Unia-Präsidentin Vania Alleva:
Ohne Druck der Strasse wird nichts gehen

Unia-Präsidentin
Vania Alleva.
(Foto: Matthias Luggen)

«Eine Männermehrheit lässt Frauen länger arbeiten. Am letzten Sonntag haben sie den Frauen eine riesige Ohrfeige verpasst. Und die tut richtig weh: Das Ja zur AHV-Reform bedeutet nämlich, dass die Frauenrenten gekürzt werden. Ausgerechnet! Schon bisher haben die Frauen einen ­Drittel weniger Renten als die Männer. Und diese Ungleichheit wird nun noch schlimmer. Obwohl wir weit weg sind von Lohngleichheit. Und erst recht von ­einer gerechten Verteilung der Care-Arbeit.

Es ist bitter und skandalös

Wir müssen jetzt dringend Lohngleichheit, gleiche Renten und Gleichstellung durchsetzen. Zwar war während der Kampagne von der Gegenseite viel von vermeintlicher Gleichstellung die Rede (was für ein Hohn!), doch es ist sonnenklar: Ohne Druck von der Strasse wird sich überhaupt nichts bewegen. Deshalb tragen wir unseren Protest wieder auf die Strasse und in die Betriebe. Einen Termin dafür haben wir schon: Es ist der 14. Juni 2023. Dann jähren sich die historischen Frauenstreiks von 1991 und 2019. Der nächste 14. Juni hat soeben begonnen! Die Diskussion rund um die AHV-21-Kampagne hat eindrücklich gezeigt, dass es um weit mehr als um das Rentenalter der Frauen geht. Es geht darum, wer wie viel verdient, wer wie viel Geld im Alter hat, wer es sich leisten kann, früher in Rente zu gehen, und wer sich bis zum Pensionsalter durchquälen muss, es geht um strukturelle Diskriminierungen.

Der Sozialabbau der AHV 21 findet auf dem Buckel der Frauen statt. Ihre Rentenleistung wird direkt verschlechtert. Ein Teil der Männer hat sich dazu hinreissen lassen, diese Vorlage anzunehmen, weil sie ja scheinbar keinen Preis dafür bezahlen mussten. Dieser kurzfristige Egoismus wird aber nicht weit tragen. Jetzt setzen die Bürgerlichen die Erhöhung des generellen Rentenalters auf 66, 67 und darüber hinaus auf die Tagesordnung. Insofern hat sich auch die Männermehrheit ins eigene Knie geschossen. Bei den nächsten Altersvorsorge-Abstimmungen wird der Geschlechtergraben voraussichtlich eine etwas weniger dominante Rolle spielen – aber keineswegs verschwinden, weil die Frauen mit ihren durchschnittlich um einen Drittel tieferen Renten weiterhin viel stärker auf die AHV angewiesen sind.

Der nächste 14. Juni hat soeben begonnen.

Doch wir haben die Panikmache gebremst

Trotz ihrem soliden Fundament wird die AHV schlechtgeredet – getrieben von der Banken- und Versicherungslobby, die das grosse Geschäft mit der zweiten und dritten Säule macht. Dabei ist die AHV eine faire Sozialversicherung. Sie sorgt für ­Sicherheit, aber auch für Umverteilung zugunsten der Schwächeren. 92 Prozent der Bevölkerung erhalten mehr Rente aus der AHV, als sie Lohnprozente in sie einzahlen müssen. Jeder Leistungsabbau schwächt darum die soziale Gerechtigkeit in der Schweiz. Unsere Kampagne hat das Bewusstsein für diese Tatsache geschärft.

Die knappe Abstimmungsniederlage ist für uns alle eine grosse Enttäuschung. Dennoch hat sich unser Engagement gelohnt. Unsere Argumente für höhere Renten und gegen den Sozialabbau auf Kosten der sowieso schon benachteiligten Frauen haben die Panikmache zur Finanzsituation der AHV gebremst. Eine Woche mehr, und wir hätten das Resultat kippen können – und das, obwohl wir den geschlossenen Bürgerblock, die Wirtschaftsverbände und fast alle wichtigen Medien gegen uns hatten.

Gemeinsam werden wir gewinnen!

Ich bedanke mich ganz herzlich für das grosse Engagement. Zahlreiche AHV-Botschafterinnen, Aktivistinnen, engagierte Kolleginnen und Kollegen haben wesentlich zu diesem knappen Resultat beigetragen. Dieses dient uns nun als Basis, um die nächsten, bereits geplanten Abbauschritte in der ersten und zweiten Säule zu verhindern und um unseren eigenen Initiativen für eine 13. AHV-Rente und für eine soziale Zusatzfinanzierung der AHV mit Nationalbankgewinnen zum Durchbruch zu verhelfen.
Wir haben diese Abstimmung verloren. Aber der Kampf geht jetzt erst recht weiter. Gemeinsam werden wir ihn gewinnen!»

1 Kommentare

  1. Beat Hubschmid 15. Oktober 2022 um 23:20 Uhr

    Zensur von den Unia-Wüterichs…

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