Dank ihr kommen Menschen abends in saubere Wohnungen: Hausangestellte Diana Matos erledigt für andere den Haushalt. Und kämpft als überzeugte Gewerkschafterin für höhere Löhne, mehr Respekt und eine bessere Altersvorsorge.
VIEL ARBEIT, WENIG GELD: Diana Matos ist froh, als Hausangestellte ein sicheres Einkommen zu haben. Aber mit einem Stundenlohn von 27 Franken brutto bleibt Ende Monat nicht viel übrig. (Foto: Nicolas Zonvi)
Wenn andere aufstehen, ist Diana Matos schon am Arbeiten: Um 7 Uhr beginnt ihre Schicht, jeden Tag an einem anderen Ort. Die gebürtige Portugiesin ist Hausangestellte. Sie schmeisst den Haushalt von zehn bis elf Kundinnen und Kunden in Zürich. Sie geht mit dem Hund spazieren, macht die Wäsche, bügelt, saugt und wischt die Böden, reinigt Bäder und Küche – alles, was gerade so anfällt. Ausser Kochen und Kinderbetreuung, das gehört nicht zu ihren Aufgaben. «Ich mag die Flexibilität in meinem Job», erzählt Diana Matos, «ich kann meine privaten Angelegenheiten regeln und falls nötig Arbeitsstunden auf einen anderen Tag verlegen.»
Diana Matos ist insgesamt zu 20 Prozent angestellt, unter anderem beim Putzinstitut Kägi Reinigungen, und betreut weitere Haushalte als Selbständigerwerbende. So kommt sie auf ein Arbeitspensum von 100 Prozent. «Das brauche ich, um durchzukommen», sagt die 37jährige. Mit einem Stundenlohn von 27 Franken brutto bleibt am Ende nicht viel übrig, zumal sie für den Arbeitsweg von zu Hause zur Arbeit und von einem Haushalt zum nächsten nicht entschädigt wird. Da im Stundenlohn bereits eine Ferienzulage enthalten ist, verdient Diana Matos während der Ferien nichts.
Schon Mitte dreissig leidet Matos wegen ihres Jobs an Rückenschmerzen und Schulterproblemen.
VOM LADEN IN DIE WOHNUNG
Diana Matos kam vor zehn Jahren in die Schweiz, seit da arbeitet sie als Hausangestellte. In ihrer Heimat Portugal war sie Verkäuferin bei der Modekette Calzedonia. Die Arbeit gefiel ihr, doch der niedrige Lohn reichte nicht aus. «Ich war finanziell nicht in der Lage, zu 100 Prozent für mich selbst zu sorgen, deshalb habe ich Portugal verlassen.» In der Schweiz war ein Beruf mit Kundenkontakt keine Option, wegen der Sprachbarriere. «Hausangestellte ist ein Job, bei dem die Sprache keine Rolle spielt in einer Branche, in der oft Leute gesucht werden», sagt Diana Matos. So hat sie langsam Fuss gefasst in einem Land, in dem sie zu Beginn niemanden kannte. Einfach war und ist es nicht. «Auch in der Schweiz ist es für mich schwierig, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen», sagt sie. Mittlerweile ist Diana Matos gut vernetzt unter den Portugiesinnen und Portugiesen in der Region, sie unterstützen sich gegenseitig. Doch Deutsch zu lernen sei schwierig, wie sie erklärt: «Ich arbeite von Montag bis Samstag und stets allein. Um einen Deutschkurs zu besuchen, fehlt mir schlicht die Zeit.»
Sie ist froh, ein sicheres Einkommen zu haben. Dennoch gibt es Dinge, die Diana Matos an ihrer Arbeit gerne ändern würde. Zum Beispiel wünscht sie sich mehr Zeit, um das Anstehende in den Haushalten zu erledigen. Sie stehe von morgens bis abends unter Zeitdruck. «Ausserdem bräuchte es insgesamt höhere Stundenansätze und eine bessere Altersvorsorge. Ich selbst bin zwar noch jung, aber ich kenne einige pensionierte Putzfrauen, die mit ihrer Rente kaum über die Runden kommen, obwohl sie ein Leben lang hart gearbeitet haben.» Wenn Diana Matos erzählt, klingt sie nicht verbittert oder resigniert, sondern kämpferisch. Sie will in ihrer Branche etwas verändern. Seit neun Jahren ist Matos aktiv in der Gewerkschaft. Als Delegierte der Unia-Frauengruppe in der Zentralschweiz kämpft sie für die Verbesserung des Gesamtarbeitsvertrags für Reinigungskräfte.
