Nicole Debrunner von der Unia-Arbeitslosenkasse beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
DIE ZEIT LÄUFT: Wer eine gesetzliche Frist verpasst, hat das Nachsehen. (Foto: iStock)
Ich bin arbeitslos und habe von der
Arbeitslosenkasse eine Sanktionsverfügung erhalten mit der Begründung, dass ich nicht genügend Arbeitsbemühungen geleistet hätte. Ich bin damit nicht einverstanden und wollte dagegen Einsprache einlegen. Leider ist die Frist von 30 Tagen dafür bereits abgelaufen. Kann ich da noch etwas machen?
Nicole Debrunner: Nein. Wer mit einer Verfügung nicht einverstanden ist, hat 30 Tage Zeit, diese anzufechten. Während der Weihnachtstage, über Ostern und im Sommer gilt ein Fristenstillstand. Die genauen Daten stehen jeweils in der Rechtmittelbelehrung, die der Sanktionsverfügung beiliegt. Der Tag nach dem Empfang der Verfügung ist der erste Tag dieser Frist. Sie kann nicht verlängert werden, da es sich um eine gesetzliche Frist handelt. Die Arbeitslosenkasse darf folglich auf verspätete Einsprachen nicht eintreten. Die aus Ihrer Sicht falsche Verfügung ist somit inzwischen rechtskräftig und durchsetzbar. Sie können nur noch ein Wiedererwägungsgesuch stellen.
Die Arbeitslosenkasse kann auf rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Es liegt aber ausschliesslich im Ermessen der Kasse, ob sie auf das Gesuch eintreten will oder nicht. Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht, ebenso wenig ein Rechtsmittel gegen einen Nichteintretensentscheid. Nur falls die Arbeitslosenkasse das Wiedererwägungsgesuch inhaltlich behandelt, können Sie gegen einen abschlägigen Bescheid ans Gericht gelangen.
Arbeitslosigkeit II: Formular vergessen – bekomme ich noch Taggelder?
Leider habe ich mein Formular «Angaben der versicherten Person» (AVP) für den September 2022 erst im Januar 2023 bei der Arbeitslosenkasse eingereicht. Nun will sie mir keine Leistungen für den betreffenden Monat auszahlen. Kann sie das tun?
Nicole Debrunner: Ja. Die Arbeitslosenkasse kann die monatliche Arbeitslosenentschädigung frühestens ab Erhalt des AVP-Formulars ausrichten. Sie benötigt dieses, um Ihren konkreten Anspruch für den fraglichen Monat festzulegen. Der Anspruch auf die Entschädigung für den betreffenden Monat erlischt, wenn er nicht innert 3 Monaten nach dem Ende des Monats, auf den er sich bezieht, geltend gemacht wird. Sie hätten das Formular also spätestens Ende Dezember einreichen müssen, damit Sie die September-Leistungen noch hätten einfordern können.
Bei der besagten Frist handelt es sich um eine Verwirkungsfrist. Das bedeutet, dass eine Forderung gänzlich dahinfällt, falls sie nicht rechtzeitig geltend gemacht wird. Wichtig zu wissen: Das Beantragen von Arbeitslosenentschädigung ist ein blosses Recht, keine Pflicht. Es handelt sich auch nicht um den grundsätzlichen Anspruch auf Entschädigung, sondern der Anspruch wird für jeden Monat aufgrund der eingereichten Unterlagen neu geprüft und bewilligt.