) vom gesetzlichen Minimalbetrag von 300 Franken aufs Maximum von 2500 Franken, fällt die Jahresprämie rund 1500 Franken tiefer aus. Ihre Kosten sinken aber nur um diesen Betrag, wenn Sie nie in ärztliche Behandlung müssen! Sie können jedes Jahr neu und für jedes Familienmitglied einzeln entscheiden, wie hoch Ihre Franchise im nächsten Jahr sein soll. Wenn Sie die Franchise für nächstes Jahr senken wollen, müssen Sie das der Krankenkasse bis spätestens 30. November mitteilen. Für die Erhöhung haben Sie dagegen bis am 31. Dezember Zeit.

Kann sich ein Kassenwechsel auch lohnen, wenn ich Prämien­verbilligung habe?
Ja. Denn für die Prämienverbilligung stellt der Kanton nicht auf die effektiv bezahlte Prämie ab. Er berechnet die Verbilligung aus zwei Komponenten, nämlich aus Ihrem Einkommen und aus einer von Kanton zu Kanton und je nach Prämienregion unterschiedlichen Referenzprämie. Daraus ergibt sich der Beitrag, den Sie zugute ­haben – unabhängig von der Prämie, die Sie effektiv bezahlen. Je günstiger also die Krankenkasse, die Sie wählen, desto geringer ist der Betrag, den Sie selbst bezahlen müssen.

worktipp: Vorsicht beim Wechsel der Zusatzvesicherung

Zusatzversicherungen unterliegen nicht dem Krankenversicherungs­gesetz (KVG), sondern dem Privat­versicherungsrecht. Folgendes ist deshalb für Sie wichtig zu wissen:

  • Sie können die Grundversicherung bei einer anderen Kasse haben als die Zusatzversicherungen. Praktisch ist das aber nicht.
  • Zusatzversicherungen haben andere Kündigungsfristen. Schauen Sie in Ihrer Police nach.
  • Holen Sie für Zusatzversicherungen immer Offerten ein und vergleichen Sie sie kritisch.
  • Seien Sie vorsichtig beim Kündigen Ihrer bisherigen Zusatzversicherung. Denn: Hatten Sie einmal einen Unfall oder eine längere Krankheit, kann es sein, dass die neue Kasse Sie ablehnt. Ihre bisherige Kasse muss Sie nicht mehr aufnehmen, wenn Sie schon gekündigt haben. Im dümmsten Fall stehen Sie dann ohne die gewünschte Zusatzversicherung da. Mehr zum Thema hier: rebrand.ly/zusatzversicherung.

 

Sind die teureren Kassen auch die besseren?
Bezogen auf die versicherten Leistungen nicht. Denn in der obli­gatorischen Grundversicherung schreibt ein Leistungskatalog genau vor, welche Behandlungen und Medikamente von der Kasse übernommen werden müssen. Die Preisunterschiede ergeben sich vielmehr durch unterschiedliche Organisationsstrukturen und Verwaltungsaufwände, insbesondere aber durch die Unterschiede im Versichertenbestand. So sind Kassen, deren Versicherte ein höheres Durchschnittsalter haben, in der Regel teurer als solche mit jüngerem Bestand. Im Vergleich der Kundenzufriedenheit schneiden teurere Kassen im Mittel nur leicht besser ab. Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage des Vergleichs­portals Moneyland zur Kundenzufriedenheit mit den Krankenkassen finden Sie hier: rebrand.ly/kassenzufrieden.

Wenn ich die Krankenkasse wechseln möchte: muss ich bei der neuen Kasse eine vertrauensärztliche Untersuchung über mich ergehen lassen?
Nein. Jede Krankenkasse muss Sie in die obligatorische Grundversicherung vorbehaltlos aufnehmen. Auch bei bestehenden gesundheitlichen Problemen können Sie die Kasse jedes Jahr wechseln. Anders ist das bei der Zusatzversicherung (siehe worktipp). Diese ist nicht obligatorisch. Entsprechend sind die Kassen nicht verpflichtet, Sie aufzunehmen.

Falls Sie die Kasse wechseln, müssen Sie schriftlich kündigen.

Wie und mit welchen Fristen läuft ein Kassenwechsel ab? Und wie ein Wechsel von Franchise oder Behandlungsmodell?
Kassenwechsel: Nachdem Sie von Ihrer jetzigen Krankenkasse erfahren haben, welche Prämie Sie Ihnen 2023 berechnen will, haben Sie ein paar Wochen Zeit für Ihren Entscheid. Wollen Sie zu einer anderen Kasse wechseln, müssen Sie den Vertrag mit der bestehenden Kasse schriftlich, vorzugsweise per Einschreiben, kündigen. Senden Sie den Brief vorsichtshalber spätestens am 20. November ab (vom Bund gibt’s ein praktisches Formular dazu: rebrand.ly/kkkuendigen). Melden Sie sich gleichzeitig bei der neuen Kasse an (das Formular dazu: rebrand.ly/kkanmeldung).

Wechsel von Franchise oder Behandlungsmodell: Wollen Sie bei der jetzigen Kasse bleiben, aber Ihre Franchise für 2023 erhöhen, können Sie ihr das bis Ende Jahr schriftlich mitteilen. Der Wechsel zu einem Modell mit eingeschränkter Arztwahl ist jederzeit möglich.


GesundheitswesenWarum die Kosten steigen

Das Schweizer Gesundheits­wesen wird teurer und teurer. Die Durchschnittsprämie der obligatorischen Krankenversicherung stieg seit deren Einführung 1996 stetig – sechsmal schneller als die Löhne! Eine wichtige Rolle für das Kostenwachstum spielt die Altersstruktur. Die Lebens­erwartung hat sich erhöht, und der Anteil der Älteren, die überdurchschnittlich viele Gesundheitsleistungen beziehen, nimmt weiter zu. Ausserdem entwickelt die Forschung laufend neue ­Methoden, die Investitionen dafür – plus satte Gewinne – werden über Tarife und Preise durch die Patientinnen und Patienten ­finanziert. Auch die Erwartungen an die Betreuungsqualität sind höher geworden: Die Personalaufwände steigen. 

Die Politik feilscht mit der Gesundheitsbranche verbissen um Kostendämpfung. Überwiegend vergeblich. Denn: Erstens wagt es zu Recht niemand, messerscharfe Kosten-Nutzen-Erwägungen anzustellen. Menschen­leben sind mit allen verfügbaren Mitteln zu erhalten, «whatever it takes». Zweitens bleibt es ein Tabu, Gesundheitsleistungen von der Finanzkraft eines Menschen abhängig zu machen – dann hätten wir die Zweiklassenmedizin, die es zu verhindern gilt. 

GEGENKRÄFTE. Umso dringlicher bleibt die Aufgabe, die Kosten auch für wenig verdienende Haushalte erträglich zu machen. Die Gewerkschaften unterstützen die Initiative der SP, welche die Belastung der Haushalte durch Kassenprämien auf zehn Prozent des Einkommens reduzieren will. Unterstützenswert ist auch der Brief an 40 mit Pharma und Krankenkassen verbandelte Parlamentsmitglieder, den Public Eye wegen der fehlenden Transparenz bei Medikamentenpreisen aufgesetzt hat. Sie können den Brief mitunterschreiben: rebrand.ly/pharmadeals. 

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