OFFENE FRAGEN
Diana Matos ist froh, mit der Unia eine Anlaufstelle bei Fragen und Problemen zu haben. Gerade jetzt, als frischgebackene Mutter einer kleinen Tochter. Seit rund einem Monat ist sie im Mutterschaftsurlaub. Wie viel Einkommen sie in dieser Zeit haben wird und wie es mit der Mutterschaftsversicherung aussieht, weiss sie noch nicht – es sei kompliziert mit so vielen verschiedenen Arbeitgebern. Was sie sicher weiss: Nach 16 Wochen wird sie wieder arbeiten, weiterhin zu 100 Prozent. Für eine junge Familie reiche das Einkommen eines Elternteils nicht aus. Und wie steht es mit der Kinderbetreuung, ist Kita für sie finanziell überhaupt eine Option? «Das können wir uns nicht leisten, und es wäre auch organisatorisch schwierig», erzählt Diana Matos. «Um 7 Uhr, wenn meine Arbeit beginnt, machen die meisten Kitas ja erst auf.» Die Kinderbetreuung werden sie und ihr Partner, der auf dem Bau arbeitet, mit einer Tagesmutter oder im Freundeskreis organisieren.
KÖRPERLICH BELASTEND
Der Job als Hausangestellte ist für den Körper eine Belastung. Die ungesunde Haltung beim Staubsaugen, die monotonen Bewegungen machen sich nun, nach zehn Jahren, deutlich bemerkbar. Diana Matos hat Beschwerden, die eigentlich nicht zu einer Frau in den Dreissigern passen: Rückenschmerzen, Probleme mit der Schulter und den Armen. Regelmässige Physiotherapie- und Osteopathiesitzungen schaffen Linderung, jedoch keine Heilung. Auch deshalb wünscht sich die Hausangestellte in der Gesellschaft mehr Anerkennung für ihren Berufsstand.
Bei ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern spürt sie diese zwar, sie werde stets freundlich und mit Respekt behandelt. Sie kenne aber einige Frauen, die psychischen Druck, Erniedrigung und sexuelle Belästigung erfahren haben. «Eine Bekannte von mir hat für eine Reinigungsfirma gearbeitet, die ihr keinerlei Einführung und Anleitung gegeben hat. Und dann wurde ihr die Mittagspause gestrichen mit der Begründung, sie arbeite zu langsam. Sie kannte ihre Rechte nicht und dachte, es sei ihre Schuld.» Solche Ungerechtigkeiten passierten in dieser Branche immer noch viel zu oft, sagt Diana Matos.
Auch für diese Bekannte wird die junge Mutter am 14. Juni am Frauenstreik teilnehmen. Die Anliegen von Migrantinnen, die Lohngleichheit und überhaupt die Gleichberechtigung sind Themen, die ihr am Herzen liegen. «Ich war bis jetzt jedesmal am Frauenstreik dabei und finde es wichtig und richtig, auf die Strasse zu gehen und für die Anliegen der Frauen zu kämpfen.»
Diana MatosWandern und Sport
Die 37jährige Diana Matos lebt seit zehn Jahren in der Schweiz. Mit ihrer Tochter Viktoria und ihrem Partner wohnt sie in Schlieren bei Zürich. «Ich lebe sehr gerne in der Schweiz, ich liebe die Berge», sagt die gebürtige Portugiesin. In der Freizeit geht sie wandern und treibt viel Sport.
UNIA-FRAUEN. Zusammen mit den Fahrten von Job zu Job dauert ihr Arbeitstag normalerweise zehn Stunden und mehr. «Das macht es nicht einfach, mit Schweizerinnen und Schweizern in Kontakt zu kommen», sagt Diana Matos. Für die Integration am meisten bringe ihr das Mitmachen in der Unia-Frauengruppe, wo sie sich politisch und sozial engagiert.
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1 Kommentare
Peter Bitterli
5. Mai 2023 um 11:39 Uhr
Wieso Respekt und hohen Lohn? Es ist eine Putzfrau! Klar, wer es vermag, einen Arbeitsplatz zu schaffen und es nicht tut, schadet der Wirtschaft. Aber eine Gewerkschafterin muss es dann doch nicht sein.
Wieso Respekt und hohen Lohn? Es ist eine Putzfrau! Klar, wer es vermag, einen Arbeitsplatz zu schaffen und es nicht tut, schadet der Wirtschaft. Aber eine Gewerkschafterin muss es dann doch nicht sein.