Plattformdienste wie Uber schlängeln sich an Gesetzen und Gerichten vorbei und führen ihr Dumping-Modell ungehindert weiter. SP-Nationalrat Christian Dandrès will das jetzt stoppen.
CHRISTIAN DANDRÈS will, dass Plattformen künftig beweisen müssen, dass sie keine Arbeigeber sind. (Foto: Thierry Porchet)
Beim amerikanischen Fahrdienst Uber ist es eigentlich ganz einfach. In der Schweiz ist er Arbeitgeber. So hat es das Bundesgericht diesen Sommer aufgrund einer Klage des Kantons Genf entschieden. Also muss der Konzern seinen Fahrerinnen und Fahrern einen schriftlichen Arbeitsvertrag ausstellen und Sozialleistungen bezahlen. Alles andere ist gesetzeswidrig (work berichtete: rebrand.ly/uber-urteil).
Aber Uber lässt das kalt. Wenige Tage nach dem Urteil machte die Firma klar: Ausserhalb von Genf werde man die Fahrerinnen und Fahrer weiterhin als Selbständige behandeln. Anfang Oktober verspricht Uber dann allen Fahrerinnen und Fahrern «Wahlfreiheit», ob sie selbständig oder bei einer Drittfirma angestellt sein wollen. Laut Einschätzung der Unia sind beide Möglichkeiten nicht gesetzeskonform. Aber bis ein Gericht dies rechtskräftig feststellt, kann Uber sein Modell erneut ändern – und weiter abkassieren.
Der Genfer Anwalt und SP-Nationalrat Christian Dandrès will nun diesem, wie er sagt, «juristischen Guerrillakrieg» ein Ende setzen. Denn auch in der digitalen Plattformwirtschaft, also bei Firmen wie Uber, Smood & Co. müssten die Gesetze eingehalten werden. Aud diesem Grund hat Dandrès jetzt eine parlamentarische Initiative eingereicht. Mit drei einfachen Forderungen:
Schluss mit dem juristischen Guerrillakrieg.
1. GRUNDSÄTZLICH ARBEITGEBER: Digitale Plattformen sollen laut Gesetz grundsätzlich als Arbeitgeber gelten. Jurist Dandrès spricht von einer «widerlegbaren Vermutung»: Will eine Plattform geltend machen, die Beschäftigten seien Selbständige, so muss sie dies belegen. Und nicht umgekehrt. Genau dies sieht auch ein Entwurf der EU-Kommission für eine verbindliche Richtlinie vor. Im Mai stimmte das EU-Parlament zu und will den Schutz der Plattform-Arbeitenden weiter ausbauen.
2. HER MIT DEN DATEN: Die Plattform muss den Beschäftigten alle Daten zur Verfügung stellen, die sie über sie sammelt. Zum Beispiel Arbeitszeiten oder gefahrene Kilometer. Dandrès: «Nur mit diesen Angaben kann jemand kontrollieren, ob er oder sie korrekt entschädigt wird.»
3. TRANSPARENTE FAHRTENZUTEILUNG: Die Plattformen müssen den Mitarbeitenden erklären, nach welchen Kriterien sie die Aufgaben verteilen. Heute sei dies völlig undurchsichtig, kritisiert Dandrès. Immer wieder berichteten Uber-Fahrerinnen und -Fahrer, dass sie am Anfang sehr viele Fahrten zugeteilt bekommen hätten, später immer weniger. Oder dass es schwieriger sei, eine Fahrt zu bekommen, nachdem sie die App eine Zeitlang ausgeschaltet hätten. Um solche «Fallen», so Dandrès, zu unterbinden, sollen die Firmen zur Transparenz verpflichtet werden.
Uber in Genf Kein Machtwort
Der umstrittene Fahrdienst Uber darf vorerst in Genf weiter aktiv sein, ohne sich ans Gesetz zu halten. Der Kanton hat ihm die Bewilligung nicht wie angekündigt entzogen.
INAKZEPTABEL. Ursprünglich hätte für Uber in der Rhonestadt am 15. Oktober Schluss sein sollen, sofern sich der Konzern nicht mit den Gewerkschaften einigt (work berichtete: rebrand.ly/uber-verhandlung). Diese hatten berechnet, dass den Fahrerinnen total 45 Millionen Franken an Lohnnachzahlungen und Kilometerspesen zustehen. Doch ein letztes Angebot von Uber lag bloss bei 5 Millionen. Inakzeptabel, fand die grosse Mehrheit der Fahrer. Kurz vor Ablauf verlängerte die Genfer Regierung nun die Frist bis zum 15. November: Sie prüfe einen weiteren Vorschlag von Uber.
Roman Künzler von der Unia redet Klartext: «So geht das nicht! Der Staat muss endlich das Recht durchsetzen.» (che)