Wer in der Industrie temporär arbeitete, erhielt bisher oft einen miserablen Lohn. Jetzt ist Schluss damit: Seit Anfang Jahr müssen sich alle Firmen an die GAV-Mindestlöhne halten.
LOHNSPRUNG: Rund 80 000 Temporärarbeitende profitieren neu vom GAV-Mindestlohn. (Symbolbild: Key)
15 Franken pro Stunde oder noch weniger. Immer wieder stellte die Unia fest, dass Temporärfirmen ihren Arbeiterinnen und Arbeitern in der Industrie solche Tiefstlöhne zahlten. Das Problem: Zwar gilt im Personalverleih ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit Mindestlöhnen. Doch von diesem waren bisher fast alle Bereiche der Industrie sowie der öffentliche Verkehr ausgenommen. Und damit fast die Hälfte aller Temporären.
Jetzt nicht mehr. Seit Anfang Jahr sind sämtliche Ausnahmen Geschichte. Unia-Vizepräsidentin Véronique Polito schätzt, dass damit der Geltungsbereich der Mindestlöhne mit einem Schlag um rund 80 000 Arbeitnehmende ansteigt: «Das ist ein Meilenstein!»
In der Industrie verdienten Temporäre bisher teilweise 15 Franken pro Stunde oder noch weniger.
ERHÖHT. Schon vor gut zwei Jahren haben die Gewerkschaften diesen Fortschritt in zähen Verhandlungen erreicht (work berichtete: rebrand.ly/temp-gav). Jetzt ist er in Kraft getreten. Zusammen mit höheren Mindestlöhnen. Derjenige für Temporärmitarbeitende mit Lehrabschluss liegt neu bei 25.90 Franken in Hochlohngebieten, im Rest der Schweiz bei 24.25, im Tessin bei 22.55 (jeweils plus 13. Monatslohn, Ferien und Feiertage). Diese Untergrenzen gelten für alle, die in einen Betrieb ohne GAV verliehen werden.
ERWEITERT. In Branchen mit einem allgemeinverbindlichen GAV haben Temporäre schon jetzt einen Anspruch auf die dortigen Mindestlöhne. Das gilt auch bei Firmen- und Branchenverträgen, die nicht allgemeinverbindlich sind, sofern sie im Anhang zum Temporär-GAV aufgelistet sind. Hier gibt es eine weitere Neuerung, dank der noch mehr Menschen von Mindestlöhnen profitieren. Denn nachdem sich die Arbeitgeber jahrelang geweigert haben, diesen Anhang zu erweitern, ist es jetzt gelungen, gleich elf neue Firmen- und Branchenverträge aufzunehmen. Der Bundesrat hat die neue Liste ebenfalls auf Anfang 2023 für allgemeinverbindlich erklärt. Neu aufgeführt sind etwa der wichtige Vertrag der Maschinen- und Metallindustrie, der Deutschschweizer Uhren-GAV und vier kantonale Verträge im Gesundheits- und Sozialwesen. Das ist ein Vorteil für Temporäre in diesen Betrieben. Denn, so Unia-Frau Polito: «In aller Regel gelten für sie jetzt höhere Mindestlöhne als die im Temporär-GAV.»
Auf gav-service.ch gibt’s alle Mindestlöhne im Überblick. Einfach im Suchfeld den Begriff «Personalverleih» eingeben.